Lewis Hamilton und Sebastian Vettel
AP/Graham Hughes
Formel 1

Vettel verliert durch Strafe Sieg an Hamilton

Aufgrund einer Strafe von fünf Sekunden für Sebastian Vettel hat Titelverteidiger Lewis Hamilton auch den Formel-1-Grand Prix von Kanada gewonnen und mit dem fünften Saisonsieg seine WM-Führung ausgebaut. Ferrari-Star Vettel fuhr auf dem Circuit Gilles Villeneuve von Montreal am Sonntag zwar als Erster über die Ziellinie, belegte nach der umstrittenen Zeitstrafe wegen gefährlicher Rückkehr auf die Strecke nach einem Ausrutscher aber nur Rang zwei hinter dem Mercedes-Piloten.

Dritter wurde Vettels Teamkollege Charles Leclerc. Valtteri Bottas im zweiten Mercedes und Max Verstappen im Red Bull konnten nach schlechten Startpositionen nicht in den Kampf um die Podestplätze eingreifen und landeten auf den Rängen vier und fünf, dahinter folgten das Renault-Duo Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg sowie Pierre Gasly (Red Bull), Lance Stroll (Racing Point) und Daniil Kwjat (Toro Rosso). Den Punkt für die schnellste Runde holte sich Bottas. In der WM führt der fünffache Weltmeister Hamilton nach sieben von 21 Rennen – also einem Saisondrittel – mit 162 Punkten klar vor Bottas (133), Vettel (100), Verstappen (88) und Leclerc (72).

„Sie stehlen uns das Rennen“, schimpfte Vettel, der weiter auf seinen ersten Saisonsieg warten muss, per Funk über die Entscheidung der Rennkommissare. Hamilton erbte den 78. GP-Sieg seiner Karriere – und war über das Zustandekommen seines dritten Erfolgs in Serie selbst nicht restlos glücklich: „Ich hätte gerne auf eine andere Art und Weise gewonnen“, meinte der Brite.

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel
APA/AFP/Getty Images/Dan Mullan
Bei der Siegerehrung war Vettel der Frust anzusehen, und auch Hamilton wirkte nicht wirklich glücklich

Entscheidung in der 48. Runde

Vettel verteidigte am Start seine Poleposition, dahinter wehrte Hamilton den Angriff von Leclerc ab und blieb Zweiter. Vettel wechselte als Erster des Spitzentrios in der 26. Runde die Reifen, zwei Runden später folgte Hamilton, wodurch Leclerc kurz die Führung übernahm. Nach seinem Boxenstopp war der Monegasse aber wieder Dritter. Etwa zur Rennhalbzeit erhöhte Hamilton dann den Druck auf Vettel und verringerte seinen Rückstand innerhalb kurzer Zeit von mehr als vier Sekunden auf weniger als eine Sekunde. Der Deutsche konterte aber ebenfalls mit schnellen Runden und ließ seinem Rivalen keine Chance auf ein Überholmanöver.

In der 48. Runde kam es dann zum rennentscheidenden Zwischenfall: Vettel verbremste sich in einer Schikane und kam von der Strecke ab. Bei seiner Rückkehr fuhr er dann quer über die Fahrbahn und drängte Hamilton beinahe in die Mauer. Vettel verteidigte damit zwar die Führung, bekam wenig später allerdings die Zeitstrafe aufgebrummt. Der Rückstand Hamiltons betrug in der Folge stets weniger als drei Sekunden, und der Titelverteidiger gewann somit, obwohl er das Ziel 1,342 Sekunden hinter Vettel nur als Zweiter erreichte.

Dieser reagierte fuchsteufelswild auf die Entscheidung. „Wo zur Hölle soll ich hin? Ich hatte Gras an meinen Rädern“, wetterte Vettel. Nach dem Rennen zischte er erst ins Ferrari-Motorhome ab, statt sich den üblichen Interviews zu stellen.

Kuriose Siegerehrung

Erst nach einigen Minuten Abkühlungsphase erschien der Vorjahressieger unter tosendem Applaus der Zuschauer zur Siegerehrung. Bei dieser wollte ihn Hamilton zu sich auf das höchste Podest holen, Vettel blieb dann bei der Hymne etwas unschlüssig mit einem Bein auf der obersten und einem auf der unteren Stufe stehen.

Zuvor hatte Vettel in der Boxengasse aber noch die Tafel mit der Nummer eins für den Rennsieger von Hamiltons Auto auf den leeren Platz, der eigentlich für seinen Boliden vorgesehen gewesen wäre, gestellt. Durch das für ihn unverständliche Urteil muss der 31-Jährige nun weiter seit August 2018, als er in Spa-Francorchamps in Belgien gewonnen hatte, auf einen GP-Triumph warten.

Hamilton schließt zu Schumacher auf

Hamilton dagegen eilt weiter von Erfolg zu Erfolg – selbst bei Rennen, in denen er nicht der stärkste Fahrer ist. Durch seinen siebenten Erfolg in Montreal zog der 34-Jährige bei der 50. Auflage des Rennens mit Kanada-Rekordgewinner Michael Schumacher gleich. Dabei hatte der Weltmeister kurz vor dem Rennen einen Schreckmoment erlebt: Die Mercedes-Crew musste ein Hydraulikleck am Auto beheben.

Schmälern lassen wollte sich Hamilton den Sieg durch Vettels Malheur aber nicht. „Das ist nicht die Art und Weise, wie ich gewinnen wollte“, sagte Hamilton bei der Zieldurchfahrt per Funk. „Aber ich wäre vorbeigekommen.“ Vettel sah es naturgemäß anders: „Das ist eine verkehrte Welt. Das ist nicht fair. Ich hatte Glück, dass ich nicht in die Mauer gekracht bin.“ Später führte er weiter aus: „Ich weiß nicht, wofür ich bestraft worden bin. Es ist allgemein bekannt, dass Gras weniger Haftung hat als Asphalt.“

Grand Prix von Kanada in Montreal

Endstand nach 70 Runden (305,27 km):
1. Lewis Hamilton GBR Mercedes 1:29:07,084
2. Sebastian Vettel * GER Ferrari + 3,658
3. Charles Leclerc MCO Ferrari 4,696
4. Valtteri Bottas FIN Mercedes 51,043
5. Max Verstappen NED Red Bull 57,655
6. Daniel Ricciardo AUS Renault 1 Runde
7. Nico Hülkenberg GER Renault 1 Runde
8. Pierre Gasly FRA Red Bull 1 Runde
9. Lance Stroll CAN Racing Point 1 Runde
10. Daniil Kwjat RUS Toro Rosso 1 Runde
11. Carlos Sainz ESP McLaren 1 Runde
12. Sergio Perez MEX Racing Point 1 Runde
13. Antonio Giovinazzi ITA Alfa Romeo 1 Runde
14. Romain Grosjean FRA Haas 1 Runde
15. Kimi Räikkönen FIN Alfa Romeo 1 Runde
16. George Russell GBR Williams 1 Runde
17. Kevin Magnussen DEN Haas 2 Runden
18. Robert Kubica POL Williams 3 Runden

* Zeitstrafe von fünf Sekunden

Schnellste Runde: Bottas 1:13,078 (69.)

Out: Lando Norris (GBR/McLaren), Alexander Albon (THA/Toro Rosso)