Trainer Valerien Ismael
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Champions League

Ismael tritt beim LASK aus Glasners Schatten

Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an Valerien Ismael als neuen LASK-Trainer war nicht sehr hoch. Dem 43-jährigen Franzosen traute kaum einer die erfolgreiche Nachfolge des zum VfL Wolfsburg abgewanderten Oliver Glasner zu. Doch Ismael könnte nun sogar seinen Traumstart mit dem Einzug in die Gruppenphase der Champions League vergolden.

Sieben Siege in neun Pflichtspielen hat der LASK in der neuen Saison zu Buche stehen. Die einzige Niederlage setzte es vor einer Woche im CL-Play-off-Hinspiel vor eigenem Publikum gegen Club Brügge. Das 0:1 wollen die Oberösterreicher am Mittwoch (21.00 Uhr) in Belgien noch drehen. Bereits vergangene Woche gab man sich optimistisch, allen voran ihr neuer Anführer. „Ich bin positiv gestimmt“, sagte Ismael.

Der Franzose sah zwar das Ergebnis, trennte es aber vom Inhalt des Spiels, in dem der LASK vor allem in der ersten Hälfte seine Chancen vorgefunden hatte. Einer seiner Leitsprüche ist ein Zitat von Nelson Mandela: „Ich verliere nie. Ich gewinne oder ich lerne.“ Die Lehren aus dem Hinspiel waren für Ismael schnell gezogen: „Dass man auf diesem Niveau solche Chancen ganz einfach verwerten muss.“ Ismael ist aktuell dabei, selbst eine seiner vielleicht letzten Chancen zu nützen, war doch seine Profitrainerkarriere bisher nicht von Erfolg gekrönt.

Wiedersehen mit Werner

Ismael hätte vor bald fünf Jahren schon einmal den LASK trainieren können. Jürgen Werner, damals noch Berater und heute Vizepräsident des Clubs, kennt den früheren Verteidiger noch aus dessen Zeit in Hannover, wo dieser nach dem Karriereende anfangs gearbeitet hatte. „Jürgen Werner betreute damals Spieler in Hannover, so haben wir uns kennengelernt und blieben in Kontakt, auch als ich danach Trainer der U23 geworden bin“, sagte Ismael im Gespräch mit ORF.at. Dennoch lehnte der gebürtige Straßburger, dessen Vater aus Guadeloupe stammt, das erste Angebot des LASK im Winter 2014/15 ab.

Valerien Ismael
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Trainer Valerien Ismael und Vizepräsident Jürgen Werner kennen sich bereits seit vielen Jahren

Die Athletiker verpflichteten daraufhin Glasner, der den LASK in die Bundesliga, in den Europacup und zum Vizemeistertitel führte. Dessen Wechsel nach Wolfsburg in diesem Sommer kam wenig überraschend, die Nachfolge umso mehr – zumindest auf den ersten Blick. Wobei Ismael und Glasner mehr als nur dieselbe Idee von Fußball gemeinsam haben. Beide starteten im Anschluss an ihre Spielerkarrieren auch nicht gleich die Trainerlaufbahn, sondern waren zunächst als Assistenten der Geschäftsführung tätig – Glasner in Salzburg und Ismael in Hannover.

Trainer- statt Bürojob

Dort, wo der Verteidiger seine glanzvolle Karriere (je ein gewonnenes Double mit Werder Bremen und Bayern München, Anm.) anno 2009 verletzungsbedingt beenden musste, wurde Ismael letztlich nach zwei Jahren im Büro klar, dass er zurück auf den Platz gehört, und das als Trainer. „So etwas muss sich immer entwickeln. Ich wollte am Anfang etwas anderes machen, habe dann aber auch gemerkt, dass mir die Arbeit am Platz abgeht. Ich war als Assistent der Geschäftsführung auch immer wieder bei der Mannschaft und habe den Kontakt gesucht“, sagte Ismael.

Zunächst trainierte er die U23 Hannovers und wechselte dann zu jener Wolfsburgs, mit der er 2014 und 2016 Rang eins in der viertklassigen Regionalliga holte. Der 1. FC Nürnberg und später auch Wolfsburg gaben ihm daraufhin die Chance bei ihren Profiteams, aber jeweils nur für 14 bzw. 17 Spiele. In Nürnberg war die Erwartungshaltung nach dem Abstieg aus der Bundesliga groß, in Wolfsburg trennte man sich im Oktober 2016 von Trainer Dieter Hecking und zog Ismael hoch.

„Nicht die notwendige Zeit bekommen“

„Es waren in beiden Fällen eine schwierige Situation, und ich habe in beiden Fällen nicht die notwendige Zeit bekommen, was man auch jeweils daran erkennen konnte, wie es nach meinem Abgang weiterging“, so Ismael, der zudem ein Kurzgastspiel beim griechischen Club Apollon Smyrnis absolvierte. Das endete aber 2018 nach einem Spiel, weil sich der Präsident bei der Aufstellung eingemischt hatte.

Valerien Ismael
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In Wolfsburg durfte Ismael die Profis lediglich 17 Spiele coachen

Die Linzer ließen sich von den Negativerlebnissen nicht blenden, auch sie trennten Ergebnisse von Inhalten und heuerten Ismael an, ehe er möglicherweise ein Engagement bei Cercle Brügge angenommen hätte. Nicht nur dieses Angebot stand im Raum, deswegen ließ Werner auch Nägel mit Köpfe machen, denn vor allem er war von der menschlichen und natürlich der sportlichen Komponente überzeugt.

Der Architekt des „LASK neu“ hatte unter anderen das letzte Spiel Ismaels als Wolfsburg-Trainer gesehen. Das wurde gegen Werder Bremen zwar daheim mit 1:2 verloren, mit der Art und Weise empfahl sich der Trainer allerdings. „Auch wenn wir knapp verloren haben, hat er die positiven inhaltlichen Dinge und aktive Leistung der Mannschaft gesehen und honoriert. Wir haben alleine in diesem Spiel 27 Torchancen kreiert und wie heute beim LASK in einem offensiven 3-4-3-System agiert“, sagte Ismael und erinnerte sich an 2017.

Philosophie beibehalten, Akzente setzen

Ismael ließ sich die Chance LASK in diesem Sommer nicht entgehen, zumal er eine intakte und funktionierende Mannschaft mit seiner Spielidee übernehmen und dennoch selbst Akzente setzen konnte. „Der Verein hat jemanden gesucht, der diese Philosophie beibehält. Es ging darum, das, was funktioniert, beizubehalten und zu verfeinern. Aber ich habe auch gesehen, dass die Mannschaft bei Ballbesitz noch Entwicklungspotenzial hat, wenn der Gegner uns den Ball überlassen hat. Daran versuchen wir zu arbeiten, das 1:0 gegen Rapid haben wir beispielsweise gut herausgespielt.“

Spieler und Verantwortliche schätzen Ismaels Art, die er selbst als offen und kommunikativ, aber nicht kumpelhaft beschreibt. Verteidiger Christian Ramsebner bezeichnete ihn zuletzt als „tollen Menschen“. Zudem setzte der neue Steuermann abseits des Spielfelds Akzente, holte mit Daniel Nister einen hauptberuflichen Videoanalysten ins Boot. Auf der anderen Seite scheute Ismael auch nicht davor, unangenehme Entscheidungen zu treffen.

Athletiktrainer Denny Krcmarek musste nach nur rund drei Wochen wieder gehen. „Es gab einfach Unterschiede in der Trainingssteuerung, da ging es auch um unterschiedliche Übungen, und da waren wir der Meinung, dass es besser wäre, wenn wir früh diesen Schritt setzen, weil es für alle Beteiligte am besten ist.“ Dass Ismael auch anders kann, zeigen die Emotionen am Spielfeldrand. Gegen Rapid sah er bereits zum wiederholten Male die Gelbe Karte.

„Qualität mit Siegermentalität setzt sich durch“

Doch wie seine Spieler ist der neue LASK-Trainer vor allem hungrig auf Erfolg und lebt das seinen Schützlingen vor. „Ich war selbst ein Mentalitätsspieler. Qualität ist natürlich wichtig und die Basis. Aber Qualität mit Siegermentalität setzt sich durch. Man muss von der eigenen Philosophie überzeugt sein, vor allem bei unserer Spielweise.“

Ähnlich seinem Vorgänger überlässt Ismael nichts dem Zufall und hat etwa auch einen eigenen Medienberater. Dieser Maßstab gilt auch für das Spiel in Brügge. „Wir reden über Details, weil letztlich so ein Spiel in Details entschieden wird.“ Trotz schwieriger Ausgangslage ist für ihn noch nichts entschieden. „Es ist mein bisher wichtigstes Spiel als Trainer. Wir können uns für die Champions League qualifizieren, so eine Chance hat man nicht oft, die versuchen wir zu nützen.“