Die österreichische Skifahrerin Anna Veith.
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Ski alpin

Veith geht erhobenen Hauptes

Nach zahlreichen Verletzungen und ebenso vielen Comebacks hat Skistar Anna Veith ihre Karriere am Samstag beendet. Die 30-Jährige spürte den Kräfteverschleiß der vergangenen Jahre, die von einem Auf und Ab geprägt waren. Und so fiel Veith der Abschied vom Skisport nicht schwer, wiewohl ein bisschen Wehmut in ihren Worten mitschwang. Anerkennend zur Seite stand ihr dabei Marcel Hirscher, der vor neun Monaten die Skibühne erhobenen Hauptes wie Veith verlassen hatte.

Die Olympiasiegerin von 2014, dreifache Weltmeisterin und zweifache Gesamtweltcup-Siegerin hat im Skisport nahezu alles gewonnen. Die Verletzungen der vergangenen Jahre hatten sich zuletzt aber mental bemerkbar gemacht. „Im letzten Winter habe ich alles darangesetzt, wieder zurückzukommen und Vertrauen zu finden, aber es ist mir einfach nicht mehr gelungen, dahin zu kommen, wo ich hinwollte“, sagte Veith. Darum habe sie letztlich die Bereitschaft gefunden, den Schlussstrich zu ziehen, obwohl der Sport ihr bisheriges Leben geprägt habe.

Am wenigsten vermissen werde sie das Reisen, das Wegfahren-Müssen. Anders gemacht hätte sie nichts, denn aus jedem Fehler lerne man, dass man diesen nicht mehr mache. Als Wertvollstes mit nimmt sie die Erfahrung. „Du stehst alleine am Start, musst deine Leistung in dem Moment anrufen, das ist beinhart. Deine Zeit zählt, da gibt es keine Ausreden. Die Erfahrung, das fürs Leben zu lernen, finde ich extrem wichtig.“ Ein Team zu formen und gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten habe sie sehr geprägt. „Das ist superschön für mein zukünftiges Leben. Dafür bin ich dankbar.“

Best of Anna Veith

Anna Veith hat am Samstag ihren Rücktritt bekanntgegeben. „Sport 20“ macht einen Rückblick auf die bewegendsten Momente ihrer Karriere.

Anerkennende Worte und Lob gab es vom achtfachen Gesamtweltcup-Rekordsieger Hirscher, der mit Veith die Schulbank gedrückt hatte und bei seinem Rücktritt nicht minder souverän aufgetreten war. „Ich möchte dir alles Gute für deine Zukunft wünschen und dir von Herzen gratulieren zu dieser Entscheidung. Ich bin mir sicher, es war auch für dich keine leichte Entscheidung, aber du wirst es sehr genießen in Zukunft, auch wenn der Anfang wahrscheinlich auch nicht so einfach ist. Es ist dann doch eine große Umstellung.“

Gratulation von Hirscher

„Von meiner Seite die allergrößte Wertschätzung und Hochachtung vor deiner Leistung“, so Hirscher weiter. „Ich glaube, ich bin einer der wenigen Österreicher, die wirklich von den ersten Tagen an deine Karriere mitverfolgt haben. Wir sind mehr oder weniger den gleichen steinigen Weg gegangen. Ich habe viel weniger Verletzungen gehabt als du, das war mein großes Glück, aber du warst uns allen ein Vorbild, und an dem dürfen wir uns alle orientieren. Alles Gute, und ich wünsche dir das Allerbeste für die Zukunft.“

Die angesprochenen Verletzungen griff auch Veith am Samstag auf. „Nach meinen Verletzungen war ich körperlich nie mehr auf dem Level, auf dem ich vorher war. Es waren so schwerwiegende Verletzungen in kurzen Zeitabständen.“ Denn das Skifahren sei ausschlaggebend dafür, wie schnell der Schwung sein könne. „Die mentale Stärke verliert man nicht. Auch nicht das Wissen, wie es geht, die Taktik, die Herangehensweise, wie man schnell fahren kann. Wenn man die Erfahrung mal gemacht hat, dann weiß man schon, wie das geht.“ Aber den Körper konnte letztlich auch Veith nicht überlisten.

Fotostrecke mit 11 Bildern

Anna Fenninger in Aktion im Super-Kombinations-Slalom der Damen in St. Anton am Samstag dem 22. Dezember 2007.
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Im November 2006 gab Fenninger ihr Weltcup-Debüt (hier ein Bild aus 2007), zuvor hatte sie bereits u. a. zweimal Gold bei der Junioren-WM in Quebec geholt (u. a. in der Kombination)
Anna Fenningermit ihrer Goldmedaille bei der Alpinen Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen.
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Noch vor ihrem ersten Weltcup-Sieg holte Fenninger ihr erstes WM-Gold: Bei der WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen gewann die damals 21-Jährige die Super-Kombination
Anna Fenninger feiert ihren ersten Weltcup Sieg beim RTL in Lienz am 28 Dezember 2011.
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Am 28. Dezember 2011 holte die Salzburgerin dann auch ihren ersten von insgesamt 15 Weltcup-Erfolgen: Im Riesentorlauf von Lienz feierte Fenninger einen Heimsieg
Maria Hoefl-Riesch, Anna Fenninger und Nicole Hosp am Samstag dem 15. Februar 2014 anlässlich der Damen-Super-G-Siegerehrung am Medal Plaza in Sotschi.
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Der größte Erfolg ihrer Karriere: Fenninger gewann am 15. Februar 2014 in Sotschi Olympiagold im Super-G
Marcel Hirscher und Anna Fenninger mit ihren Gesamtweltcupkugeln am Sonntag dem 16. März 2014.
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2014 wurde zu ihrem großen Jahr, als Fenninger nach Olympiagold auch den Gesamtweltcup gewann – außerdem wurde sie zum zweiten Mal Österreichs Sportlerin des Jahres (insgesamt dreimal, Anm.)
Anna Fenninger mit ihre beiden Goldmedaillen aus dem Super-G und Riesentorlauf sowie ihre Silbermedaille aus der Abfahrt im Audi-Haus in Vail.
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Auch ein Jahr später gewann Fenninger wieder den Gesamtweltcup und holte zudem zweimal Gold bei den Weltmeisterschaften in Vail/Beaver Creek (Super-G und Riesentorlauf, Anm.)
Peter Schroecksnadel und Anna Fenninger bei einer Pressekonferent des ÖSV am 09. Dezember 2015
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Ein Streit mit dem ÖSV (im Bild Präsident Schröcksnadel) führte fast zum Rücktritt, letztlich kam es zur Trennung von Fenningers Manager
Anna Veith, ÖSV-Arzt Christian Hoser am Donnerstag, 2. März 2016, anlässlich einer Pressekonferenz des ÖSV in der Privatklinik Hochrum in Rum.
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Drei Tage vor Saisonbeginn stürzte Fenninger im Oktober 2015 beim Training in Sölden schwer und musste mit schweren Knieverletzungen für die Saison 2015/16 passen
Anna und Manuel Veith am Samstag dem 23. Juli 2016, beim ATP-Tennisturnier Generali Open in Kitzbühel.
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Am 16. April 2016 heiratete Fenninger ihren langjährigen Lebensgefährten und nahm den Nachnamen des früheren Snowboarders Manuel Veith an
Anna Veith, Ester Ledecka und Tina Weirather am Samstag dem 17. Februar 2018, im Rahmen der Siegerehrung des Super-G der Damen in Pyeongchang.
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Der größte Erfolg nach ihrer schweren Verletzung: Veith holte 2018 in Pyeongchang Olympiasilber – Gold verhinderte um eine Hundertstelsekunde Ester Ledecka
Anna Veith beim Super-G in Garmisch am 09.02.2020.
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Nach erneutem Kreuzbandriss 2019 bestritt Veith am 9. Februar 2020 ihr letztes Weltcup-Rennen: In Garmisch-Partenkirchen schied sie im Super-G aus

Was Veith in Zukunft konkret machen werde, konnte sie selbst noch nicht beantworten. „Ich stelle mir jeden Tag die Frage, es gibt noch nichts Konkretes.“ Sie möchte ihre Werte weiterverfolgen, die Jugend unterstützen und „meine Erfahrungen weitergeben“. Einen Trainerjob im klassischen Sinn könne sie sich aber nicht vorstellen. Sie möchte die Zeit auch nutzen, daheim Wurzeln zu schlagen, aber gerne in Zukunft „mit einzelnen Athleten über aktuelle Geschehnisse sprechen“.

Noch keine Zukunftspläne

Der Leistungssport und das Skifahren sei eine „super Lebensschule“ gewesen. „Ich würde das jedem Jugendlichen einfach nur wärmstens ans Herz legen, solche Erfahrungen zu machen und zu sammeln.“ Sie sei extrem dankbar für die ganzen Lektionen, die sie bekommen habe. „Und für die Zeit, die ich im Endeffekt ja in mich persönlich investiert habe. So eine Karriere ist immer was sehr Persönliches, und man kann sich in vielen Facetten weiterentwickeln. Nicht nur im Sport, sondern auch in der Persönlichkeit.“

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, mit dem Veith im Verlauf ihrer Karriere auch einige Streitgespräche geführt hatte, wünschte der Salzburgerin nur Gutes. „Es beginnt ein neuer Abschnitt, der sicher herausfordernd sein wird, für den wünsche ich dir alles Gute“, so Schröcksnadel. „Ihr Rücktritt ist schade, aber wenn der Körper nicht mehr mitspielt, macht es keinen Sinn“, sagte er mit Verweis auf ihre Knieprobleme der vergangenen Jahre. „Anna war, auch was ihre starke Persönlichkeit betrifft, eine Ausnahmeathletin, an die man sich lange erinnern wird.“

Angesprochen auf ihren Charakter, meinte Veith, dass man sie von außen vielleicht als starke Frau sehe, aber so würde sie selbst sich nicht beschreiben. „Schüchtern und zurückhaltend. Das ist in meinem Charakter so verankert, dass ich gerne beobachte, über die Zeit gewisses Vertrauen aufbaue. Ich bin keine, die rausgeht und einfach macht. Ich habe im Sport immer versucht, von anderen zu lernen, abzuschauen, mir Gedanken zu machen, wie kann ich das besser machen, ohne dass ich ständig gegen die Wand gelaufen bin. Aber natürlich passiert das auch, weil alles kann man vorher nicht lösen.“

„Der emotionalste Moment“

Der größte Erfolg neben Olympiagold in Sotschi (Super-G) und zwei großen Kristallkugeln war aus Sicht der 30-Jährigen jener, der sie auch am meisten bewegt hat: „Der emotionalste Moment war zweifelsohne die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang. Nach meiner ersten schweren Verletzung im Jahr 2015 wusste niemand, ob es wieder möglich sein wird, so Ski zu fahren, wie ich es davor gemacht habe. Diese Medaille war der Beweis dafür und der Lohn für die harte Arbeit“, erinnert sich die dreifache österreichische Sportlerin des Jahres.

Gegnerinnen verneigen sich

Das Ende von Anna Veiths Skikarriere ist für viele wenig überraschend. Ihre Entscheidung ist für Kollegen und Vorgesetzte nachvollziehbar, und ihr wird großer Respekt gezollt.

„Ein weiterer Wahnsinnsmoment, an den ich mich mein Leben lang erinnern werde, war das Weltcup-Finale in Meribel, wo ich mich in letzter Sekunde im Gesamtweltcup gegen Tina Maze durchsetzen konnte. Nach wochenlangem Zweikampf auf höchstem Level ein sehr spezieller Sieg für mich. Ein Sieg im Gesamtweltcup ist etwas, wovon jeder Skifahrer seit seiner Jugend träumt. Es heißt, du bist die Beste. Es gibt niemanden in diesem Sport, der in dieser Saison besser war als du. Das ist ein besonderes Gefühl.“

ÖSV-Sportdirektor Toni Giger nannte Veith eine der ganz Großen in der Geschichte des alpinen Skisports. „Für mich persönlich war es beeindruckend, wie sie mit ihrem eleganten Fahrstil, gepaart mit ihrer Entschlossenheit so viele große Erfolge gefeiert hat“, so Giger. „Auch dafür, dass sie nach ihren schweren Verletzungen immer wieder den Anschluss an die Weltspitze geschafft hat, gebührt ihr größter Respekt. Wir sagen Danke für viele herausragende Momente und wünschen Anna viel Gesundheit und Erfolg für die Zukunft.“

Nun können andere strahlen

Sorgen, dass dem Skisport – nach den vielen prominenten Rücktritten in den vergangenen paar Jahren – die Stars ausgehen, hat Veith nicht, zählte beispielsweise Gesamtweltcup-Siegerin Federica Brignone, die sich extrem gut entwickelt habe, und Mikaela Shiffrin auf. „Es gibt sehr viele interessante Charaktere, an der Spitze sind sehr interessante Persönlichkeiten da. Klar tut es im ersten Moment weh, wenn man solche Namen zurücktreten hört, aber ich finde, dass es für andere die Chance bringt, zu strahlen. Dass für sie die Bühne dann da ist, dass sie das zeigen können. Ich würde mir wünschen, dass es passiert.“