Für den topgesetzten Niederösterreicher war es zudem der erste Sieg im dritten Duell mit dem langjährigen Top-Ten-Spieler, der aktuell in der Weltrangliste auf Platz 36 liegt. Am 18. Oktober 2013 verlor Thiem im Viertelfinale des Stadthallen-Turniers im Tiebreak des dritten Satzes. Auch das zweite Duell vor drei Jahren in Indian Wells ging an Tsonga. „Es war so schwer wie ich es erwartet habe. Insofern bin ich froh, dass ich es in zwei Sätzen geschafft habe“, sagte Thiem im Court-Interview.
Für das Stadthallen-Publikum war er voll des Lobes: „Es waren noch nie so viele Leute bei einem Erstrundenmatch von mir hier da, außer 2011 gegen Thomas Muster. Die Stimmung war sensationell. Das Einlaufen war unglaublich, Gänsehaut pur. Ich habe es teilweise richtig genießen können. Ich bin froh, dass ich dem Publikum einen Sieg schenken konnte.“
Gänsehautstimmung in der Stadthalle
Um Punkt 18.00 Uhr marschierten die beiden Hauptprotagonisten Thiem und Tsonga in der verdunkelten Stadthalle im Spotlight unter dem frenetischen Jubel der 9.500 Zuschauer auf dem Centre-Court ein. Vor allem den ersten Auftritt ihres Lokalmatadors quittierte das Wiener Publikum mit tosendem Applaus. Alles war für den Erstrundenschlager der Erste Bank Open angerichtet.
Tsonga gewann die Platzwahl und entschied sich wenig überraschend für Aufschlag. Beide Spieler liefen übrigens im selben Outfit ihres Ausrüsters auf. Thiem startete perfekt ins Match und schrieb gleich mit einem Rückhandwinner an. Der Franzose brachte allerdings das Auftaktgame trotz 0/30 dank guter Serviceleistung und einem schönen Winner nach einem guten Thiem-Stoppball durch.
Im Vorfeld der Partie hatte Thiem von einem „aufschlaglastigen Match“ gesprochen, die fünf folgenden Games standen der Prognose des Lichtenwörthers um nichts nach. Tsonga servierte vorne weg, Thiem hatte teilweise ein wenig Mühe auszugleichen. Bei etwas längeren Grundlinienduellen behielt der ÖTV-Star in der Regel die Oberhand.
Neben dem Service hatte Thiem auch vor Tsongas knallharter Vorhand gewarnt, bis Mitte des ersten Satzes gelang es dem ÖTV-Ass jedoch nicht, die Rückhand seines Gegners zu massieren. Tsonga präsentierte sich von seiner besten Seite und hielt vor den Augen von Weltklassediskuswerfer Lukas Weißhaidinger und den Fußballlegenden Toni Polster und Michael Konsel ausgezeichnet mit.
Erstes Break im siebenten Game
Beim Stand von 3:3 musste Tsonga erstmals als Aufschläger über Einstand gehen und sah sich nach einer Vorhand ins Netz mit Thiems erster Breakchance konfrontiert. Der Niederösterreicher blieb beim zweiten Aufschlag des Franzosen geduldig und holte sich mit einem starken Passierball die 4:3-Führung. Thiem ballte nach 37 Minuten zum wiederholten Mal die Faust, auf den Rängen gab es Standing Ovations.
Thiem bestätigte ungefährdet das Break und sicherte sich wenig später den ersten Satz nach 49 Minuten mit 6:4. Besonders Thiems Serviceleistung wurde im Satzverlauf besser. Auch in seiner Box war die Freude beim chilenischen Coach Nicolas Massu, Physio Alex Stober und seinen Eltern Wolfgang und Karin Thiem, die das Match intensiv mitlebten, groß. „Die Stimmung ist irre“, war Thiems Vater nach Satz eins von der unglaublichen Atmosphäre angetan.
Gleich im ersten Game des zweiten Durchgangs wurde es für die ATP-Nummer 36 nach einem überragenden Thiem-Return heikel. Nach Abwehr eines Breakballs stellte Tsonga aber auf 1:0. Der Lokalmatador glich mühelos aus und zeigte auch am Netz seine Qualitäten. Im dritten Game wackelte der 34-Jährige erneute, wehrte jedoch alle drei Breakchancen nach 0/40 ab und ging kurz darauf mit 2:1 in Führung.
Tsonga verliert mit neuer Kontaktlinse
Nach einer kurzen Toilettenpause von Tsonga, die der 18-fache Turniersieger für das Einsetzen einer neuen Kontaktlinse nützte, glich Thiem trocken zum 2:2 aus. Mit der neuen Kontaktlinse hatte der wegen seiner Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Boxer Muhammad Ali „Tennis-Ali“ genannte Franzose wieder mehr Durchblick und stellte problemlos auf 3:2. Österreichs Nummer eins blieb in der Folge der deutlich variantenreichere Spieler, der die Halle immer wieder mit sehenswerten Stoppbällen und Winnern zum Beben brachte.
Im neunten Game schnupperte Thiem nach einem Vorhandwinner neuerlich am Break, sein Gegner bewies aber einmal mehr Kampfgeist und Nervenstärke und zog den Kopf aus der Schlinge. Mit 5:4 ging es in den nächsten Seitenwechsel und ohne weitere Breakchance dann ins Tiebreak. Ein Tsonga-Breakball war in dieser packenden Partie überhaupt Fehlanzeige.
Minibreak bringt Vorentscheidung
Mit einem Minibreak zum 3/1 gelang dem österreichischen Tennisaushängeschild die Vorentscheidung. Tsonga war nicht das erste Mal an diesem Abend einen Schritt zu spät und schlug die Rückhand ins Netz. Nach dem 4/1 holte sich der Franzose nach einem Vorhandfehler von Thiem ein Minibreak zurück – 4/2. Das war aber nur mehr ein Tropfen auf dem heißen Stein, die letzten drei Punkte machte Thiem, der nach 1:59 Stunden den ersten Matchball verwertete.
Im Achtelfinale am Donnerstag bekommt es Thiem mit „Angstgegner“ Fernando Verdasco zu tun. Der 35-jährige Spanier liegt im Direktvergleich mit 4:0 voran und stand in Wien im vergangenen Jahr im Halbfinale, das er nur knapp gegen Titelverteidiger Kevin Anderson verlor. „Ich habe gegen Verdasco noch nie mit so einem guten Publikum im Rücken gespielt. Ich schaue einfach, dass ich an die heutige Leistung anschließen kann. Ich werde mein Bestes geben, dass am Donnerstag nicht mein letztes Match ist“, betonte der 26-Jährige.
ATP-500-Turnier in Wien
(Österreich, 2.433.810 Euro, Hartplatz, Halle)