Nikola Bilyk (AUT)
GEPA/Oliver Lerch
Handball

Österreicher nach WM selbstkritisch

Österreichs Männer haben bei der Handball-WM keine gute Figur gemacht. Mit einem 29:27-Erfolg am Sonntag über Bahrain belegte die ÖHB-Auswahl Rang 19, der angepeilte Aufstieg in die Hauptrunde war aber klar verpasst worden. Aus der Vorrunde blieb die blamable Niederlage gegen Chile besser in Erinnerung als der Pflichtsieg gegen Saudi-Arabien und zwei ordentliche erste Hälften gegen Norwegen und Dänemark. Doch die Zeit drängt ein Jahr vor der Heim-EM. „Jeder muss sich selbst hinterfragen“, sagte Kapitän Nikola Bilyk.

Schon die zweite Partie mit dem 24:32 gegen Außenseiter Chile war völlig verkorkst. Ein unerwarteter Rückfall, der schonungslos das vielleicht größte Manko der Truppe von Teamchef Patrekur Johannesson aufzeigte: Wer sich gegen einen solch „kleinen“ Gegner nicht durchsetzen kann, darf von den Top Zwölf nicht träumen. Gift nicht zuletzt für das Selbstvertrauen. „Das hat uns die Kräfte geraubt, die Köpfe waren sehr weit unten“, betonte Bilyk.

Die Spieler, die nach dem Vorrunden-Aus bei der EM 2018 den nächsten Tiefschlag verdauen müssen, übten sich in Selbstkritik. „Wir haben gesehen, dass wir 30 Minuten lang richtig geil Handball spielen können, aber Handball dauert eben 60 Minuten“, erklärte Bilyk.

Gute Vorsätze für Heim-EM

„Jeder muss das Jahr nutzen, jeder muss ehrlich zu sich sein“, meinte Goalie Thomas Bauer. „Wir müssen auch an unserer Körpersprache, an der Einstellung arbeiten“, sagte der bald 33-Jährige, der schon bei der Heim-EM 2010 dabei war und es auch 2020 noch sein will.

„Wir liefern einerseits Sensationsspiele ab und dann auch so was wie gegen Chile. Das ist eine Entwicklung, die man im Kopf machen muss. Daran kann das Trainerteam nichts ändern“, stellte Bauer, der zwei Tage nach der Geburt seines Sohnes das erste WM-Spiel absolvierte, fest. „Wir müssen ab jetzt jeden Tag für die Heim-EM brennen. Dann fällt es einem leicht, Extraeinheiten zu machen.“

„Und täglich grüßt das Murmeltier“

Eine Steigerung muss nicht zuletzt in puncto Athletik her, das wurde unter anderem gegen die körperlich überlegenen Tunesier beim 27:32 zum Abschluss der Vorrunde sichtbar. „Wir brauchen einfach mehr Masse“, sagte Teamchef Johannesson. Er betone „schon seit Jahren“, dass jeder an sich arbeiten müsse. „Es ist eigentlich das Gleiche wie vor einem Jahr. Das ist ein bisschen wie im diesem Film, ‚Und täglich grüßt das Murmeltier‘.“

Trainer Patrekur Johannesson (AUT) mit Team
GEPA/Oliver Lerch
Teamchef Johannesson musste sich bei der WM in Dänemark oft über die Leistung der Österreicher ärgern

Die Enttäuschung des Isländers dürfte umso größer ausgefallen sein, als er vor der WM „eigentlich ein gutes Gefühl“ gehabt habe. „Für eine Quali sind wir bereit“, hatte der 46-Jährige angesichts der erfolgreichen Play-off-Partien gegen Weißrussland im vergangenen Juni gesagt. Für eine WM oder EM reiche es anscheinend nicht.

Ähnlich sah Sportdirektor Patrick Fölser die zwar nicht mehr ganz junge, aber teilweise international unerfahrene Truppe: „Bei so einem Turnier haben wir nicht die Basis und die Durchschlagskraft, die wir früher schon hatten.“

Hermann-Ausfall großer Rückschlag

Schon wenige Ausfälle, wie jener des verletzungsanfälligen Rückraumspielers Alexander Hermann, bringen das Gefüge durcheinander. Klar scheint freilich, dass der Kreis an Teamkandidaten unmittelbar nicht größer werden wird. „Ich muss mit den Leuten arbeiten, die es gibt“, meinte Johannesson lapidar. Umso erfreulicher sind Auftritte wie jener des nachnominierten Debütanten Daniel Dicker, der im Rückraum unbekümmert und mutig agierte.

Das bleibt ganz allgemein für die nächsten Auftritte des Teams zu hoffen. Bei der Fortsetzung des Euro Cups im April und Juni stehen weitere Partien gegen die EM-Mitveranstalter Norwegen und Schweden sowie Titelverteidiger Spanien an – also auf höchstem Niveau. Im Juni ist zudem ein einwöchiges Teambuilding geplant.

Trainerteam soll bleiben

Viel Arbeit jedenfalls, die auf Sportdirektor Fölser und das auf vier Köpfe angewachsene Trainerteam wartet. Johanneson kann sich auf seinen Assistenten Erwin Gierlinger, Tormanncoach Mattias Anderson und Athletiktrainer Harald Horschinegg stützen. An dieser Konstellation soll sich nichts ändern.

Auch Johannesson, der seit 2011 an der Spitze steht, bekräftigte seinen Wunsch, weiterzumachen. „Ich liebe diese Mannschaft“, meinte der Isländer, der im Sommer beim dänischen Champions-League-Club Skjern anheuert. „Aber wenn jemand von oben sagt, dass man einen neuen Mann braucht, dann bin ich jederzeit bereit zu gehen.“