ÖSV-Herren-Rennchef Andreas Puelacher und Matthias Mayer
GEPA/Mario Kneisl
Ski alpin

Erntezeit nach harter Arbeit für Speed-Asse

Im Unterschied zu vorangegangenen Jahren sind die Speed-Fahrer des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) dieses Jahr nicht als Prügelknaben, sondern Mitfavoriten nach Gröden gereist. Auf der Suche nach den Gründen dafür wird beharrlich auf den Wert konsequenter Arbeit verwiesen – und auf die quasi natürliche Entwicklung. „Abgesehen von Hannes Reichelt sind alle im besten Speed-Alter“, so Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher.

Häufig war während der Südtirol-Woche der Skiherren in der jüngeren Vergangenheit das Wort „Abfahrtskrise“ in aller Munde. Aktuell jedoch fehlt von einer Krise jeder Ansatz. „Ich bin froh, dass man über das nicht berichten muss und wir uns in Ruhe vorbereiten können“, sagte Reichelt, mit seinen 38 Jahren der mit Respektabstand älteste im ÖSV-Kader. Die weiteren Topläufer Max Franz, Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr sind 29, 28 und 27 Jahre alt.

Vor allem dieses Quartett ist es, das in den bisher vier Speed-Events in Kanada und den USA Topergebnisse abgeliefert hat. Zwei Siege (Abfahrt, Super-G) dank Franz, drei Podestplätze, insgesamt 14 Top-Ten-Platzierungen können sich sehen lassen. „Sehr positiv hat es begonnen“, sagte Puelacher. Man könne sehen, „dass wir kompakt mit der Mannschaft dabei sind. Es können vier, fünf, teilweise sogar sechs unter die ersten zehn fahren, und wir haben relativ viele verschiedene Namen darunter.“

ÖSV-Fahrer Hannes Reichelt
GEPA/Wolfgang Grebien
Reichelt ist auch mit 38 Jahren im WM-Winter für neue Großtaten bereit

Dabei war denselben Athleten in früheren Jahren gerade in Nordamerika nicht viel zusammengelaufen. „Heuer ist es einigen Läufern richtig gut aufgegangen. Wir haben in den letzten Jahren oft bewiesen, dass wir irgendwann im Lauf der Saison eh schnell sind, aber halt nicht von Anfang an“, sagte Reichelt. Bemerkenswert ist auch, dass in diesem Winter Läufer wie Christoph Krenn, Christian Walder und Johannes Kröll, die bis jetzt noch nicht nachhaltig aufgezeigt haben, schon in den Top Ten waren.

Neo-Coach bringt neuen Schwung

„Das hat natürlich mit dem Trainerteam zu tun, wo die Arbeit zwischen Athleten und Trainern sehr gut funktioniert“, sagte Doppelolympiasieger Mayer und brachte Coach Sepp Brunner ins Spiel, der im April 2017 zum neuen Speed-Cheftrainer bestellt wurde. „Er kann brutal gut organisieren. Er hat extrem gute Kontakte zu den Skigebieten, zu den Pisten, wo wir trainieren können. Er hat die ganze Truppe, wir sind ja viele Leute, die unterwegs sind, sehr gut im Griff.“

Brunner „bringt sicher eine Ruhe rein. Er ist relativ entspannt, nimmt viel Druck raus. Er hat einfach eine Linie, die er verfolgt, und lässt sich von dem nicht abbringen“, sagte Reichelt und lobte ebenfalls den Steirer, der lange Zeit für den Schweizer Verband gearbeitet hatte. „Er lässt auch zum Beispiel mir wieder den Freiraum, weil ich auch eher der bin, der mehr Ski fahren muss, um in Schwung zu kommen.“

Puelacher benannte unterdessen eine andere Ursache. „Wir haben jetzt schon zwei Jahre keine großen Verletzungen gehabt, und das Ganze ist einfach eine Entwicklung. Abgesehen von Hannes sind alle im besten Speed-Alter, haben die Erfahrung jetzt schon über zwei Jahre und sind zusammengeblieben“, sagte der Tiroler und verwies auf die konsequente Arbeit im Hintergrund, die eben nicht sofort Früchte trage. „Als Speed-Fahrer braucht man mehr Zeit, um sich weiterzuentwickeln, um die Pisten kennenzulernen vor allem. Das ist eine Entwicklung über Jahre.“

„Haben sehr viel richtig gemacht“

Auch Franz führt das Nordamerikahoch auf ein relativ simples Rezept zurück. „In der Vorbereitung hat einfach alles gepasst. Wie es ausschaut, haben wir im Sommer heuer nicht viel anders, aber sehr viel richtig gemacht“, sagte der Kärntner. „Wenn halt einmal alles rund läuft, und das ist jetzt so gewesen, dass alle zusammen eine gute Vorbereitung gehabt haben, dann stehen wir halt ein bisserl anders da.“

Für die Zukunft lässt das noch auf ausgedehnte Höhenflüge von Franz, Mayer, Kriechmayr und Co. hoffen. „Die sind jetzt natürlich im richtigen Alter für Abfahrer“, stellte auch Reichelt fest. Wenn die ÖSV-Asse frei von schweren Verletzungen bleiben, könnten sie – wie das Beispiel Reichelt zeigt – ihren Fans noch lange viel Freude bereiten. In Gröden steht am Freitag (12.00 Uhr) ein Super-G an, am Samstag (11.45 Uhr) eine Abfahrt. Beide Rennen sind live in ORF eins und im Livestream zu sehen.