Rasen in der Red Bull Arena in Salzburg
ORF.at/Christian Öser
Fußball

Wie Profis die „Geisterspiele“ erleben

Seit einem Jahr wird in der heimischen Bundesliga zumeist nur unter komplettem Zuschauerausschluss gespielt. Jakob Jantscher von Sturm Graz und Rapid-Goalie Richard Strebinger berichteten gegenüber der APA von Gewohnheitseffekten in Spielen ohne Stimmung und verändertem Verhalten auf dem Platz.

Sein Blick auf den Fußball habe sich in einem Jahr ohne Zuschauer verändert, sagte der weit gereiste Jantscher. „Weil einiges fehlt, wenn die Fans nicht dabei sind.“ Die Fußballer hätten die Situation aber gut angenommen, sagte der 32-Jährige, mit dem Effekt, „dass wir Spieler uns schon sehr an das Ganze gewöhnt haben. Ich glaube, dass es dann wieder ein großer Unterschied wird, wenn wieder Fans da sind und sich mit uns freuen.“

„Ich glaube auch, dass wir wieder ein, zwei Spiele brauchen werden, wenn wieder Fans in die Stadions dürfen. Was hoffentlich möglichst bald möglich ist“, sagte Strebinger mit Blick nach vorne. Auch er sagte, dass er sich gezwungenermaßen ein wenig an die Nullkulisse gewöhnt hat. „Das wurde mir bewusst, als wir bei Arsenal gespielt haben. Ein riesiges Stadion, in dem man normal bei 3.000 Fans von ‚Geisterspiel‘ sprechen würde, aber mir ist es richtig laut vorgekommen.“

„Man muss aufpassen, was man sagt“

Beim allerersten Rapid-Spiel ohne Publikum, einem Auswärtsmatch in Salzburg, habe hingegen die Stille gestört. „Ich habe mich komisch und fast schlecht gefühlt. Obwohl es ein Topspiel, ein echter Schlager war, war es schwer, in Spitzenspielstimmung zu kommen.“

Jakob Jantscher (Sturm Graz)
APA/Erwin Scheriau
Für Jantscher und Co. hat sich auch die Art geändert, wie man Emotionen zeigen sollte

Laut Jantscher hat die fehlende Akustik das Verhalten auf dem Platz verändert. „Den Torjubel oder andere Situationen muss man jetzt etwas anders regeln. Man muss auch etwas leiser sein bei gewissen Situationen, muss mehr aufpassen, was man sagt.“

Strebinger vermisst den Druck

Strebinger spürt derzeit die gegnerische Fankurve nicht im Nacken. Diese von Zuschauern erzeugten Drucksituationen würden ihm aber fehlen, sagte er. „Weil mir das richtig taugt. Es mag für manche unverständlich klingen, aber beispielsweise beim LASK im engen Stadion in Pasching, da habe ich immer versucht, die Negativität der Linzer Fans in positive Energie umzuwandeln. Ist dort auch immer recht gut gelungen.“

Richard Strebinger (Rapid)
GEPA/Philipp Brem
Derzeit ist Strebinger besonders einsam in seinem Strafraum

Noch mehr fehle aber die Anwesenheit der eigenen Fans. „Wenn 20.000 Fans bei einem Heimspiel gleich angespannt sind wie du selbst und du einen Ball gut hältst, ist das ein Wahnsinn.“ Die Sensibilität hat sich aber offenbar verändert. Er habe „echte Gänsehaut bekommen“, als er im Cup vor 1.250 Zuschauern einen Ball gut gehalten habe, erzählte Strebinger. „Das nehme ich für lange Zeit mit, und man kann sich vorstellen, wie derzeit aufgrund unserer guten Leistungen und Ergebnisse die Post bei unseren Spielen auf den Rängen abgehen würde.“

Vor- und Nachteile der Stille

Ein Effekt der Stille auf dem Platz ist auch, dass die Anweisungen der Trainer eher zu den Akteuren durchdringen. „Wenn viele Zuschauer im Stadion sind, hört man nicht sehr viel. Für uns Spieler ist es gar nicht so schlecht“, sagte Jantscher. „Der Trainer kann in gewissen Situationen aktiv eingreifen, kann ein kurzes Kommando geben, das dir helfen kann. Andererseits hören das auch die gegnerische Bank und die Spieler, das ist dann wieder ein Nachteil“, sagte der Topscorer der Grazer (sechs Tore, acht Assists) in dieser Saison.