„Dass die Offensive einen Weg findet und Aaron (Donald, Verteidiger, Anm.) das Spiel beendet, ist einfach poetisch“, sagte Head-Coach Sean McVay auf dem Podium nach dem Krimi gegen das Überraschungsteam aus Ohio. Den Bengals um Jungstar Joe Burrow fehlte am Ende nicht viel, um den Premierentitel einzuheimsen. Doch die Offensive Line, die am Ende sieben Sacks zuließ (Super-Bowl-Negativrekord, Anm.), erwies sich wie erwartet als Achillesferse gegen die Stars aus Los Angeles.
Donald brachte Burrow zu Fall und beendete die letzte Angriffsserie der Bengals, die 1:25 Minuten vor Schluss ihre Führung verloren hatten. Der dreimal zum besten Verteidiger der Liga auserwählte Spieler deutete auf seinen Finger – in naher Zukunft wird ihn ein Super-Bowl-Ring zieren. „Du musst unerbittlich sein“, sagte der 30-Jährige, der siebenmal in Folge in die Pro Bowl gewählt wurde . „Wenn du etwas unbedingt willst, musst du es dir holen. Und es lag direkt vor uns“, sagte Donald, der möglicherweise seine Karriere beenden wird.
Die Rams hatten seit Jahren alles in Bewegung gesetzt, um den Titel nach Los Angeles zu holen. Man verzichtete auf den klassischen Aufbau durch den Draft und holte lieber ehrgeizige Starspieler. Deswegen hat man von 2016 bis 2023 auch keinen Pick in der ersten Runde der Talenteauswahl. In Folge des 2019 verlorenen Finales gegen die New England Patriots (3:13) und zwei weiteren Saisonen ohne Titel kam man zur Einsicht, dass mit Quarterback Jared Goff nichts zu holen sein wird, und gab 2021 zwei Erstrundenpicks für Matthew Stafford ab.
Staffords Verpflichtung zahlt sich aus
Der 34-Jährige war 2009 als Erster von den Detroit Lions gedraftet worden, doch beim Nachzügler gelang es nicht, nachhaltig um Stafford etwas aufzubauen. Nach zwölf Jahren und ohne Sieg in den Play-offs zog der Spielmacher nach Los Angeles und half beim Coup kräftig mit.
Das war speziell in den letzten Minuten der Super Bowl ersichtlich. Zu diesem Zeitpunkt fehlten Stafford schon wesentliche Offensivwaffen, darunter Wide Receiver Odell Beckham jr., der nach einer herausragenden ersten Hälfte mit einem Kreuzbandriss ausschied.
Zu seinem Glück hatte er aber noch Cooper Kupp, den erfolgreichsten Receiver der Regular Season, und gemeinsam bewegten sie den Ball bis in die Endzone.
„Sie waren da, als Großartigkeit erforderlich war“
„Das ist einfach harte Arbeit, viele gemeinsame Stunden“, erklärte Stafford die Angriffsserie über 79 Yards und blieb ebenso bescheiden wie sein Kompagnon. Kupp wurde als wertvollster Spieler der Super Bowl ausgezeichnet, verzichtete aber auf große Töne. „Es fühlt sich gar nicht so an, als hätte ich das verdient“, sagte der 28-Jährige. Head-Coach Sean McVay brachte es für seine Schlüsselspieler auf den Punkt: „Sie waren einfach zur Stelle, als Großartigkeit erforderlich war.“
So viele Stars (Stafford, Beckham jr., Von Miller, Jalen Ramsey) sie auch nach Los Angeles gebracht hatten, am Ende entschieden mit Kupp und Donald zwei selbst gedraftete Spieler die Partie zugunsten der Rams.
McVay jüngster Head-Coach mit Super-Bowl-Sieg
Einen großen Anteil daran hatte auch McVay, der mit 36 Jahren und 20 Tagen Mike Tomlin von den Pittsburgh Steelers als jüngsten Head-Coach, der eine Super Bowl gewinnen konnte, ablöste. Gemeinsam mit General Manager Les Snead ging McVay einen einzigartigen Weg in der NFL, sketpische Seitenblicke störten den energiegeladenen Trainer nicht. „Es gibt eine Formel für vieles, das wir hinter den Kulissen machen. Es gibt eine Vision, und wir denken, dass die für uns passt. Das ist wohl nicht für jeden etwas“, hatte McVay schon früher angemerkt.
Am Ende hatte sich der Poker ausgezahlt. Die Rams holten nicht nur den Titel, sondern feierten ihn auch noch im eigenen Stadion. Die ersten 54 Jahre in der Super-Bowl-Geschichte schaffte es kein einziges Team ins Finale im eigenen Stadion, nun gewannen nach den Tampa Bay Buccaneers 2021 auch die Los Angeles Rams 2022 „dahoam“.
Eigentümer Stan Kroenke, der die Rams 2016 von St. Louis zurück an die Westküste holte und einen Stadionkomplex im Wert von fünf Milliarden Dollar bauen ließ, sagte mit der Trophäe in der Hand: „Ich denke, es hat sich als richtig herausgestellt. Es ist einfach großartig für die Stadt Los Angeles.“ Die zweitgrößte Stadt der USA hat nun erstmals seit 1984 (Raiders, Anm.) wieder einen Super-Bowl-Champion. Am Mittwoch wird das mit einer Siegesparade noch einmal gefeiert.