Jubel der Real-Madrid-Spieler nach dem Sieg über Manchester City
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Champions League

Real schafft nächstes „Wunder von Madrid“

Real Madrid hat in den Heimpartien der K.-o.-Phase dieser Champions-League-Saison ausnahmslos Dramen mit Happy End abgeliefert. Den Höhepunkt des Dreiakters gab es Mittwochabend zu bestaunen, als der spanische Rekordmeister im Halbfinal-Rückspiel gegen Manchester City bis zur 90. Minute scheinbar aussichtslos mit einem Gesamtscore von 3:5 zurücklag und doch noch den Aufstieg schaffte. Ähnliche Comebacks waren Real bereits zuvor gegen Paris Saint-Germain und Titelverteidiger Chelsea gelungen.

Im Duell mit ManCity schlug „Joker“ Rodrygo im Finish der regulären Spielzeit zweimal zu und brachte die „Königlichen“ in die Verlängerung, wo es dem in den vergangenen Monaten überragenden Karim Benzema vorbehalten war, sein Team zum 3:1 und damit ins Endspiel am 28. Mai in Paris gegen Liverpool zu schießen. Nach dem Schlusspfiff brachen im Estadio Santiago Bernabeu alle Dämme, Spieler und Trainerstab lagen einander in den Armen und ließen sich vom frenetischen Publikum feiern.

Mittendrin war David Alaba, der wegen Muskelproblemen auf der Bank mitgefiebert hatte. Aufgrund seiner Blessur ließ es der Wiener bei den Jubelsprints in die Fankurven etwas langsamer angehen, inmitten der Freudentänze fand der ÖFB-Star aber auch Zeit, um die ManCity-Profis zu trösten. Dazu gab es eine innige Umarmung mit Josep Guardiola, seinem ehemaligen Trainer bei Bayern München.

„Das ist geisteskrank“

„Glauben kann man es irgendwie nicht, aber wundern kann man sich auch nicht. Ich habe immer wieder betont, wozu wir fähig sind, das haben wir diese Saison gezeigt, wir haben uns nie aus der Ruhe bringen lassen. Was die Mannschaft geleistet hat, wie sie zurückgekommen ist, das ist geisteskrank“, erklärte Alaba.

Der 29-Jährige berichtete am späten Mittwochabend von „puren Emotionen“ und „purer Erleichterung“, hob den „speziellen Charakter“ der Real-Mannschaft hervor. Vor dem Finalgegner zeigte er großen Respekt. „Wir wissen, welche Saison Liverpool spielt, es wird alles andere als eine leichte Aufgabe, dessen sind wir uns bewusst.“

Manchester-City-Trainer Josep Guardiola mit Ilkay Gundogan, im Hintergrund David Alaba (Real Madrid)
APA/AFP/Javier Soriano
David Alaba spendete den ManCity-Spielern und seinem Ex-Trainer Josep Guardiola nach dem Spiel Trost für die bittere Niederlage

Titel Nummer 14 im Visier

Auf ihrer letzten Ehrenrunde streiften sich Alaba und seine Clubkollegen weiße Leiberl mit der Rückennummer 14 über. Rekordsieger Real hat bisher 13 Triumphe in der UEFA Champions League bzw. im Vorgängerbewerb Meistercup gefeiert, der 14. soll in gut drei Wochen im Stade de France folgen.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht – zwar gilt Liverpool derzeit als stärkste Mannschaft Europas, allerdings wartet auf die „Reds“ noch der nervenaufreibende Titelkampf in der Premier League gegen ManCity und das FA-Cup-Finale gegen Chelsea. Real hingegen hat die Meisterschaft schon unter Dach und Fach und kann es in den letzten vier Runden der spanischen Liga ruhig angehen.

Alaba hofft auf dritten Finaleinsatz

Auch Alaba wird in nächster Zeit wohl kein Risiko eingehen, um seine Genesung bis 28. Mai nicht zu gefährden. „Ich werde den Muskel auskurieren und mich so gut es geht auf das Finale vorbereiten.“ Sollte der Österreicher fit werden, würde er sein drittes CL-Finale bestreiten. Seine beiden bisherigen Endspiele 2013 und 2020 hat er mit den Bayern gewonnen. 2010 war Alaba zwar im Semifinale im Einsatz, stand dann aber im Finale nicht im Kader. 2012 fehlte er wegen einer Sperre. Beide Matches gingen für die Münchner verloren.

Nun fehlt Alaba noch ein Schritt, um auch mit Real den begehrtesten Clubtitel zu holen. Für die Madrilenen wäre es der erste Triumph seit 2018 und der fünfte in den vergangenen neun Jahren. So weit wollte man beim „weißen Ballett“ am Mittwoch aber noch nicht denken, man genoss lieber den Augenblick. „Das war eine fantastische Nacht“, frohlockte Trainer Carlo Ancelotti.

Benzema zieht mit Lewandowski gleich

Seine Truppe lag im Achtelfinale gegen Paris bereits 0:2 zurück, setzte sich dann noch 2:3 durch. Im Viertelfinale gegen Chelsea rettete man sich ebenfalls im Bernabeu durch ein Rodrygo-Tor in der 80. Minute in die Verlängerung, wo schließlich Benzema entscheidend zuschlug. Der Franzose hält nunmehr bei 86 CL-Toren und zog damit in der Rangliste mit Robert Lewandowski gleich. Vor dem Duo liegen nur Cristiano Ronaldo (140) und Lionel Messi (125). In der laufenden Saison brachte es Benzema auf 15 Treffer, gleich zehn davon in der K.-o.-Phase.

Jubel von Karim Benzema (Real Madrid)
AP/Bernat Armangue
Nach dem Schlusspfiff war der Jubel bei Siegestorschützen Karim Benzema und seinen Kollegen grenzenlos

Vor allem dank des 34-Jährigen konnte Real immer wieder ein sicher scheinendes Ausscheiden abwenden. „Wir waren in dieser K.-o.-Phase gefühlt schon 26-mal raus und haben uns 26-mal zurückgekämpft. Es ist schwer zu erklären, was da in den letzten Minuten manchmal passiert, auch für mich“, sagte Mittelfeldspieler Toni Kroos.

Ancelotti dankt Spielern und Fans

Ancelotti fand Gründe. „Wir haben uns aufgeopfert, hatten Glück und die nötige Energie“, meinte der Italiener. Doch selbst der Coach war sich nicht ganz sicher, warum seine Mannschaft schon wieder eine spektakuläre Wende hinlegte. „Ich glaube, das passiert durch die Spieler und durch die Fans. Diese treiben uns immer an, nicht nur im Stadion, sondern auch außerhalb, schon Tage vor den Spielen.“

Vor einigen Monaten wurde Real noch nicht zu den Favoriten auf den Titel in der Königsklasse gezählt. „Niemand, wirklich niemand glaubte, dass wir dieses Jahr ein Champions-League-Finale spielen würden. Doch wir sind da“, betonte Ancelotti. Der 62-Jährige ist seit Samstag der erste Trainer, der in Europas fünf Topligen (England, Spanien, Italien, Deutschland, Frankreich) Meister wurde.

Nun wartet auf Ancelotti sein fünftes Champions-League-Finale als Trainer – dieses Kunststück hat ebenfalls noch kein Coach zustande gebracht. Sollte Ancelotti Real zum Sieg führen, wäre es sein vierter Titel, womit er alleiniger Rekordhalter wäre. Lediglich ein CL-Endspiel ging für ihn verloren: 2005 lag er mit dem AC Milan in Istanbul schon 3:0 voran, unterlag dann aber im Elfmeterschießen – gegen Liverpool.

Pressestimmen zum Halbfinal-Rückspiel in Madrid

Spanien:

„Marca“: „Real Madrid schreibt die größte Heldengeschichte, die je erzählt wurde.“

„El Mundo Deportivo“: „Es gibt keine Erklärung für das mit Real Madrid und der Champions League. In der 89. Minute waren die Weißen raus, und in der 95. Minute standen sie im Finale. Ein weiterer wundersamer historischer Abend für Real Madrid im Bernabeu.“

„La Vanguardia“: „Der Mythos des Bernabeu verschlingt auch Guardiolas City.“

„El Mundo“: „Neues Wunder im Bernabeu.“

Großbritannien:

„The Sun“: „Pep Guardiola hat in seinen sechs Jahren als Trainer von Manchester City einige außergewöhnliche Wege gefunden, wichtige Champions-League-Spiele zu verlieren. Aber keines davon machte den ehemaligen Barcelona-Boss annähernd so verrückt wie dieses.“

„Daily Mirror“: „Peps Alptraum! ManCity kapituliert in der Nachspielzeit, während sich Real Madrid den Platz im Champions-League-Finale schnappt.“

„The Times“: „In Madrid aus dem Hinterhalt angegriffen: Zwei verrückte Minuten bringen City in der Nachspielzeit um den Verstand.“

„Daily Mail“: „ManCity zerstört sich selbst in Madrid.“