Anstoß zum Match zwischen Borussia Moenchengladbach und dem FC Köln.
Reuters/Wolfgang Rattay
Fußball

Deutsche Bundesliga hofft auf grünes Licht

Nachdem die Ministerpräsidenten einen breiten Konsens für eine Fortsetzung der deutschen Bundesliga erzielt haben, muss beim Politgipfel am Mittwoch nur noch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zustimmen. Bei einem entsprechenden Votum könnte der Ball vor leeren Zuschauerrängen schon am 15. Mai, spätestens aber in zweieinhalb Wochen wieder rollen.

Trotz des jüngsten Skandalvideos des umgehend suspendierten Hertha-BSC-Spielers Salomon Kalou, anhaltender Bedenken der Kritiker und eines weiteren Coronavirus-Falls beim Zweitligisten Erzgebirge Aue stehen die Zeichen dafür gut. Neben den Länderchefs und der Sportministerkonferenz hegen auch der für den Sport zuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) keine Zweifel am nachgebesserten Hygienekonzept der Deutschen Fußballliga (DFL).

Aus einer der dpa vorliegenden Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen von Merkel mit den Regierungschefs der Bundesländer geht hervor, dass der Bund grünes Licht für die Wiederaufnahme des seit Mitte März wegen der Pandemie ausgesetzten Spielbetriebs in der ersten und zweiten Liga geben will. „Dem Beginn des Spielbetriebs muss eine zweiwöchige Quarantänemaßnahme, gegebenenfalls in Form eines Trainingslagers, vorweggehen“, heißt es darin. Als voraussichtlicher Termin für den Beginn der „Geisterspiele“ gilt der 15. oder 21. Mai.

Österreich schaut gespannt nach Deutschland

„Das grundsätzliche Konzept macht Sinn und kann auch Vorbild sein im Übrigen für andere Profisportbereiche“, sagte Spahn am Dienstag im Deutschlandfunk. In Österreich blickt man gespannt nach Deutschland, denn ein ähnliches Hygienekonzept soll auch in der heimischen Bundesliga den Neustart ermöglichen.

Entscheidung um Bundesliga-Fortsetzung erwartet

In den nächsten Tagen soll von der Regierung und der Bundesliga entschieden werden, ob und wie der Spielbetrieb fortgesetzt wird. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) möchte sich dabei an Deutschland orientieren.

Anlass zu vorsichtigem Optimismus

Seehofer hatte die DFL-Pläne für eine Wiederaufnahme des wegen der Coronavirus-Pandemie seit Mitte März ausgesetzten Spielbetriebs zuvor bereits als „plausibel“ bezeichnet. Zudem geben die sinkenden Zahlen der übermittelten Neuinfektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2, die das Robert-Koch-Institut am Dienstag verkündete, Anlass zu vorsichtigem Optimismus.

Die DFL hat bereits für Donnerstag eine Mitgliederversammlung anberaumt. Bei der Videokonferenz sollen mit den 36 Profivereinen, von denen die ersten bereits das uneingeschränkte Mannschaftstraining aufgenommen haben, die Ergebnisse des Politgipfels erörtert werden.

Die Ministerpräsidenten sind sich offenbar weitgehend einig. Nach dpa-Informationen soll das noch am Montag gelöschte Video von Kalou wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Grundsatzentscheidung über eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes in der ersten und zweiten Bundesliga haben. Das Konzept der DFL hatte am Montag nach den Worten von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet „parteiübergreifend Zustimmung gefunden“. Am Mittwoch wird es auch dem Sportausschuss des Bundestages präsentiert.

Konzept muss „auch gelebt werden“

Kommt es zu der von den Clubs ersehnten Saisonfortsetzung, muss die Milliardenbranche zeigen, ob sie wirklich die Zeichen der Zeit verstanden hat. Das Konzept müsse dann „auch gelebt werden“, mahnte Spahn mit Blick auf die Vorfälle bei Hertha BSC. Er hoffe, „dass jetzt alle verstanden haben, dass es hier um etwas geht“.

Hertha-Stürmer Kalou hatte am Montag über Facebook ein Video veröffentlicht, in dem unter anderem zu sehen ist, wie bei seinem Mitspieler Jordan Torunarigha eine Probe für einen Coronavirus-Test genommen wird. Zudem hatte der 34-Jährige Gespräche in der Umkleidekabine unter anderen mit Teamkollege Vedad Ibisevic aufgenommen. Während der Videosequenz gab Kalou immer wieder Mitspielern oder Vereinsmitarbeitern die Hand und verstieß damit gegen die von der DFL in ihrem Konzept gemachten Vorgaben.

Kalou-Video erzeugt Unverständnis

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) reagierte mit Unverständnis. „Da macht die Liga hervorragende Konzepte, und dann gibt es Einzelspieler, wie jetzt zu lesen war, die sich sehr, sehr, sehr unglücklich verhalten“, sagte der CSU-Chef am Dienstag. Das bringe „das ganze Konzept in Verruf“.

Nach Ansicht von Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, habe aber auch der Verein versagt. „Es ist aus meiner Sicht schlichtweg ein Skandal, dass niemand eingreift, wenn die simpelsten Regeln missachtet werden. Das wirft für mich natürlich erneut Fragen nach der Durchsetzung auf“, sagte sie Freitag der „Rheinischen Post“. „Sanktionen seitens der DFL sind ja nicht möglich.“

Hertha-Spieler zeigt sich einsichtig

Kalou zeigte sich zumindest einsichtig. „Es war ein großer Fehler“, räumte der Ivorer in einem Interview bei Sport1 ein. „Ich möchte mich an der Stelle aufrichtig entschuldigen. Die Menschen, die mich kennen, wissen, dass ich alle respektiere und niemanden in Schwierigkeiten bringen wollte.“ Dennoch: Der von der DFL scharf kritisierte und von den Berlinern streng geahndete Vorfall dient als letzter Beleg dafür, wie fragil das von der Liga erstellte und von der Politik abgesegnete Konzept ist.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) nimmt deshalb vor allem die Clubs in die Pflicht. „Das Video zeigt, dass die Vereine dringend auf ihre Profispieler zugehen müssen“, sagte der CDU-Politiker der dpa. Das Hygienekonzept der DFL bezeichnete er als „durchdacht und schlüssig“. Unter Beachtung der Vorgaben könne noch im Mai eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes erfolgen.

Freigabe auf Bewährung

Es wäre eine Freigabe auf Bewährung. Das weiß auch Christian Seifert, weshalb der DFL-Boss jüngst ausdrücklich die Eigenverantwortung der Profis bei der Umsetzung des Konzepts einforderte. Diese ist in der Branche jedoch höchst unterschiedlich ausgeprägt.

In der momentan hochsensiblen Diskussion um eine Sonderrolle des Profifußballs in der Coronavirus-Krise kann sich dieser weitere Verstöße kaum leisten. Sollte es doch dazu kommen, fordert der FDP-Vorsitzende Christian Lindner harte Strafen. „Das ist ein Warnschuss für alle, dass jeder Verantwortung tragen muss. Solches individuelle Fehlverhalten muss daher so streng geahndet werden, dass es selbst Fußballmillionären richtig wehtut“, sagte Lindner. Er betonte zugleich: „Dennoch darf daraus nun kein Schaden für die Liga insgesamt entstehen.“