Füße mit UEFA Champions League Ball
AP/Jon Super
Fußball

„Super League“ stößt auf breite Ablehnung

Die am Montag von zwölf europäischen Topclubs verkündete Gründung einer eigenen „Super League“ ist im Rest von Fußballeuropa auf breite Ablehnung gestoßen. Neben dem Europäischen Fußballverband (UEFA) und dem Weltverband (FIFA) gab es auch aus der Politik harsche Kritik am Vorhaben, eine Konkurrenz zur Champions League zu bilden. Die UEFA zieht nun ihre Reform der Champions League durch.

Die englischen Topclubs Manchester United, Manchester City, der FC Liverpool, FC Arsenal, FC Chelsea und Tottenham Hotspur, die italienischen Traditionsvereine Juventus Turin, der AC Milan und Inter Mailand sowie das Trio FC Barcelona, Real Madrid und Atletico aus Spanien gaben am Montag die Gründung ihrer eigenen Superliga bekannt. In einer ersten Reaktion bezeichnete die UEFA den Plan als „zynisches Projekt, basiert auf dem Eigeninteresse einiger Clubs in einer Zeit, in der die Gesellschaft mehr denn je Solidarität braucht“.

Am Montag wurde auch bekannt, dass das Projekt „Super League“ von der US-Großbank JP Morgan unterstützt wird. Das bestätigte das Unternehmen am Montag der englischen Nachrichtenagentur PA. JP Morgan sichert den Angaben zufolge die Finanzierung des neuen Wettbewerbs, der den Teilnehmern garantierte Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe sichern soll. Während der „anfänglichen Verpflichtungsperiode“ könnten Solidaritätsleistungen in Höhe von zehn Milliarden Euro ausgezahlt werden. Die Gründungsmitglieder sollen zudem einen Betrag von 3,5 Milliarden Euro erhalten, „der ausschließlich für die Entwicklung ihrer Infrastruktur und zur Abfederung der Auswirkungen der Covid-Pandemie vorgesehen ist“.

Einschätzung zur „Super League“

In der Nacht auf Montag gaben 15 europäische Topclubs die Gründung einer eigenen Liga, der „Super League“, bekannt. ORF-Redakteur Andreas Felber spricht darüber, was hinter der „Super League“ steckt, und über deren politische Dimensionen.

„Verbrechen am Fußball“

Am Plan der zwölf hagelte es jedenfalls harsche Kritik – auch aus den Ländern der beteiligten Clubs. "Diese zwölf Vereine haben mit dieser Ankündigung eine riesige Granate auf den Sport geworfen, und die Premier League sollte mit einer eigenen Granate reagieren und sagen: „Okay, ihr werdet von der nächsten Saison an aus der Premier League verbannt“, sagte etwa der ehemalige englische Stürmerstar Alan Shearer. Der britische Premierminister Boris Johnson unterstützte die Forderung und bezeichnete den Plan als „schädlich“.

In England sorgte die Ankündigung der sechs Topclubs, an der neuen Liga teilzunehmen, bei deren Anhängern nicht für Begeisterung, sondern für Enttäuschung und Empörung. Die Fanorganisation Chelsea Supporters’ Trust sprach von „unverzeihlichen“ Plänen, die von Gier getrieben seien. „Unsere Mitglieder und Fußballfans weltweit haben den ultimativen Verrat erlebt“, teilte die Vereinigung mit. Die Dachorganisation der Tottenham-Anhänger sprach von einem „Verrat am Verein“. „Die Zukunft unseres Clubs steht auf dem Spiel.“ Spirit of Shankly, eine Fangruppe von Meister Liverpool, betonte, die Clubeigner der Fenway Sports Group hätten die Fans in ihrem „unerbittlichen und gierigen Streben nach Geld ignoriert. Fußball gehört uns, nicht ihnen.“

Manchester City’s Raheem Sterlingund Real Madrid’s Casemiro und Toni Kroos bei einem UEFA Champions League Spiel in England
APA/AFP/Shaun Botterill
Dass Real Madrid (in Rosa) und Manchester City künftig ihr eigenes Süppchen kochen wollen, stößt auf harsche Kritik

Aus Deutschland, wo Bayern München und Borussia Dortmund der Einladung zur Superliga nicht folgten, kamen ebenfalls wenig freundliche Worte. „Eine geschlossene Gesellschaft ist ein Verbrechen am Fußball“, wurde der ehemalige deutsche Teamchef und jetzige Manager von Bayer Leverkusen, Rudi Völler, in der „Bild“-Zeitung zitiert. Vor allem die Teilnahme des FC Liverpool empfand der ehemalige Torjäger als Affront vor allem gegenüber den eigenen Fans: „Für einen Klub, bei dem die Fans „You’ll never walk alone“ singen, ist das beschämend.“ Der ehemalige Weltfußballer Luis Figo aus Portugal nannte das Vorgehen einen „gierigen und gefühllosen Schritt.“

Ablehnung auch in Österreich

Viel anfangen kann man mit den Plänen der zwölf Vereine auch in Österreich nicht. Jesse Marsch, Trainer von Serienmeister Red Bull Salzburg, sprach sich deutlich gegen die geplante Superliga aus. „Wenn die Motivation im Sport nur über Geld ist, finde ich das schade. Das ist traurig für Sportler, für Fans, für alle. Ich glaube, dass viele dieser Vereine genug Geld haben“, sagte der US-Amerikaner am Montag.

Marsch zog einen Vergleich zur Weltmeisterschaft. „Wenn wir sagen, dass die WM nur mit Argentinien, Brasilien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien und England gespielt wird – das ist nicht so interessant für uns als Fans“, sagte er. „Für mich ist David gegen Goliath immer ein Thema im europäischen Fußball.“ Der Amerikaner sprach sich auch dezidiert für eine Beibehaltung des aktuellen CL-Formats aus: „Das aktuelle Champions-League-Format ist derzeit sehr, sehr stark und sehr gut für alle.“

In Sachen Superliga stieß Austria Wiens Noch-Coach Peter Stöger ins gleiche Horn wie Marsch. Der Wiener merkte an, dass ähnliche Konstrukte schon länger im Raum stünden. Sein Gefühl „aus dem Bauch heraus“ sei aber kein gutes. „Allgemein ist alles bedenklich, was die Schere im sozialen und wirtschaftlichen Bereich weiter auseinandergehen lässt. In dem Bereich bewegt es sich meiner Einschätzung nach“, sagte der ehemalige Köln- und Dortmund-Trainer.

Reform bleibt auf Schiene

Ungeachtet der Pläne der zwölf zieht die UEFA ihre geplante Reform der Champions League durch. Am Montag beschloss die UEFA die neuen Regelungen. Ab der Saison 2024/25 sollen 36 statt bisher 32 Teams an der Gruppenphase teilnehmen. Zudem soll deutlich mehr Spiele geben. Zwei der vier neuen Plätze sollen aber nicht mehr wie bisher üblich auf Basis von Leistungen aus der vergangenen Saison vergeben. Stattdessen wären dafür die Platzierungen der Vereine in der Fünfjahreswertung der UEFA ausschlaggebend.

Zudem soll in der Champions League ab 2024 nicht mehr wie zuletzt gewohnt in acht Gruppen gespielt werden. Stattdessen soll es eine einzige Liga geben, in der aber nicht jeder gegen jeden antritt. Mit dem neuen Modus würde jedes Team zehn statt bisher sechs Gruppenspiele bestreiten. Laut Hans-Joachim Watzke, seines Zeichens Geschäftsführer von Borussia Dortmund würden auch die Mitglieder der Europäischen Clubvereinigung (ECA) diese Pläne unterstützen. Der Beschluss der ECA besage, „dass die Clubs die geplante Reform der UEFA Champions League umsetzen wollen“, sagte Watzke.

Zeichen stehen auf Sturm

So oder so dürfte die Auseinandersetzung auch die Gerichte beschäftigen. Denn die Gründungsmitglieder der „Super League“, die laut den zwölf Clubs keine Konkurrenzveranstaltung zur Champions League sein, sondern parallel dazu ablaufen soll – haben der Nachrichtenagentur AP zufolge bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die internationalen Verbände UEFA und FIFA an einer Einmischung bei ihrem Vorhaben zu hindern. „Es ist eine große Bedrohung, die ich aufziehen sehe, ein Krieg, wenn Sie so wollen, der großen Clubs“, sagte daher auch ein besorgter Southampton-Trainer Ralph Hasenhüttl.

Der europäische Kontinentalverband erklärte seinerseits bereits, auch vor juristischen Maßnahmen nicht zurückzuschrecken. Und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin drohte den Spielern der Clubs unverhohlen mit Konsequenzen. „Die Spieler, die in diesen Teams spielen, die vielleicht in einer geschlossenen Liga spielen, werden von der Weltmeisterschaft und Europameisterschaft ausgeschlossen“, sagte der Slowene am Montag. Wann das geschehen werde, ließ Ceferin allerdings noch offen. Es sei „zu früh“, um über rechtliche Konsequenzen zu sprechen. Es solle aber „so früh wie möglich“ geschehen.

Walisischer Club sagt ab

In manchen Teilen Fußballeuropas wurde der Plan einer „Super League“ mit Humor aufgenommen. So lud etwa der russische Spitzenclub Spartak Moskau Anhänger der zwölf Clubs ein, ihn zu unterstützen, sollte ihnen die Lust an ihrem bisherigen Verein vergangen sein. „Wenn ihr einen Club zum Anfeuern braucht, wir sind immer für euch da“, twitterte der zwölffache sowjetische und zehnmalige russische Meister.

Zum Renner auf Social Media wurde auch die Ankündigung des walisischen Clubs Wrexham, an dem seit Kurzem die Hollywood-Schauspieler Ryan Reynolds und Rob McElhenney als Besitzer beteiligt sind, an der „Super League“ nicht teilzunehmen. „Obwohl der Club zuletzt zweimal 4:0 gewonnen hat, wird er nicht um Aufnahme in der Super League ansuchen. Der Verein verzichtet auch auf jeden weiteren Kommentar“, richtete der Club, der in der fünften englischen Liga spielt, den zwölf Superligisten, die noch acht weitere Teilnehmer suchen, aus.