Wolfsburg-Trainer Oliver Glasner
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Fußball

Glasner-Abschied nimmt Formen an

Noch ist die aktuelle Saison in der deutschen Bundesliga nicht zu Ende, doch für die kommende Spielzeit ist schon jetzt klar: Kein Stein bleibt auf dem anderen. Das betrifft in erster Linie die Trainer der Topclubs, die an der Tabellenspitze für ein seltenes Schauspiel sorgen. Einzig die Zukunft von Oliver Glasner ist noch offen, doch auch der Abschied des 46-Jährigen aus Wolfsburg nimmt Formen an.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die aktuell ersten sieben Teams in der deutschen Bundesliga allesamt zur neuen Saison neue Trainer haben werden. Bei sechs ist es schon Gewissheit: Julian Nagelsmann übernimmt nach dem Abschied von Hansi Flick Fast-Meister Bayern München, Salzburg-Coach Jesse Marsch folgt ihm bei RB Leipzig.

Eintracht Frankfurt ist auf der Suche nach einem Nachfolger für Adi Hütter, der sich für einen Wechsel zu Borussia Mönchengladbach entschieden hat. Denn Borussia Dortmund brachte alles mit der Verpflichtung von Gladbachs Marco Rose ins Rollen. Bayer Leverkusen holte schon im März auf Leihbasis Hannes Wolf vom Deutschen Fußballbund, zur neuen Saison könnte wieder ein neuer Besen kehren.

Frankfurt-Trainer Adi Hütter
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Nach drei Jahren in Frankfurt zieht es Hütter im Sommer nach Mönchengladbach weiter

Bleibt der VfL Wolfsburg, wo sich in den vergangenen Wochen die Anzeichen verdichtet haben, dass Glasner seine Zelte abbrechen wird. Der 46-Jährige könnte nun wiederum nach Frankfurt (oder eben auch Leverkusen) wechseln und das deutsche „Trainer-Domino“ fortsetzen.

Mehreren Medienberichten zufolge ist Glasner der Favorit auf die vakante Position in Frankfurt, wo Markus Krösche zuletzt als Vorstand Sport angeheuert hat – beide kennen die Red-Bull-Fußballschule gut und könnten in der Bankenmetropole gemeinsame Sache machen.

Erst Hütter, nun wohl auch Glasner

Mit Glasner und Hütter haben zwei Österreicher in Deutschland für Furore gesorgt, ihre Clubs liegen überraschend in den Champions-League-Rängen. Für Gladbachs Sportchef Max Eberl war Hütter nach dem angekündigten Abgang von Rose der Wunschkandidat für die Nachfolge, sein Club zahlt die im Vertrag verankerte Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro für den Vorarlberger. Bis zu Nagelsmanns Wechsel (kolportiert wurden an die 25 Millionen Euro) war das Rekord.

Hütter hielt sich hinsichtlich seiner Gründe für den überraschenden Wechsel – Frankfurt hat schließlich gute Chancen auf die „Königsklasse“, Gladbach kämpft noch um die Europacup-Plätze – vorerst bedeckt. Der Umbruch bei der Eintracht, Sportvorstand Fredi Bobic wechselt im Sommer zu Hertha BSC, dürfte wie die Perspektive einer von mehreren Gründen sein.

Bobic-Nachfolger Krösche kommt aus Leipzig an den Main und könnte Glasner zum Club lotsen. Medienberichten zufolge verfügt der frühere LASK-Trainer ebenfalls über eine Ausstiegsklausel im Vertrag bis 2022, die bis 15. Mai gezogen werden muss. Mittlerweile scheint aber auch eine Vertragsauflösung zu passenden, finanziellen Konditionen für alle Seiten nicht mehr unrealistisch, denn in den vergangenen Wochen kühlte das Arbeitsverhältnis merklich ab.

Glasners Gründe sind vielschichtig

Der Riedauer führte Wolfsburg in die CL-Ränge, drei Runden vor Schluss beträgt der Vorsprung auf den Fünften Dortmund nur noch zwei Punkte. Doch ein Bekenntnis, über die Saison zu bleiben, kam ihm nie über die Lippen. Diesbezügliche Nachfragen kommentierte er süffisant: „So wie Adi Hütter?“ Der hatte im Februar seinen Verbleib in Frankfurt verlautet, Wochen später kam es bekanntlich anders.

Die Gründe für einen wahrscheinlichen Abschied sind vielschichtig. Zum einen: Das Verhältnis mit Sportgeschäftsführer Jörg Schmadtke scheint zerrüttet. Der Trainer prangerte im Herbst die Transferpolitik öffentlich an, seither soll es keinen Kontakt mehr gegeben haben. Schmadtke, in den 1990er Jahren Torwart im Oberhaus, hatte sich schon vor Jahren mit Trainer Peter Stöger beim 1. FC Köln überworfen.

Zudem soll die Distanz zur in Österreich verbliebenen Familie dazu führen, dass Glasner einen Ortswechsel anstrebt. Die Flugverbindung Frankfurt – Linz würde dafür sprechen, so die Spekulationen. Eine Rückkehr nach Salzburg, wo die Coachingkarriere Glasners als „Ko“ begann, soll auch Thema gewesen sein. Österreichs Meister wird aber nun ab Sommer vom erst 33-jährigen Matthias Jaissle trainiert.

An der Hotelbar mit Flick

Egal, wofür sich Glasner, der auch das Interesse aus London auf sich gezogen haben soll (Tottenham, Anm.), entscheidet: Alles andere als ein Abschied aus Wolfsburg wäre mittlerweile eine Überraschung. Der Erfolgstrainer ist bereits zurück ins Hotel gezogen, dort traf er vor wenigen Wochen auf Noch-Bayern-Coach Flick bei dessen Gastspiel.

Die beiden Trainer Hans-Dieter Flick und Oliver Glasner
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An einer Hotelbar haben sich Flick und Glasner vor wenigen Wochen stundenlang ausgetauscht

„Ich habe es genossen, mich mit so einem Fachmann zu unterhalten“, sagte der Bayern-Coach wohlgemerkt. Flick, der in der Poleposition für die Nachfolge von Joachim Löw als Bundestrainer steht, bezeichnete Glasner vor dem Duell in Wolfsburg als „herausragenden Trainer“. Tags darauf gab Flick übrigens seinen Abschied aus München bekannt.

Liga der Red-Bull-Trainer

Unabhängig davon, wo Glasner letztlich landet, steht auch fest, dass Österreich nicht nur mit Spielern (kein Land stellt mehr Legionäre, Anm.), sondern auch mit den Trainern Einfluss auf die deutsche Bundesliga nimmt. Das ist natürlich vor allem dem Serienmeister aus Salzburg geschuldet, wo Marsch noch arbeitet und seine Vorgänger Hütter und Rose hießen. Glasner startete seine Karriere als Kotrainer an der Salzach – übrigens arbeitete auch Flick als solcher schon dort.

Mit Bo Svensson kam der neue Mainz-Trainer erst in dieser Saison aus Liefering, und es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn der künftige Salzburg-Trainer Jaissle – mit 33 Jahren noch sehr jung – früher oder später auch als Trainer den Sprung in die deutsche Bundesliga schafft.