Maximilian Wöber (RBS)
GEPA/Witters/Thorsten Wagner
Europa League

Salzburger müssen sich hinterfragen

Erstmals seit April 2018 hat Österreichs Serienmeister FC Salzburg zwei Spiele in Folge verloren. Dem 2:3 gegen den LASK in der Bundesliga folgte am Donnerstag das 1:4 bei Eintracht Frankfurt im Hinspiel des Sechzehntelfinales der Europa League. Optimistisch in das Frühjahr gestartet, befinden sich die seit Jahren erfolgsverwöhnten Salzburger, die seit Sommer 2017 insgesamt nur 15 Niederlagen kassierten, nun in einer ungewohnten Phase.

„Zweimal hintereinander zu verlieren ist für viele Spieler hier neu“, sagte Salzburg-Tormann Cican Stankovic, der von einem „schwarzen Abend“, an dem vieles „richtig schlecht war“, sprach. Im April 2018 hatte Salzburg zunächst mit 0:1 beim LASK verloren und dann eine 2:4-Pleite bei Lazio Rom in der Europa League kassiert. Damals drehte Salzburg das Duell mit den Italienern dank eines 4:1-Heimsiegs.

Gegen Frankfurt würde nun ein 3:0 zum Aufstieg reichen, doch zunächst muss Salzburg am Sonntag bei Austria Wien aus dem Tief finden. Die Defensivproblematik, die schon im Herbst Sorgen bereitete, weitete sich in Deutschland in ebenso ungewohnte Dimensionen aus. Sportchef Christoph Freund hofft auf eine schnelle Trendumkehr: „Da muss sich jeder Spieler selbst hinterfragen, ob es das Maximum ist, das er auf den Platz gebracht hat. Das war heute nicht der Fall.“

Salzburg geht in Frankfurt unter

Salzburg hat im Hinspiel des EL-Sechzehntelfinales bei Eintracht Frankfurt mit 1:4 (0:2) verloren und steht damit vor dem Aus. Der LASK verspielt beim holländischen Verein Alkmaar einen Sieg.

„Wir brauchen jetzt Männer“

Diesbezüglich forderte auch der enttäuschte Salzburg-Trainer Jesse Marsch von seinen Spielern eine Änderung hinsichtlich der Einstellung. „Wir brauchen jetzt Männer, erst mich, dann die ganze Gruppe. Das ist Profifußball“, sagte der US-Amerikaner, dem der fehlende Mut seines Teams in der mit 47.000 Zuschauer ausverkauften Commerzbank-Arena zu schaffen machte. „Wir können mutiger spielen“, sagte Marsch, der sich in die Kritik einbezog: „Ich bin mit mir nicht zufrieden.“

Salzburgs Trainer Jesse Marsch
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Jesse Marsch erlebte mit seinen Salzburgern keinen schönen Abend

Selbstkritisch zeigten sich auch die Spieler, die sich nach der zweithöchsten Salzburger Niederlage im Europacup in der Red-Bull-Ära (2012 unterlag man Metalist Charkiw mit 0:4) den Medien stellten. „Wir müssen Klartext reden, das kann auch ein wenig härter ausfallen. Dann müssen wir sehen, was rauskommt“, sagte Verteidiger Maximilian Wöber. Stankovic, der eine höhere Niederlage verhinderte, ergänzte: „Wir dürfen uns aber auch nicht gegenseitig fertigmachen.“

Klartext nach hochverdienter Pleite

Zunächst wurde aber noch am Donnerstagabend Klartext gesprochen. „Unser Auftritt war sehr enttäuschend, mutlos, ohne Überzeugung. Das ist nicht typisch, wie Salzburg auftritt, vor allem international. Wir haben hochverdient verloren – auch in dieser Höhe“, sagte Freund, dessen Team vorne harmlos agierte und defensiv immer wieder anfällig war. Wöber fügte an: „Wir haben das Schlechteste in dieser Saison gezeigt. Das ist eine Mentalitätssache, wir sind die Duelle nicht so angegangen wie vorgenommen. Frankfurt hat uns überrannt.“

Wie schon (zweimal) gegen den LASK kassierte Salzburg zudem nach einem Einwurf ein Tor, obwohl auch das mehrmals besprochen wurde. „Wir hatten die defensiven Einwürfe in der Vorbereitung trainiert, aber es hat schon gegen den LASK nicht funktioniert. Wir sind eine junge Mannschaft und müssen hart und mehr arbeiten“, so Stankovic, der von einer Art Weltuntergangsstimmung in der Kabine berichtete.

„Nicht das wahre Gesicht“

Noch mehr trübte Freund, der noch vor den beiden Niederlagen den Salzburger Spirit gelobt hatte, die Herangehensweise seiner Spieler: „Wir haben keine Zweikämpfe gewonnen, waren nicht aggressiv. Wir haben nicht unser Spiel auf den Platz gebracht. Es war kein richtiges Aufbäumen zu erkennen. Das ist auch nicht das wahre Gesicht unserer Mannschaft. Wir haben viel mehr Qualität.“ Allerdings präsentierte sich die Defensive bereits im Herbst international anfällig und kassierte in der Champions-League-Gruppenphase in sechs Spielen 13 Gegentore.

Während im Winter die schwerwiegenden Abgänge der Offensivstars Erling Haaland und Takumi Minamino zumindest quantitativ zu kompensieren versucht wurden, gab es defensiv keine Neuzugänge – wobei das im Salzburger Fall zu kurz greift. Denn der Meister liefert vor allem dann ab, wenn mannschaftlich geschlossen agiert wird. Das geschah am Donnerstag von hinten bis vorne nicht. Die Frankfurter hatten mit dem Salzburger Pressing keine Mühe und waren danach immer einen Schritt weiter, zudem ließ man in der Verteidigung kaum etwas zu. „Frankfurt hat die Box leidenschaftlich verteidigt, sich in jeden Ball reingeworfen“, merkte Stankovic diesbezüglich an.

Aufstieg noch nicht abgehakt

Die Salzburger, die im Herbst in der Champions League Teams wie Liverpool und Napoli mehr als nur gefordert hatten, haben aber den Glauben an die eigene Stärke keineswegs verloren und haken deshalb auch den Aufstieg noch nicht ab. „Mit einem 3:0 sind wir weiter, die Chance lebt noch. Wir werden alles versuchen, in einem ausverkauften Stadion das Wunder zu schaffen“, unterstrich Stankovic, der mit seinen Kollegen auch die Bundesliga-Tabellenführung zurückerobern will.

Wöber weiß, „dass es im Rückspiel sauschwer wird, aber wir werden nicht aufhören zu glauben, dass wir drei Tore machen können. Aber da braucht es eine ganz andere Leistung.“ Freund ist sich zumindest sicher, dass seine Mannschaft wieder auf Kurs kommen wird. „Wir haben uns ein sehr stabiles Gerüst bei uns im Verein aufgebaut, und ich bin überzeugt, dass uns das nicht umhaut. Daran müssen wir arbeiten.“

Frankfurter bleiben am Boden

Eintracht Frankfurt feierte hingegen wie schon in der vergangenen Saison eine magische Europacup-Nacht. Nach dem 0:4 in Dortmund zeigten die wiedererstarkten Frankfurter eine Reaktion. „Wir haben uns unglaublich reingehängt. Es war ein unglaublich geiles Europacup-Spiel. Genauso wie die Fans auf der Tribüne Gas gegeben haben, haben wir Gas gegeben“, sagte ÖFB-Legionär Stefan Ilsanker, der erstmals im Frankfurter Trikot ein internationales Match bestritt.

Frankfurts Cheftrainer Adi Hütter mit Stefan Ilsanker
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Frankurt-Trainer Adi Hütter und ÖFB-Legionär Stefan Ilsanker waren nach dem Duell mit ihrem Ex-Club hochzufrieden

Trotz hervorragender Ausgangslage blieb Ilsanker in puncto Rückspiel defensiv. „Es wird in Salzburg schwer, sie werden ein anderes Gesicht zeigen. Aber wir werden versuchen, es so wie heute wieder umzusetzen“, sagte der 30-Jährige, der am Donnerstag seinen gesperrten Landsmann Martin Hinteregger in der Abwehr vertrat. Auch Hütter, der von der besten Saisonleistung seiner Mannschaft sprach, ließ sich freilich noch nicht zum Aufstieg gratulieren: „Ich weiß, was uns dort erwartet. Deshalb hat mich das Gegentor geärgert. Aber mit einer Leistung wie heute werden wir weiterkommen.“