Martin Schumnig (AUT) gegen Lukas Frick (SUI)
GEPA/Andreas Pranter
Eishockey-WM

ÖEHV-Team verliert Abwehrschlacht

Österreichs Nationalteam hat am Dienstag im dritten WM-Spiel die dritte Niederlage kassiert. Die Mannschaft von Trainer Roger Bader musste sich Vizeweltmeister Schweiz mit 0:4 (0:1 0:0 0:3) geschlagen geben. Dank Goalie David Kickert durften die Österreicher aber lange Zeit von einer Überraschung träumen.

Der Niederösterreicher rechtfertigte das Vertrauen des Teamchefs mit einer starken Leistung und hielt die Österreicher bis weit in den Schlussabschnitt im Spiel. Einzig beim Versuch von Kevin Fiala kurz vor der ersten Pause (20.) war der 25-Jährige machtlos. Erst als den Österreichern nach einer wahren Abwehrschlacht die Kräfte ausgingen, gelang Roman Josi mit einem abgefälschten Weitschuss die Vorentscheidung (54.). Philipp Kurashev (59./PP) und Sven Andrighetto (60./PP2) machten die Schweizer Überlegenheit auch auf dem Ergebniszettel sichtbar.

Während die Schweizer mit ihrem dritten Sieg im dritten Spiel die Tabellenführung in Gruppe B übernahmen und bereits mit einem Bein im Viertelfinale stehen, mussten die Österreicher zum dritten Mal in Bratislava eine Niederlage gegen einen Favoriten hinnehmen. Die nächste von der Papierform her unlösbare Aufgabe steht am Donnerstag (16.15 Uhr, live in ORF Sport +) gegen Titelverteidiger Schweden auf dem Programm. Nur 24 Stunden später wartet das erste Schlüsselspiel gegen den Abstieg gegen Norwegen.

Jubel der Schweizer
APA/AFP/Vladimir Simicek
Die Schweiz jubelte zum dritten Mal, Österreich ging zum dritten Mal leer aus

WM-Debüt für Teenager

Im Vergleich zu den Spielen gegen Lettland und Russland waren im österreichischen Trikot diesmal neue Gesichter zu sehen. Der 19-jährige Benjamin Baumgartner durfte gegen das Land seines Arbeitgebers – der gebürtige Salzburger spielt beim Schweizer Traditionsclub HC Davos – sein Debüt bei einer A-WM geben. Auch Alexander Cijan war erstmals mit dabei, Thomas Hundertpfund und Konstantin Komarek bekamen dafür eine zusätzliche Pause.

Auch sonst baute Bader seine Formationen kräftig um. So durften gegen die Schweiz die beiden Raffl-Brüder Thomas und Michael gemeinsam mit Schweiz-Legionär Fabio Hofer wirbeln. Debütant Baumgartner verstärkte die Linie mit Dominic Zwerger und Lukas Haudum. Cijan nahm den Platz an der Seite von Alexander Rauchenwald und Patrick Obrist ein. Auch der gegen Russland gesperrte Verteidiger Patrick Peter war wieder mit dabei. Bader hatte damit wieder vier komplette Abwehrreihen zur Verfügung.

Ein Fehler reicht der Schweiz

Baders vier neue Triebwerke leisteten sich vorerst keine Fehlzündung. Die Österreicher hielten die Schweizer mit viel Einsatz vom eigenen Tor weg. Der Vizeweltmeister dominierte zwar schnell jede Statistik, wirklich zwingende Chancen fanden die Schweizer aber nicht vor – Österreich allerdings auch nicht. Zur Mitte des Drittels stieg der Druck jedoch ordentlich, nachdem die ÖEHV-Truppe zwei vermeidbare Strafen kassierte. Doch mit vereinten Kräften überstand man die brenzlige Phase. Kickert war bei der besten Chance der Schweizer – Simon Moser war alleine vor ihm aufgetaucht – auf dem Posten (13.).

Gegen Ende des Drittels verschaffte ausgerechnet NHL-Star Roman Josi den Österreichern eine Verschnaufpause. Der Kapitän der Nashville Predators musste nach einem hohen Stock insgesamt vier Minuten auf der Strafbank brüten. Die Österreicher hielten sich nun zwar so lange wie davor nie im gegnerischen Drittel auf, doch Reto Berra im Tor machte die überschaubaren Gelegenheiten, etwa ein Schuss von Manuel Ganahl (18.), des Außenseiters zunichte.

Die verpassten Chancen in Überzahl rächten sich Sekunden vor der Pausensirene – genau 32,9 Sekunden davor. Die Österreicher, die bis dahin hochkonzentriert zu Werke gegangen waren, leisteten sich zur Freude der Schweizer Fans einen entscheidenden Stellungsfehler. Nico Hischier konnte bei einem Vorstoß nicht gestoppt, sein Querpass nicht verhindert und Fialas Direktabnahme nicht von Kickert gehalten werden (20.). Letzterer war chancenlos.

Schweiz geht durch Fiala in Führung

Kurz vor der ersten Drittelpause muss Österreich den ersten Gegentreffer hinnehmen.

Kickert läuft zu Höchstform auf

Dass es auch nach zwei Dritteln nur 1:0 für die Schweizer stand, war aber vor allem dem österreichischen Goalie zu verdanken. Denn Kickert näherte sich im Mittelabschnitt jener Weltklasseleistung an, die Teamchef Bader im Vorfeld von seinen Schlussleuten gefordert hatte. Kickert machte alle Versuche zunichte. Gleich zweimal rettete der Niederösterreicher gegen den alleine vor ihm stehenden Gregory Hofmann (22., 25.). Dann vermieste Kickert erneut Moser bei einer fetten Chance den Torjubel (35.). 22:4 lautete bei der zweiten Pausensirene die Schussstatistik zugunsten der Schweizer.

Österreichs Torhüter David Kickert bei einem Save
APA/AFP/Vladimir Simicek
ÖEHV-Tormann David Kickert hielt die Partie bis kurz vor Schluss offen

Kickerts Vorderleute kamen bei der regelrechten Abwehrschlacht gar nicht dazu, selbst offensive Akzente zu setzen. Wenn ein Entlastungsangriff gelang, fiel er meist zu unpräzise aus. Der Dauerdruck des Vizeweltmeisters verfehlte seine Wirkung nicht. Die beste Chance hatte noch Michael Raffl, nachdem er von der Strafbank zurück auf das Eis kam, Berra hatte sich von der chronischen Unterbeschäftigung nicht einschläfern lassen und packte sicher zu.

Österreich fehlt die Kraft

Die Hoffnung auf ein Erfolgserlebnis aus österreichischer Sicht blieb damit am Leben. Sollte es etwa ein Deja-vu zu 2018 geben? Auch in Kopenhagen hatten Baders Burschen sich noch in die Verlängerung gerettet, damals sogar nach 0:2-Rückstand. Die Österreicher gingen dank Kickert noch mit einem großen Funken Hoffnung in den Schlussabschnitt. Zumindest optisch hielt Baders Team das Spiel wieder offen, die Abwehrschlacht im zweiten Abschnitt hatte jedoch deutlich an den Kräften gezehrt.

Der Frust über das aus Schweizer Sicht magere Ergebnis war den Eidgenossen auch anzusehen. Bei Yannick Weber entlud es sich in einem unnötigen Check gegen die Bande an Dominic Zwerger, nachdem dieser bei der besten Ausgleichschance an Berra gescheitert war (45.). 2 + 10 Strafminuten gab es als „Belohnung“ von den finnischen Schiedsrichtern. Doch die Beine der Österreicher waren zu schwer, um die Schwächung zu nutzen. Im Gegenteil: Die ÖEHV-Mannschaft machte sich selbst mit Strafen das Leben schwer.

Sechs Minuten vor Schluss beantwortete schließlich Josi die Frage nach einem österreichischen Comeback mit Nein. Manuel Ganahl fälschte den Schlagschuss des NHL-Stars unhaltbar für Kickert zum 2:0 für die Schweiz ab (54.). Der K.-o.-Schlag ließ endgültig alle brechen: zuerst eine Plexiglasscheibe und dann die Österreicher, die ein achtbares Ergebnis mit Undiszipliniertheiten wegwarfen. Kurashev (59.) und Andrighetto (60.) sorgten in Überzahl – beim zweiten Tor sogar mit zwei Mann mehr – für einen klaren Schweizer Sieg.

Josi trifft zum 2:0

Ein Schuss von Roman Josi wurde von Ganahl noch unhaltbar zum 2:0 für die Schweiz abgefälscht.

Stimmen zum Spiel:

Roger Bader (Teamchef Österreich): „Eine Niederlage schmerzt immer. Niemand verliert gerne, vielleicht ich gegen die Schweiz noch weniger. Man muss sehen, dass auf der anderen Seite fünf NHL-Spieler stehen, die dort im ersten oder zweiten Block spielen. Von daher ist es nicht ungewöhnlich, dass wir 0:4 verlieren, das zeigt die Realität, den Unterschied zwischen diesen zwei Mannschaften. Wir hatten viele Phasen, wo wir gut dagegengehalten haben, unsere Unterzahl fand ich sensationell gut. Baumgartner hat für einen 19-Jährigen sensationell gespielt.“

Benjamin Baumgartner (WM-Debütant): „Wir hätten uns mehr erwartet. Es war ein Gegner, mit dem wir besser mithalten hätten können. Defensiv haben wir zu viele Fehler gemacht, vorne zu wenig Druck auf das Tor. Wir waren auch ein bisschen undiszipliniert, müssen schauen, dass wir das in den Griff bekommen für die nächsten Partien. Persönlich habe mich gleich wohlgefühlt, mich dem Tempo angepasst.“

Dominique Heinrich: „Bitter. Das Spiel war nicht unbedingt unser bestes. Wir haben viel zu viele Scheiben hergegeben und Strafen genommen und selbst im Powerplay keine Tore gemacht. Ich glaube, dass mehr drin gewesen wäre, wenn wir besser gespielt hätten.“

Eishockey-WM in der Slowakei, Vorrunde

Gruppe B (Bratislava)

Dienstag:

Österreich – Schweiz 0:4

(0:1 0:0 0:3)

Bratislava, Ondrej Nepela Arena, 4.488 Zuschauer

Tore: Fiala (20.), Josi (54.), Kurashev (59./PP), Andrighetto (60./PP2)

Strafminuten: 16 plus 10 Disziplinar Herburger bzw. 8 plus 12 Disziplinar Weber

Österreich: Kickert – Schlacher, Pallestrang; Schuming, Heinrich; Peter, Wolf; Unterweger, Strong – Ganahl, Herburger, Schneider; Th. Raffl, M. Raffl, Hofer; Haudum, Baumgartner, Zwerger; Cijan, Rauchenwald, Obrist