Mario Götze (Dortmund)
AP/Frank Augstein
Champions League

Dortmund nach Lehrstunde frustriert

Borussia Dortmund hat am Mittwoch beim 0:3 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League von Tottenham eine Lehrstunde erteilt bekommen. Naives Abwehrverhalten sorgte für Frustration, doch Trainer Lucien Favre machte sich trotz der jüngsten Leistungen keine Sorgen. Bei Real Madrid stand nach dem 2:1 in Amsterdam Kapitän Sergio Ramos im Fokus.

Der Stachel saß beim BVB nach der klaren Niederlage tief. „Immer wenn es gegen robuste Mannschaften geht, haben wir Schwierigkeiten, weil wir nicht dagegenhalten können. Das müssen wir auf jeden Fall verbessern“, haderte Tormann Roman Bürki. Vor allem das Defensivverhalten sieht der Schweizer verbesserungswürdig.

„Jetzt haben wir schon mehrere Wochen hintereinander Gegentore durch Standards kassiert. Das ist nicht gut verteidigt. Wir setzen uns einfach nicht durch. Wir müssen rigoros verteidigen. Das fängt schon im Training an. Das müssen wir auf jeden Fall verbessern“, sagte Bürki.

Grenzen aufgezeigt

Mehr noch als beim Aus im DFB-Pokal gegen Bremen (2:4 i.E.) oder dem 3:3 gegen Hoffenheim bekam der BVB im Londoner Wembley Stadion binnen einer Woche die Grenzen aufgezeigt. „Es war eine sehr schmerzhafte Niederlage. Das ist ein Abend, an dem wir ein bisschen knabbern werden“, sagte Sebastian Kehl, Leiter von Dortmunds Lizenzspielerabteilung, und bezeichnete die Ausgangslage für das Rückspiel am 5. März im Signal-Iduna-Park als „sehr bescheiden“.

Nach passabler erster Hälfte brach Dortmund gegen einen bis dahin eigentlich biederen Gegner ein. Das nutzten die Spurs in Form von Treffern durch Son Heung Min (47.), Jan Vertonghen (83.) und Fernando Llorente (86.) und brachte Tottenham den wohl vorentscheidenden Sieg in diesem K.-o.-Duell. „Einige Spieler sind untergetaucht. Wir haben uns so ein bisschen ergeben“, analysierte Kehl.

„Das ist ein Geschenk“

Vor allem aber der kapitale Abspielfehler des 20-jährigen Rechtsverteidigers Achraf Hakimi vor dem 0:1 brachte die Dortmunder aus dem Tritt: „Ein Gegentor eine Minute nach Beginn der zweiten Hälfte ist ein Geschenk. Wir dürfen da nicht probieren, den Ball zu spielen, sondern müssen ihn lang nach vorne bringen, weil der Gegner schon im Anlauf ist, um zu pressen“, kritisierte Trainer Favre.

Lucien Favre
Reuters/Matthew Childs
Vor allem das erste Gegentor kurz nach der Pause ärgerte Dortmund-Trainer Lucien Favre

Bereits zum dritten Mal in Serie kassierte sein Team drei Gegentreffer. „Wir müssen die Fehler abstellen, denn auf diesem Niveau werden sie immer bestraft“, forderte Kehl. Dortmund hat alleine in diesem Spiel mehr Treffer kassiert als in der gesamten Gruppenphase (zwei Gegentore).

Favre macht sich keine Sorgen

Doch bei allem Frust versuchte der Coach, dem Abwärtstrend nicht zu viel Bedeutung beizumessen: „Ich mache mir keine Sorgen. Solche Phasen gehören in einer Saison dazu, dann läuft es nicht top.“

Ähnlich sah es Kehl: „Natürlich ist in der Mannschaft Enttäuschung zu spüren. Dennoch lassen wir uns nicht von unserem Weg abbringen.“ Der einstige BVB-Spieler verwies auf die Ausfälle von Leistungsträgern wie Marco Reus, Manuel Akanji, Lukasz Piszczek, Julian Weigl und Paco Alcacer. „Uns fehlen einfach die Stabilisatoren. Das ist ein Substanzverlust, den man der Mannschaft anmerkt“, fügte Kehl hinzu.

Champions League nicht abgeschlossen

„Wir müssen sehr schnell wieder in die Spur finden“, forderte auch Offensivspieler Mario Götze, der aber an diesem Abend nicht alles schwarz sah. „Das Tor hat uns aus der Ruhe gebracht. In der ersten Hälfte waren wir da. Es sind Kleinigkeiten, die entscheiden.“

Für den Weltmeister von 2014 ist die Königsklasse trotz der deutlichen Niederlage noch nicht abgeschlossen. „Zu Hause ist alles möglich. Da sind wir eine Macht“, sagte der 26-Jährige voller Hoffnung auf ein Wunder im Rückspiel. Kehl sah es ähnlich: „In Dortmund kann das eine oder andere Wunder passieren, das haben wir schon häufiger erlebt.“

Tottenham-Coach Mauricio Pochettino äußerte sich ebenfalls zurückhaltend. „Wir haben ein sehr gutes Resultat erreicht, aber auf uns wartet noch viel Arbeit“, betonte der Argentinier. Mit einer Leistung wie im Wembley-Stadion sollte in der Retourpartie allerdings nichts mehr anbrennen. „Meine Spieler sind Helden. Sie verdienen haufenweise Lob. Was sie in dieser Saison leisten, ist außergewöhnlich“, so Pochettino. Seine Truppe holte zuletzt vier Siege in Folge – und das, obwohl die Leistungsträger Harry Kane und Dele Alli verletzungsbedingt fehlen.

Wirbel um Ramos bei Real

Real Madrid hat die Tür zum Viertelfinale ebenfalls weit aufgestoßen, dennoch ist im Lager des Titelverteidigers keine echte Jubelstimmung ausgebrochen. Das lag daran, dass die Spanier vor allem vor der Pause teilweise an die Wand gespielt wurden und sich mit einem Wirbel um eine Gelbe Karte von Sergio Ramos herumschlagen mussten.

Der Kapitän hatte sich die Verwarnung, die eine Sperre für das Rückspiel nach sich zog, kurz vor Schluss abgeholt und danach in der Mixed Zone freimütig darüber geplaudert. „Mit Blick auf das Ergebnis hatte ich das schon irgendwo im Hinterkopf. Ich will damit nicht sagen, dass ich unseren Gegner unterschätze, aber manchmal muss man eben Entscheidungen treffen. Ich habe mich dafür entschieden.“

Sergio Ramos
Reuters/Wolfgang Rattay
Die Gelbe Karte sorgte dafür, dass Real-Kapitän Sergio Ramos im Rückspiel gegen Ajax gesperrt ist

Wenig später ruderte Ramos via Twitter zurück. „Ich will klarstellen, dass ich die Karte nicht erzwungen habe und die Mannschaft von der Tribüne aus wie ein weiterer Fan unterstützen werde, um im Viertelfinale wieder dabei sein zu können“, postete der Innenverteidiger. Wie die UEFA auf die ursprüngliche Aussage des 32-Jährigen reagiert, ist noch offen – theoretisch könnte Ramos mit einer weiteren Sperre belegt werden.

„Waren am Ende effektiv“

Der Abwehrspieler zählte in seiner 600. Partie für Real zu den Stärksten seiner Mannschaft. Viele seiner Kollegen präsentierten sich in weniger guter Verfassung, wie auch Trainer Santiago Solari zugab. „Wir mussten viel in die Waagschale werfen, um dieses Ergebnis zu schaffen. Wir haben gerackert, gelitten, uns von ihrem Druck befreit und waren am Ende effektiv“, erklärte der Argentinier.

Der Auftritt von Ajax nötigte dem Coach der „Königlichen“ großen Respekt ab. „Scheinbar haben sie sich ihre ganze Energie für dieses Match aufgehoben. Sie haben uns mit Pressing und Aggressivität aus dem Spiel genommen“, meinte Solari. „Das ist Champions League. Im Achtelfinale gibt es kein Team, das nicht gut ist.“

Videobeweis polarisiert

Das bekam Real unter anderem in der 37. Minute zu spüren, als man das vermeintliche 0:1 kassierte. Allerdings wurde der Treffer von Nicolas Tagliafico nach dem Einsatz des Videobeweises zurückgenommen, weil der knapp im Abseits stehende Dusan Tadic Real-Goalie Thibaut Courtois behindert hatte. Die UEFA betonte danach auf Twitter die Richtigkeit der Entscheidung, und Solari erklärte dazu: „Ich habe die Szene nicht im TV gesehen und verlasse mich darauf, was der Schiedsrichter sagt.“

Weniger diplomatisch zeigte sich Ajax-Trainer Erik ten Hag. „Meiner Meinung nach war das Tor regulär, Tadic hat Courtois nicht behindert“, ärgerte sich der Niederländer. Als Trost blieb der gelungene Auftritt seiner Mannschaft. „Ich kann meinen Spielern nur gratulieren, sie haben die Partie dominiert. Der einzige Vorwurf ist, dass sie zu wenige Tore gemacht haben.“