Lewis Hamilton (Mercedes) begutachtet die kaputten Reifen
Reuters/Bryn Lennon
Formel 1

Silberpfeile zu schnell für Reifen

Nach vier Siegen in Serie hat Max Verstappen vor einer Woche in Silverstone die Dominanz von Mercedes durchbrochen. Zum Stolperstein für die Silberpfeile wurde die Zuverlässigkeit der Reifen, die bei Temperaturen über 30 Grad Celsius Probleme machen, da die Pneus mit dem hohen Tempo des W11 nicht zurechtkommen. Für Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist das deshalb „gleichzeitig Segen und Fluch“.

Die angekündigte Hitze beim Grand Prix von Spanien in Montmelo bei Barcelona am Sonntag (15.10 Uhr, live in ORF1 und im Livestream) bringt die Ingenieure des Topteams deshalb gehörig ins Schwitzen. Mit Hochdruck sucht Mercedes deshalb einen Ausweg aus dem Reifendilemma. „Wenn wir das nicht schnell hinbiegen, werden wir auch nächsten Sonntag dumm aus der Wäsche schauen“, so Mercedes-Renningenieur Andrew Shovlin.

Am vergangenen Sonntag hatten die Reifen beim GP zum 70-Jahr-Jubiläum der Formel 1 in Silverstone an den Autos von Lewis Hamilton und Valtteri Bottas schwer gelitten. Eine Woche vorher beim GP von Großbritannien war beiden Piloten ein Vorderreifen sogar geplatzt. Allerdings waren die Ursachen für die erheblichen Probleme mit den Pirelli-Reifen unterschiedlich. Beim ersten Rennen des Silverstone-Doppelpacks wirkten die Seiten- und Längskräfte zu stark auf die Gummis ein – durch das Bremsen und durch die Kurven. Mit mehr Reifendruck fürs zweite Rennen konnte das Problem gelöst werden. Dann aber machten die Hinterreifen zu schaffen.

Verstappen hat Lust auf mehr

Nach dem Grand-Prix-Sieg in Silverstone möchte Max Verstappen in Barcelona nachlegen. In Spanien wartet auf die Piloten eine Hitzeschlacht.

Teufelskreis bei hohen Temperaturen

Im Zentrum seien diese sehr heiß geworden. „Wenn der Reifen heiß wird, schlittert er mehr und produziert so noch mehr Hitze“, erklärte Shovlin. Die Folge: Der Wagen verliert an Bodenhaftung, der Fahrer an Kontrolle über den Wagen. Im Regen oder bei kühleren Temperaturen passiert das nicht, da funktioniert das Zusammenspiel zwischen Aerodynamik und Motorleistung beim Silberpfeil auch nahezu perfekt. „Aber bei anderen Rennen, wo der Reifen der limitierende Faktor ist, machen wir den Reifen halt platt“, sagte Wolff.

Das sah dann nach dem Rennen am vergangenen Sonntag, bei dem sich Hamilton und Bottas hinter Verstappen im Red Bull noch auf die Plätze zwei und drei gerettet hatten, so aus, als ob die schwarzen Walzen eine zweite Schicht aus verbrauchten Reifenresten aufgesammelt hätten – eine rollende Kraterlandschaft aus Gummi. Erstaunt hatten sich WM-Spitzenreiter Hamilton und Bottas danach die weit weniger malträtierten Reifen von Verstappen angeschaut, der mit 30 Punkten Rückstand auf Rang zwei im Klassement kletterte.

Barcelona im Normalfall Paradestrecke

Auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya konnte sich Mercedes seit der Wiedereinführung der Turbomotoren nur selbst schlagen und gewann seit 2014 fünf der sechs Rennen. „Normalerweise fahren wir dort jedoch bei den Wintertests und beim Europaauftakt im Frühjahr. Dieses Mal erwarten uns allerdings Sonnenschein und die spanische Sommerhitze von mehr als 30 Grad Lufttemperatur“, führte der Wiener Wolff aus. „Entsprechend wird die Hitze definitiv eine größere Herausforderung für uns darstellen, aber wir sind gespannt darauf, wieder auf dieser Strecke zu fahren und herauszufinden, ob wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben.“

Laut Mercedes-Aussendung erreicht die Formel 1 in Montmelo mit 41 Grad die vierthöchste durchschnittliche Streckentemperatur des Jahres (auf Basis des Durchschnitts der letzten fünf Jahre). Kleiner Trost für den deutschen Rennstall: Exklusivausrüster Pirelli hat zumindest nicht dieselben Gummimischungen wie zuletzt in Silverstone im Gepäck. Wohl wissend, dass der vor zwei Jahren neu asphaltierte Kurs die Reifen verschleißt, entschied sich der italienische Hersteller für die drei härtesten Mischungen – so wie vor knapp zwei Wochen im ersten Silverstone-Rennen.