Uli Hoeness und Karl-Heinz Rummenigge
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Fußball

Bayern-Bosse fordern Trainereffekt

Die Verantwortlichen des FC Bayern München haben am Sonntag die Reißleine gezogen. Nach dem 1:5-Debakel am Tag zuvor bei Eintracht Frankfurt einigten sich der deutsche Rekordmeister und Trainer Niko Kovac auf die Vertragsauflösung. Hans Flick soll nun das schlingernde Schiff wieder auf Kurs bringen. Ein Trainereffekt wird nicht nur erhofft, sondern von der Führungsetage sogar gefordert.

Flick, langjähriger Assistent von Joachim Löw beim deutschen Nationalteam, muss nach dem abrupten Ende der Amtszeit von Kovac den taumelnden deutschen Rekordmeister erfolgreich durch eine herausfordernde Woche leiten. Am Mittwoch kann der 54-Jährige die Münchner mit einem Heimsieg gegen Olympiakos Piräus in der Champions League vorzeitig ins Achtelfinale führen. Drei Tage später kommt es wiederum in der heimischen Allianz Arena zum Ligagipfel gegen Borussia Dortmund.

Nach dem Aus für Kovac, der die Bayern in der vergangenen Saison noch zum Double aus Meisterschaft und Cuptitel geführt hatte, nahmen die Bayern-Bosse vor allem die Spieler in die Pflicht. Eine deutliche Ansage an David Alaba und Co. kam vom Sportdirektor. „Ich erwarte jetzt von unseren Spielern eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen“, sagte Hasan Salihamidzic. Detail am Rande: Den fast identen Satz hatte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge 2017 bei der Freistellung von Carlo Ancelotti geäußert.

Spekulationen um Kovac-Nachfolge

Nachdem sich Bayern und Trainer Niko Kovac auf eine Vertragsauflösung geeinigt haben, wird schon über mögliche Nachfolger spekuliert.

Aus im „gegenseitigen Einvernehmen“

Das Alibi „schlechtes Verhältnis mit Kovac“ fällt für die Spieler jedenfalls weg. Der 48-jährige Kroate machte im Krisengespräch mit der Vereinsführung nach dem Tiefpunkt beim 1:5 in Frankfurt Platz für einen noch zu findenden Nachfolger. „Im gegenseitigen Einvernehmen“ hätten sich Präsident Uli Hoeneß, Vorstandschef Rummenigge und Sportchef Salihamidzic mit dem Trainer auf eine Trennung verständigt, teilte der Rekordmeister mit.

„Kovac hatte dem FC Bayern München seinen Rücktritt als Trainer angeboten“, hieß es am Sonntagabend in der Vereinsmitteilung. „Die Ergebnisse und auch die Art und Weise, wie wir zuletzt gespielt haben, haben mich zu diesem Entschluss kommen lassen“, wurde Kovac zitiert. Direkt nach der sportlichen Demontage durch die Eintracht am Samstag hatte er noch das Gegenteil verkündet: „Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben.“ Am Sonntagabend kam alles anders.

Bayern-Coach Niko Kovac mit Alphonso Davies
AP/Martin Meissner
Kovac (r.) gab dem Druck nach dem 1:5-Debakel in Frankfurt schließlich nach

Prominente Kandidatenliste

Aus Sicht der Vereinsführung bestand jedoch „Handlungsbedarf“, wie Rummenigge betonte. Der Vorstandschef erwartet sich so wie sein Sportdirektor nun eine entsprechende Reaktion des Teams. Die Spieler müssen gegen Piräus und Dortmund wieder ein den Bayern-Ansprüchen genügendes Gesicht auf dem Platz zeigen. Und die Führung um Rummenigge und den nach dem Dortmund-Spiel aus dem Präsidentenamt scheidenden Hoeneß muss einmal mehr einen neuen Cheftrainer finden.

Erste Namen wurden öffentlich schon vor dem besiegelten Ende von Kovac gehandelt: neben Ralf Rangnick die vereinslosen und international namhaften Namen Jose Mourinho und Massimiliano Allegri bis hin zu möglichen Kandidaten mit einer Bayern-Vergangenheit wie Xabi Alonso, der von 2014 bis 2017 in München spielte und seit Saisonbeginn in seiner spanischen Heimat die zweite Mannschaft von Real Sociedad San Sebastian trainiert. Der Niederländer Erik ten Hag, aktuell erfolgreich bei Ajax Amsterdam tätig, steht laut eigenem Bekunden indes aktuell nicht zur Verfügung.

Weltmeisterassistent soll es richten

Zunächst schlägt aber die Stunde von „Hansi“ Flick. Der 54-Jährige trug von 1985 bis 1990 das Bayern-Trikot und erweiterte im Sommer den Trainerstab von Kovac. Davor war der als Spieler dreifache Meister mit den Bayern enger Mitarbeiter und Vertrauter des deutschen Teamchefs Löw und hatte einen erheblichen Anteil am deutschen WM-Triumph 2014 in Brasilien.

Assistenz-Coach Hans-Dieter Flick (Bayern)
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Flick ist vorerst der Platzhalter für einen noch zu bestimmenden Cheftrainer

Jetzt fungiert der Mann, der sich bisher nie in den Vordergrund drängte, „bis auf Weiteres“ als Münchner Nothelfer. Das Nothilfeprogramm gilt ausdrücklich erst einmal für die „wichtigen Spiele“ gegen Piräus und Dortmund, wie der FC Bayern mitteilte. Aber je nachdem, wie Flick seine Chefpremiere in Champions League und Bundesliga gestalten wird und wie die Münchner Bosse die Kovac-Nachfolge regeln wollen, könnte die Interimslösung auch in eine Verlängerung gehen.

Gerland wieder Assistenztrainer

An Flicks Seite arbeitet mit Hermann Gerland nun auch wieder ein altbekannter Assistenztrainer. Seit 2017 fungiert der 65-Jährige als sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums. Im April 2009 wurde Gerland erstmals Assistenztrainer der Profis und arbeitete unter Jupp Heynckes, Louis van Gaal, Carlo Ancelotti und Josep Guardiola in dieser Funktion. Von 1990 bis 1995, 2001 bis 2009 und 2010/11 war Gerland für die Amateure des FC Bayern zuständig.