Brian Flores
AP/Wilfredo Lee
NFL

Ex-Coach erhebt in Klage schwere Vorwürfe

Knapp zwei Wochen vor der Super Bowl in Los Angeles sieht sich die National Football League (NFL) mit einer Klage wegen Diskriminierung konfrontiert. Brian Flores, erst vor Kurzem von den Miami Dolphins entlassen, verlangt von der Liga und drei Teams Schadenersatz wegen Rassismus. In der Klageschrift wirft der 40-Jährige zudem dem Besitzer seines letzten Arbeitgebers Miami offen Anstiftung zum Sportbetrug vor.

Flores, neben Mike Tomlin von den Pittsburgh Steelers vergangene Saison der einzige afroamerikanische Headcoach unter den 32 Teams, richtet seine Forderungen nicht nur gegen die NFL, sondern auch gegen die New York Giants, die Denver Broncos und eben Miami. Die Dolphins hatten den Trainer nach Ende des Grunddurchgangs und dem neuerlichen Verpassen des Play-offs nach drei Jahren entlassen.

Der Ex-Coach beschuldigt die Liga und die Teams, dass er selbst sowie andere Schwarze bei der Besetzung von Trainerstellen diskriminiert wurden. Die NFL sei „in entscheidenden Punkten“ nach Hautfarben getrennt „und wie eine Plantage verwaltet“, heißt es in der Klage. Flores sagte, er sei sich bewusst, dass er durch die Klage womöglich nie mehr als Trainer in der NFL arbeiten werde. Er hoffe aber, dass sich ihm andere Leute anschließen, um das Leben zukünftiger Generationen einfacher zu machen.

Symbolisches Interview mit Giants

Auslöser für die Klage war ein geplantes Interview von Flores für den vakanten Posten des Cheftrainers bei den New York Giants. Durch mehrere SMS mit seinem ehemaligen Chef bei den New England Patriots, Bill Belichick, kam Flores zu der Erkenntnis, dass die Giants bereits vor dem Gespräch mit ihm Brian Daboll als neuen Coach verpflichtet hatten. Das Jobinterview mit Flores hätte daher nur einen symbolischen Charakter gehabt, um der „Rooney Rule“ der NFL zu genügen. „Ich habe hart dafür gearbeitet, um dorthin zu kommen, wo ich bin. Die Einladung zu einem Pseudointerview hat wehgetan“, so Flores.

Mike Tomlin und Brian Flores
APA/AFP/Getty Images/Joe Sargent
Tomlin (l.) und Flores (r.) waren vergangene Saison die einzigen beiden afroamerikanischen Cheftrainer

Die nach dem ehemaligen Besitzer der Pittsburgh Steelers, Dan Rooney, benannte Regel verpflichtet die Teams, bei offenen Cheftrainerstellen mindestens zwei Kandidaten zu interviewen, die einer gesellschaftlichen Minderheit angehören. Seit der Einführung der Regel 2003 wurden von 127 Cheftrainerposten allerdings nur 27 mit Angehörigen einer Minderheit besetzt. Aktuell ist Mike Tomlin bei den Steelers der einzige nicht weiße Coach.

Prämie für absichtliches Verlieren

Flores wies in einem Interview mit dem TV-Sender „CBS“ darauf hin, dass es ihm mit seiner Klage vor allem um eine Änderung der diskriminierenden Personalpolitik der NFL gehe. „Wir müssen die Herzen und Einstellungen ändern“, so der 40-Jährige. „Es geht darum, die gängige Praxis in der NFL zu ändern.“ Dazu sei ihm mit seiner Klage auch die „Integrität des Spiels“ ein Anliegen, so Flores.

Der aktuell arbeitslose Coach geht in Sachen Integrität auch hart mit seinem ehemaligen Boss Stephen Ross ins Gericht. Der Besitzer der Miami Dolphins soll Flores 2019 für jede Niederlage 100.000 Dollar geboten zu haben, damit sein Team im kommenden Draft weit vorne zum Zug kommt. Er habe sich jedoch geweigert, absichtlich zu verlieren, so Flores. Danach sei er als der „wütende Schwarze“, mit dem man nicht zusammenarbeiten kann, klassifiziert und schließlich nach dieser Saison trotz einer positiven Bilanz entlassen worden.

Flores nimmt Risiko in Kauf

Die NFL wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme wenig überraschend zurück. Vielfalt sei der Kern von allem, was die Liga tue. Auch der vierfache Super-Bowl-Champion New York Giants wies den Vorwurf eines Pseudointerviews zurück. „Wir sind mit dem Prozess, der zur Verpflichtung von Brian Daboll geführt hat, sehr zufrieden. Wir haben mit vielen verschiedenen und beeindruckenden Kandidaten gesprochen und sie in Erwägung gezogen, und Brian Flores war bis zum Schluss in der engeren Auswahl“, hieß es von Giants-Seite.

Flores, der auch Gespräche mit den Houston Texans und New Orleans Saints hinter sich hat, ist sich durchaus bewusst, dass seine Klage das Ende seiner Tätigkeit in der NFL sein könnte. Dennoch ist der Trainer bereit, dieses Risiko einzugehen: "Ich hoffe, dass durch mein Aufstehen gegen den systematischen Rassismus in der NFL andere dazu bewegt werden, sich anzuschließen, damit wir eine positive Änderung für kommende Generationen erreichen.