Jubel der WAC-Spieler
Reuters/Leonhard Foeger
Europa League

„Cooler“ WAC macht sich einen Namen

Der Wolfsberger AC steht nach dem zweiten Europa-League-Spieltag sensationellerweise mit vier Punkten da – vier Punkte, die nicht gegen irgendwelche Clubs geholt wurden. Mit Borussia Mönchengladbach (4:0) und am Donnerstag gegen AS Roma (1:1) reüssierte der WAC gegen zwei große Kaliber. Die Kärntner bestachen dabei durch Leidenschaft und Teamgeist und sind auf dem besten Weg, sich in Fußballeuropa einen Namen zu machen.

Coach Gerhard Struber war jedenfalls nach dem Remis gegen Roma im Grazer Ausweichstadion einmal mehr unglaublich stolz auf seine Mannschaft. Der 42-Jährige geriet regelrecht ins Schwärmen. „Meine Spieler spielen einfach gerne in dieser Konstellation zusammen. Wir spielen mit einem besonderen Teamgeist, einer coolen Energie und auch dem Wissen, was wir gemeinsam liefern und leisten können“, sagte Struber nach der neuerlichen Überraschung.

Besonders hob der WAC-Coach die Leidensfähigkeit, den Willen, große Spiele abzuliefern, das synchrone Arbeiten gegen den Ball und die punktgenaue Umsetzung des Matchplans hervor. „Die Jungs entwickeln sich in allen Bereichen – technisch, taktisch, athletisch und mental. Wir entwickeln Jungs, die auch für Franco Foda (ÖFB-Teamchef, Anm.) interessant sind. Wir haben auch junge Spieler, die in Deutschland für Aufmerksamkeit sorgen. Es ist wunderbar, dass wir in alle Richtungen Begehrlichkeiten wecken“, sagte Struber.

WAC holt Punkt gegen AS Roma

Der Wolfsberger AC trotzte nach dem 4:0-Sieg in Mönchengladbach auch der AS Roma einen Punkt ab.

Trotz der Lobeshymnen war der Respekt vor Roma vor allem in der ersten Halbzeit ersichtlich. Die Italiener kontrollierten das Geschehen und gingen durch einen glücklichen Treffer von Leonardo Spinazzola in Führung (27.). „In der Pause haben wir einen anderen Plan entworfen. Wir wollten im Ballbesitz mutiger sein und in unserer Positionierung sauberer sein. Wir haben uns mehr zugetraut und eine bessere Energie in unser Spiel bekommen. Den Ausgleich haben wir verdient gemacht“, sagte Struber und sah gegen die Römer ein gerechtes Remis.

Jubel von WAC-Trainer Gerhard Struber
GEPA/Christian Walgram
Trainer Struber (M.) durfte sich über den nächsten Punktegewinn gegen einen Favoriten freuen

Liendl widmet Traumtor dem Team

Den Punkt stellte ein Traumtor von Michael Liendl sicher, der mit einem sehenswerten Weitschuss das 1:1 wenige Minuten nach dem Seitenwechsel erzielte. Auch über den 33-jährigen Routinier hatte Struber nur positive Worte zu verlieren. „Er ist ein Riesenfußballer, ausgestattet mit einer besonderen Mentalität und Siegeswillen. Jetzt hat er in Europa eine Duftmarke gesetzt. Mit dem Tor belohnt er sich und uns. Dass er so schießen kann, ist für mich persönlich nichts Neues. Er kann die gesamte Bandbreite abdecken“, sagte Struber.

Liendl selbst freute sich über sein Tor, sah es aber in erster Linie als verdienten Lohn für das Team an. „Wenn du gegen Roma so ein Tor schießt und nicht verlierst, ist es schon sehr, sehr hoch einzuordnen. Am Ende geht es aber nicht um das Tor, sondern darum, dass wir gepunktet haben. Wie wir als Mannschaft auftreten, ist momentan einfach überragend“, sagte der ehemalige Deutschland-Legionär. „Wir haben uns belohnt für unheimliche Arbeit über 90 Minuten. Da sieht man, was in dieser geilen Truppe im Moment drinnen steckt.“

Jubel von Michael Liendl, Marcel Ritzmaier und Lukas Schmitz (WAC)
GEPA/Mario Buehner
Liendl (l.) war froh, mit seinem Traumtor der Mannschaft geholfen zu haben

Passivität geht gar nicht

Wie der WAC aktuell gestrickt ist, zeigte die Tatsache, dass die Kärntner auch mit einem Remis gegen Roma nicht zufrieden waren. Die Wolfsberger wollten mehr als eine Überraschung, sie wollten die Sensation. Struber ließ daher auch in den letzten Minuten nicht defensiv spielen, sondern setzte auf Offensive. „Unsere Prinzipien sind unser Antrieb. Ich wüsste gar nicht, wie wir das angehen sollten, auf eine Passivität umzustellen. Dann würden wir ja quasi den Motor abstechen. Das geht mit unserem Stil gar nicht“, sagte der WAC-Coach.

Struber brachte in den letzten Minute keinen Verteidiger, um das Ergebnis abzusichern, sondern frische Offensivkräfte. „Ich hatte das Gefühl, dass wir das Spiel gewinnen können. Wir waren bis zum Schluss auf Sieg getrimmt und wollten nicht das Remis halten. Am Ende sind wir nicht mit einem Sieg belohnt worden, aber wir nehmen auch den Punkt sehr gerne“, sagte Struber, der diesen Spielstil und diese Philosophie als Erfolgsrezept der Wolfsberger nannte.

Euphoriebremse und Optimismus

Trotz der Erfolge mahnte Struber aber weiter zu Bodenständigkeit. „Für uns als Wolfsberger AC ist es ganz wichtig, dass wir die Dinge richtig einordnen. Dass wir nicht glauben, dass die Bäume in den Himmel wachsen“, sagte der Coach. „Ich will uns nicht kleiner machen, als wir sind. Wir trauen uns viel zu und wissen, was wir bewerkstelligen können. Aber wir wissen auch, wie weit wir in diesen Spielen unsere Grenzen verschieben müssen, damit wir zu solchen Resultaten kommen.“

An einen möglichen Aufstieg in die K.-o.-Phase will Struber noch nicht denken. Vielmehr gilt es, auch die nächsten Spiele mit einer hohen Konzentration und derselben Leidenschaft zu absolvieren. Dann werde man laut Struber schon sehen, was am Ende dabei rauskommt. „Wir müssen die Ziele nicht nachschärfen. Mit solchen Leistungen, wie wir sie in der Europa League abliefern, dürfen wir uns aber weiter sehr viel zutrauen, was die Ergebnisse betrifft. Wir dürfen größer denken.“

Struber, der seit mehr als zehn Jahren als Trainer arbeitet, weiß aber, dass sich im Fußball die Dinge schnell in alle Richtungen entwickeln kann. „Es ist gerade ein richtig cooles Gefühl. Ich bin dankbar, was wir gerade gemeinsam erleben. Wir nehmen das als Verpflichtung, richtig gut weiterzuarbeiten. Es geht in eine wunderbare Richtung. Wir wollen weiter für unsere Fans solch coole Spiele auslassen“, sagte der WAC-Coach, dessen Team am 24. Oktober bei Istanbul Basaksehir die nächste Gelegenheit hat, sich weiter in Fußballeuropa zu etablieren.