Dortmund Spieler Erling Braut Haaland schaut missmutig
APA/AFP/Ina Fassbender
Fußball

Haaland eröffnet Tauziehen um Transfer

Bei Borussia Dortmund könnte man sich nach dem jüngsten Ergebnis in der deutschen Bundesliga entspannt auf die kommende Aufgabe namens Pokal-Achtelfinale am Dienstag beim FC St. Pauli konzentrieren. Wäre da nicht Torjäger Erling Haaland, der unmittelbar nach dem 5:1-Kantersieg gegen Freiburg im norwegischen TV die Vereinsspitze scharf kritisierte und ein öffentliches Tauziehen um einen Transfer eröffnete. Bei Dortmund versucht man zu kalmieren, doch das gestörte Verhältnis ist offensichtlich.

„Die letzten sechs Monate habe ich beschlossen, aus Respekt vor Dortmund nichts zu sagen. Nun hat der Club begonnen, mich zu drängen, eine Entscheidung zu treffen. Aber alles, was ich will, ist Fußball spielen“, machte der 21-Jährige, dessen Stern einst in Salzburg aufgegangen war, am Samstag nach zwei Treffern gegen Freiburg seinem Unmut über die Forderung der Clubspitze, bis März seine Zukunft zu klären, Luft. „Sie wollen eine Antwort. Es ist also an der Zeit, die Dinge in Angriff zu nehmen. Es bedeutet, dass nun etwas passieren wird“, sagte Haaland.

Aufgrund einer Ausstiegsklausel kann Haaland Borussia Dortmund trotz eines bis 2024 laufenden Vertrags heuer im Sommer für 75 Millionen Euro Ablöse verlassen. Dass nach den Aussagen des Norwegers die im Jänner anstehenden ersten Gespräche zwischen Haaland, seinem Berater Mino Raiola und Dortmund in entspannter Atmosphäre stattfinden werden, darf bezweifelt werden. Eine Entscheidung will Haaland aber nicht übers Knie brechen. Man sei als Mannschaft gerade in einer „schwierigen Phase. Ich will mich auf Fußball konzentrieren. Denn dann bin ich am besten. Nicht, wenn mir andere Dinge durch den Kopf gehen.“

Freiburgs Nicolas Hoefler und Dortmunds Erling Braut Haaland im Zweikampf
APA/AFP/Ina Fassbender
Gegen Freiburg erzielte Haaland (r.) nicht nur zwei Tore für die Schwarz-Gelben, sondern schoss auch nach dem Spiel scharf

Wie sehr das Thema Haalands Nerven strapaziert, zeigte auch ein für den 21-Jährigen ungewohnter Ausraster vor zwei Wochen beim 2:2 gegen Eintracht Frankfurt. Als Haaland nach dem späten Dortmunder Ausgleich von ÖFB-Teamspieler Martin Hinteregger geschubst wurde, beschimpfte der Norweger den Kärntner laut hörbar mit den wenig druckreifen Worten: „Fuck you idiot! Fucking idiot!“ In der Nachspielzeit legte sich Haaland auch noch mit Frankfurts Doppeltorschütze Rafael Borre an. Nachdem er von ihm mehrmals getreten worden war, stellte sich der 21-jährige Norweger vor Borre auf, schlug erst mit Fäusten auf seine Brust und griff sich dann zwischen die Beine.

Planungssicherheit notwendig

Bei Borussia Dortmund reagierte man zwar irritiert auf Haalands laut „Bild“-Zeitung „Wut-Interview“ mit dem ehemaligen Rapidler Jan-Age Fjörtoft, versuchte aber auch die Sache nicht weiter aufzubauschen. „Es gibt keine Probleme mit ihm. Er ist jung, er darf das“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der die Hoffnung auf eine vorzeitige Verlängerung mit dem von mehreren europäischen Topclubs von England bis Spanien umworbenen Stürmer nicht aufgegeben hat: „Wenn es so kommt, dass er bleibt, freuen wir uns sehr.“

Den Vorwurf Haalands, unter Druck gesetzt zu werden, hält man bei Dortmund aber für übertrieben: „Es gibt aktuell weder Gespräche noch Termine, daher kann ich das nicht nachvollziehen“, sagte Watzke. Der Borussia-Boss räumte allerdings ein, dass der Verein aus Gründen der Planungssicherheit nicht bis etwa Mai warten könne: „Das wird ihm auch einleuchten. Dass man irgendwann mal über die Zukunft spricht, muss er als Profi auch verstehen.“

Ähnlich reagierte auch der langjährige Kapitän und nunmehrige Sportdirektor Michael Zorc zum Vorwurf der Fristensetzung. „Klar ist aber auch, dass wir nicht erst im Sommer wissen wollen, wie seine Entscheidung ausfällt“, so Zorc. Sein designierter Nachfolger Sebastian Kehl schlug in die gleiche Kerbe: „Weil er so wichtig für uns ist, muss ab einem gewissen Punkt für uns Planungssicherheit herrschen. Wie soll ich denn bitte schön meine Kaderplanung vorantreiben, wie wir einen Erling Haaland ersetzen können, wenn wir nicht zu einem gewissen Zeitpunkt eine Tendenz mitbekommen, möchte der Spieler noch bei Borussia Dortmund bleiben oder nicht. Das ist einfach legitim, das ist super professionell.“

Dortmund-Trainer bleibt gelassen

Haalands Trainer Marko Rose zeigte jedenfalls vor dem Cupduell im Hamburger Millerntor Stadion von St. Pauli wenig Sorge, dass sich die jüngste Aufregung um den Dortmunder Torjäger Erling Haaland negativ auf die Leistung seines Teams auswirken könnte. „Für uns ist das kein großes Thema. Diese Situation ist ja nicht neu, dass ständig spekuliert wird. Dementsprechend bin ich da tiefenentspannt“, sagte der ehemalige Salzburg-Trainer.

Für Rose werde das Thema künstlich hochgekocht, weil es sich um einen derart begehrten Stürmer handle: „Dass das Thema so groß gemacht wird, hat mit der medialen Berichterstattung zu tun. Ich habe mit Erling gestern gesprochen – über Fußball. Das ist das Einzige, was mich interessiert. Er freut sich auf das Pokalspiel.“ Gegen St. Pauli wird Rose auch einen voll konzentrierten Haaland benötigen. Denn der Kiez-Club war im Kalenderjahr 2021 mit 75 Punkten in 40 Spielen die Mannschaft des Jahres in der zweiten Liga – und liegt als Erster auf Aufstiegskurs. Großen Anteil daran hat ein anderer, wenn auch nicht ganz so prominenter Torjäger: Ex-ÖFB-Teamkicker Guido Burgstaller traf für St. Pauli heuer in 21 Pflichtspielen bisher 16-mal.