Luftaufnahme des Red Bull Rings.
picturedesk.com/APA/ROBERT JAEGER
Formel 1

Spielberg als Strohhalm der ganzen Saison

Die Formel-1-WM könnte der letzten Voraussicht zum Trotz im Juli in Europa beginnen – und zwar ohne Zuschauer. Dieses Notfallszenario, das den Grand Prix von Österreich am 5. Juli zum Saisonstart machen würde, haben die Spitzen der Rennserie laut Formel-1-Sportchef Ross Brawn im Kopf. Ein weiterer Lösungsansatz, um noch möglichst viele Rennen zu schaffen, ist die Durchführung von gleich zwei WM-Läufen auf dem gleichen Kurs.

Nach der Verschiebung des Großen Preises von Kanada ist aktuell der Frankreich-GP in Le Castellet am 28. Juni der Auftakt, doch auch dieser wackelt angesichts der in Frankreich besonders grassierenden Coronavirus-Pandemie bedenklich. Laut dem Fachportal „Auto, Motor und Sport“ steht daher ein Saisonbeginn in Spielberg zur Diskussion – mit einem Doppel. Denkbar wären zwei Rennen an einem Wochenende oder an zwei Wochenenden hintereinander, da der folgende Grand Prix von Großbritannien erst am 19. Juli geplant ist.

Derzeit sind in Österreich Veranstaltungen generell bis Ende Juni untersagt, möglicherweise früher stattfindende „Geisterspiele“ in der Fußballbundesliga sind vom Sportministerium aber nicht ausgeschlossen worden. Vorausgesetzt, die Covid-19-Situation spitzt sich bis dahin nicht zu, scheint für Juli auch die Durchführbarkeit von „Geisterrennen“ auf dem weitläufigen Kurs nahe Zeltweg möglich.

Formel 1: Europasaisonstart mit Geisterrennen möglich

Um einen Totalschaden zu vermeiden, strebt die Formel 1 einen Saisonstart mit dem Grand Prix von Österreich an. Wenn überhaupt, dann dürften die Rennen aber ohne Fans stattfinden.

Veranstalter vorerst zurückhaltend

Streckenbetreiber Projekt Spielberg gab sich wortkarg. „Bitte um Verständnis, dass bei der Vielzahl an Aspekten, die in der aktuellen Lage zu berücksichtigen sind, täglich neue Spekulationen seitens des Projekts Spielberg medial nicht kommentiert werden können“, hieß es auf APA-Anfrage. Die Austragung hänge von der weiteren Entwicklung und den rechtlichen Grundlagen seitens des Gesetzgebers ab. „Auf Basis der vorhandenen behördlich-rechtlichen Verordnungen dürfen wir weiter von einer plangemäßen Veranstaltung ausgehen.“

Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko merkte zuletzt an, dass sich „täglich alles ändert“, betonte aber: „Der Red-Bull-Ring hat den Vorteil, dass wir aufgrund der super Infrastruktur keine große Vorbereitung brauchen. Drei bis vier Wochen würden uns schon genügen.“ Das heißt: Die Entscheidung eilt aus Veranstaltersicht noch nicht. Zudem würden die sonst üblichen Rahmenveranstaltungen wohl nicht stattfinden.

Brawn hält „Geisterrennen“ für durchführbar

Tritt die Formel 1 erst wieder aufs Gas, müsse aber auch weitergefahren werden. „Es ist nichts, wenn wir beginnen und dann wieder für eine Weile stoppen müssen“, sagte Brawn dem britischen Sender Sky Sports. Ein Grand Prix ohne Zuschauer sei nicht toll, „aber es ist besser, als gar nicht zu fahren“. Für Millionen Fans sei es in diesen schweren Zeiten auch Abwechslung und Unterhaltung, wenn auch nur vor den TV-Bildschirmen.

Und die Piloten könnten laut Brawn vom Rest der Gesellschaft isoliert werden. „Wir könnten eine sehr geschlossene Gesellschaft haben, die Teams kämen mit Charterflügen, wir könnten sie zur Strecke bringen und sicherstellen, dass jeder getestet wird und kein Risiko für irgendjemanden besteht“, erläuterte der 65-jährige Brite.

Zu den größten Herausforderungen wird das Reisen gehören. Das Equipment könnte per Flugtransport bewegt werden, dem Personal droht danach mancherorts Selbstisolation. Eventuell müssten Reisebeschränkungen aufgehoben werden. „Wir werden niemanden in Gefahr bringen, nur um die Meisterschaft fortzusetzen“, versprach der Präsident des Internationalen Automobilverbands (FIA), Jean Todt, gegenüber der französischen Zeitung „L’Equipe“. „Wir werden nur unter der Garantie weitermachen, dass das Risiko der Kontaminierung bei null liegt.“

Saisonverlängerung bis 2021 denkbar

Laut aktuellem Stand müsste die Motorsportkönigsklasse spätestens im Oktober wieder fahren, sonst dürfte auch die Mindestanzahl von acht Rennen für eine WM-Wertung in diesem Jahr nicht mehr erfüllbar sein. Eine mögliche Verlängerung bis ins kommende Jahr hinein wird Brawn zufolge aber geprüft – so sei eine Saison zwischen acht und 19 Rennen noch immer möglich.

Möglichst viele Grands Prix sind für die Finanzen der Branche wichtig. Laut Vertrag mit den TV-Anstalten müssen mindestens 15 Rennen gefahren werden, um die vollen TV-Einnahmen zu bekommen. Aktuell stehen nur noch 13 im Kalender. Den Rennställen droht außerdem ein Verlust an Sponsoreneinnahmen. „Wenn wir einen Grand Prix nicht fahren, kostet das gleich mal eineinhalb bis zwei Millionen“, sagte etwa Franz Tost, der Teamchef des Red-Bull-Zweitteams AlphaTauri, gegenüber Motorsport-total.com.