Mensur Suljovic
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Darts

Suljovic erklärt WM-Titel zum Ziel

Mensur Suljovic und die Darts-WM – das ist so eine Sache. Der 47-jährige Wiener schaffte es zwar 2011 als erster deutschsprachiger Spieler bis ins Achtelfinale, stand aber mit dem wichtigsten Turnier des Jahres oft auf Kriegsfuß. Bei seiner bereits zwölften Teilnahme sollen die WM-Probleme nun aber der Vergangenheit angehören. Mit Selbstvertrauen und dem Motto „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ erklärt „The Gentle“ den Titel zum Ziel.

Die WM im Londoner Alexandra Palace hat bereits am vergangenen Freitag begonnen. Suljovic, der als Weltranglistenelfter in der ersten Runde ein Freilos hatte, bestreitet seine Auftaktpartie der zweiten Runde am Samstag gegen die Engländerin Fallon Sherrock, die am Dienstag mit einem 3:2 gegen ihren Landsmann Ted Evetts für den ersten Sieg einer Frau in der WM-Geschichte gesorgt hatte. Ab dem Achtelfinale werden wohl Schwergewichte wie der Nordire Daryl Gurney warten. Ein Duell mit Topfavorit und Titelverteidiger Michael van Gerwen wäre aber erst im Finale möglich.

Den Niederländer und den in den letzten Wochen stark spielenden Waliser Gerwyn Price hat Suljovic auf seiner WM-Rechnung ganz oben. Sich selbst sieht der Wiener nicht chancenlos. Die Zielsetzung ist mit dem Titelgewinn klar und offensiv definiert. „Ich bin sehr fokussiert, trainiere sehr viel und auch mein Selbstvertrauen ist groß. Mit dieser Form kann ich mit gutem Gewissen in die WM gehen“, so der dreifache WM-Achtelfinalist (2011, 2016, 2108) gegenüber ORF.at.

Mensur Suljovic
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Bei der WM will Mensur Suljovic in diesem Jahr mehrmals in den Alexandra Palace einmarschieren

Nicht gelassener, aber positiver

Dem gegenüber stehen aber auch bittere Niederlagen. So scheiterte Suljovic im Vorjahr bereits in der zweiten Runde überraschend am Engländer Ryan Searle. Vor allem der Druck, den sich Suljovic bisher selbst auferlegt hatte, war riesig. Der unbedingte Wunsch, beim Highlight des Jahres zu reüssieren, wurde oft zum Hemmschuh. Neun Siege und elf Niederlagen sind die bescheidene WM-Bilanz.

Suljovic ist aber hochmotiviert, diesen Umstand zu ändern, und legte die Vorbereitung so konzentriert und konsequent wie immer an. Eine einzige Sache ist aber anders. Er sei nicht gelassener, aber positiver und mit mehr Selbstvertrauen ausgestattet als in den Jahren zuvor, erklärte der Wiener. Die Anspannung ist aber trotzdem nicht zu leugnen, denn unter dem Strich wird die WM stets „das wichtigste Turnier im Jahr bleiben“.

Saison mit Tiefen, Höhen und einem Highlight

Das bisherige Jahr verlief für den zweifachen Familienvater allerdings mit Höhen und Tiefen. Nach einem starken Auftritt in der Premier League ging bei Suljovic die Konstanz verloren, weshalb er in der PDC-Weltrangliste aus den Top Ten rutschte. Woran das gelegen hat, ist für den Sieger der Champions League 2017 – seinem bisher einzigen Major-Titel – selbst ein Rätsel. „Ich habe nichts anders gemacht als sonst“, sagte Suljovic, der die verpasste Qualifikation für das „Grand Slam of Darts“ als die größte Enttäuschung in diesem Jahr bezeichnete.

Davor hatte „The Gentle“ nämlich im September seine PDC-Titel Nummer sechs und sieben feiern dürfen. Bei den Austrian Darts Championship (European Tour) setzte er sich im Finale gegen van Gerwen (8:7) durch, drei Wochen danach triumphierte er in Barnsley (Pro Tour) gegen den Engländer Ian White (8:7). Vor allem der Sieg in Schwechat war für den Wiener ein echtes Karrierehighlight. „Mein Heimturnier zu gewinnen, war ein großer Traum“, sagte Suljovic über einen seiner emotionalsten Erfolge.

Mensur Suljovic
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Der Triumph vor seinem Publikum in Schwechat war für Mensur Suljovic ein ganz spezieller Moment

Niveau steigt von Jahr zu Jahr

Während die Teilnehmerfelder bei seinen zwei Saisonsiegen ebenfalls sehr prominent besetzt waren, ist die WM noch einmal ein härteres Pflaster. Im Vergleich zu seiner ersten WM habe sich der Standard der Spieler sehr verändert, sagte Suljovic. „Früher hat man mit einem Durchschnitt von 90 Punkten oder Mitte 90 ein Spiel gewonnen, heute kannst du ein Spiel mit 110er-Durchschnitt verlieren“, beschrieb der Wiener die Auswirkungen des gestiegenen Niveaus an der Weltspitze.

Aber auch die Dichte dahinter wird von Jahr zu Jahr größer, da viele junge und siegeshungrige Spieler nachkommen. „Ohne Training geht heute gar nichts mehr, auch die Topspieler müssen sehr konsequent sein“, sagte Suljovic. Um Weltmeister zu werden, bleibt laut Suljovic einem Profi daher nichts anderes übrig als in jedem Duell „sein A-Game zu spielen“. „Aber es gehört auch das Quäntchen Glück dazu“, so Suljovic. Und beides will er in diesem Jahr abrufen und erzwingen.

Spezieller Auftakt für „The Gentle“

Dazu muss Suljovic aber zuerst gegen die Engländerin Sherrock bestehen, die mit ihrem Sieg über Evetts nicht nur Darts-Geschichte schrieb, sondern wohl auch den überwiegenden Teil des Publikums im „Ally Pally“ hinter sich haben wird. Schon Evetts war bei fast jeder Aufnahme ausgebuht worden – und dieser ist im Gegensatz zu Suljovic ein Lokalmatador.

Dieser Tatsache ist sich der Wiener bewusst. „Das Publikum steht zu hundert Prozent auf ihrer Seite. Und bei der WM spielt das Publikum eine große Rolle, wirklich“, so Suljovic, der weiß, dass er eben auch gegen die 3.000 Fans antreten muss. „Aber eigentlich hat sie genauso wie wir drei Darts“, betonte Suljovic ebenso, dass es eigentlich keinen Grund gebe, anders als sonst in die Partie zu gehen. „Sie trainiert vielleicht mehr als wir (Männer, Anm.). (…) Man muss wirklich voll fokussiert und konzentriert gegen sie spielen, sonst verliert man hundertprozentig.“

Sherrock ist jedenfalls bis in die Haarspitzen motiviert, auch „The Gentle“ aus dem Bewerb zu werfen – und das laut eigener Aussage bereits seit der Auslosung, wie sie gegenüber der britischen BBC sagte. „Mensur ist einer der besten Spieler der Welt, also bin ich sehr aufgeregt, gegen ihn zu spielen“, sagte die Engländerin, „als ich die Auslosung gesehen habe, wollte ich unbedingt mein Auftaktspiel gewinnen, um auf ihn zu treffen.“