Circuit Gilles Villeneuve
APA/AFP/Getty Images/Dan Istitene
Formel 1

FIA schreitet bei „Bouncing“ ein

Die Formel 1 gönnt sich und den ramponierten Rücken ihrer Fahrer keine Pause. Nur eine Woche nach dem Rennen in Aserbaidschan steht am Sonntag (20.00 Uhr, live in ORF1) rund 9.000 Kilometer Luftlinie entfernt bereits der neunte Saisonlauf in Kanada an. Auch die Debatte über gesundheitsschädliche Auswirkungen der hüpfenden Autos („Bouncing“) geht in die nächste Runde. Die FIA kündigte erste Maßnahmen an.

Ab sofort verlangt der Motorsportweltverband laut einer Mitteilung vom Donnerstag „im Interesse der Sicherheit“ von den Rennställen, „dieses Phänomen zu reduzieren oder zu beseitigen“. Diese Entscheidung sei nach Rücksprache mit den Ärzten gefallen. Die Teams sollen dafür nun „die notwendigen Anpassungen“ vornehmen. Neben kurzfristigen technischen Maßnahmen an den Autos wird die FIA außerdem ein Treffen mit den Teams einberufen, um weitere Schritte zu definieren, die dafür sorgen sollen, dass die Probleme dauerhaft nicht mehr auftreten können.

„In einer Sportart, in der die Teilnehmer routinemäßig mit Geschwindigkeiten von über 300 km/h fahren, wird davon ausgegangen, dass die gesamte Konzentration eines Fahrers auf diese Aufgabe gerichtet sein muss“, hieß es. Übermäßige Ermüdung oder Schmerzen eines Fahrers könnten erhebliche Folgen haben. Darüber hinaus habe die FIA „​​Bedenken hinsichtlich der unmittelbaren körperlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Fahrer“.

Reglement-Änderungen in der Formel 1

Nach dem Formel-1-Grand-Prix von Baku haben die Fahrer aufgrund der unkontrolliert hüpfenden Autos vor langfristigen Nacken- und Rückenproblemen gewarnt. Die oberste Motorsportbehörde FIA hat nun darauf reagiert und Änderungen im Reglement angekündigt.

Hamilton litt in Baku besonders

Vor allem Ex-Weltmeister Lewis Hamilton kletterte zuletzt gezeichnet aus seinem Cockpit. Mercedes-Teamchef Toto Wolff äußerte nach dem Aserbaidschan-Rennen sogar Bedenken bezüglich eines Kanada-Einsatzes, doch der siebenfache Weltmeister schloss eine Pause aus und bekam Rückendeckung von einem offenbar einsichtigen Team. Man habe es beim Set-up in Hamiltons Auto in Aserbaidschan zu weit getrieben, sagte Chefstratege James Vowles. „Wir haben jetzt die Verantwortung dafür zu sorgen, dass das nicht so weitergeht.“

Abhilfe bekam Hamilton aber auch durch den Einsatz seiner Trainerin und Physiotherapeutin. „Ich bin für immer dankbar, dass ich Angela Cullen mit dabei habe. Ohne sie wäre ich verloren“, schrieb der Brite auf Instagram. Seit 2016 begleitet und betreut die mittlerweile 47-jährige Neuseeländerin Hamilton nun schon. Mit Dehnübungen jeden Tag und unter anderem auch Akupunktur bereitete sich Hamilton auf das Wochenende vor. „Ich fühle mich viel besser“, schrieb er.

19 von 20 Fahrern sahen Problem

Tatsächlich formulieren immer mehr Piloten ihre gesundheitlichen Bedenken, die wohl auf das unkontrollierbare Heben und Senken der Autos auf den Geraden in dieser Saison zurückzuführen sind. „Die Fahrer haben die Köpfe zusammengesteckt und bis auf einen alle gesagt, dass es ein Problem ist“, sagte zuletzt Wolff. Nur Fernando Alonso macht sich demnach nichts aus dem heftigen Rütteln, das eine Begleiterscheinung der neuen Aerodynamikregeln ist.

Zu hören war zuletzt davon, dass die FIA etwa eine Mindestbodenhöhe vorschreiben könnte. Davon hält Christian Horner naturgemäß nichts. „Es wäre unfair, die zu bestrafen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben“, sagte der Red-Bull-Teamchef. Die anderen Teams könnten ja, so Horner, „eine dickere Bodenplatte draufschrauben, wenn sie wollen, oder das Auto anheben“.

Ferrari kämpft gegen Pechsträhne an

Fünf Rennen in Serie hat das Red-Bull-Team zuletzt gewonnen, gleich vier dieser Siege hat Weltmeister Max Verstappen eingefahren. Während die „Bullen“ also im Hoch sind, geht Ferrari mit einer Pannenserie ins Kanada-Comeback nach drei Jahren Pause. Der Doppelausfall beim Rennen in Baku markierte den vorläufigen Tiefpunkt der jüngsten Formkrise bei der „Scuderia“.

Charles Leclerc
AP/CALSP/James Gasperotti
Nach einem tollen Start in die Saison haben Charles Leclerc und Ferrari zuletzt mit einer gravierenden Pechsträhne zu kämpfen

Viermal nacheinander stellte Charles Leclerc seinen Ferrari zuletzt auf die Poleposition, nie gewann er danach den Grand Prix. Zwei Motorschäden, ein Fahrfehler und das Strategiedesaster von Monaco warfen den 24-Jährigen im Titelrennen auf Platz drei zurück. „Es tut weh, aber ich gebe nie auf“, sagte Leclerc angesichts von 34 Punkten Rückstand. „Wir müssen das Problem beheben und unsere Motoreneinheit stärker für die Zukunft machen“, sagte Teamchef Mattia Binotto.

Die Fans in Montreal schauen dem Comeback freudig entgegen. Die Veranstalter rechneten mit einem ausverkauften Haus. Beim bisher letzten Auftritt der Königsklasse auf dem Circuit Gilles Villeneuve ging es hitzig zu: Sebastian Vettel verlor wegen einer umstrittenen Fünfsekundenstrafe den Sieg an Hamilton. Im Zorn vertauschte er danach die Aufsteller für die Autos des Erst- und Zweitplatzierten und stellte den Einser vor seinen Parkplatz.