ÖFB-Spielerinnen nach dem Spiel
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Fußball-EM

Österreich verkauft sich zum Auftakt teuer

Selten ist eine Niederlage im Fußball verschmerzbar. Das 0:1 des österreichischen Teams zum Auftakt der EM 2022 gegen Gastgeber England fällt jedoch in diese Kategorie. Das Ergebnis war verdient, das Spiel bleibt aber in guter Erinnerung. Das lag vor allem am Rahmen, 68.871 Zuschauer sorgten am Mittwoch in Manchester für einen neuen Rekord.

Sportlich ging Österreich als klarer Außenseiter in die Partie und verkaufte sich zum Auftakt teuer. „Ich bin traurig über das Ergebnis, aber wir können auch stolz sein. England ist Titelmitfavorit und wir haben diesen echt gefordert“, sagte Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil. Teamchefin Irene Fuhrmann teilte diese Ansicht: „Im Großen und Ganzen war es ein couragierter Auftritt, auf den wir aufbauen können.“

Das Ambiente im Old-Trafford-Stadion sollte das Team zusätzlich anspornen. „Es war einfach ein unglaubliches Erlebnis“, betonte Zadrazil. Fuhrmann lobte die „fantastische und faire Atmosphäre“ in der geborgten Heimstätte von Manchester United. Am Montag (18.00 Uhr, live in ORF1) werden im kleineren Rahmen in Southampton gegen Nordirland die Rollen vertauscht sein. „Heute gegen England war es ein Bonusspiel für uns. Gegen Nordirland aber müssen wir einfach gewinnen, wenn wir ins Viertelfinale wollen“, unterstrich Zadrazil.

Österreich verliert Auftaktspiel knapp

Österreichs Fußballnationalteam hat sich zum Auftakt der Europameisterschaft 2022 wacker geschlagen. Die ÖFB-Auswahl verlor das Eröffnungsspiel gegen Mitfavorit und Gastgeber England am Mittwoch mit 0:1. Die Niederlage vor der EM-Rekordkulisse von 68.871 Zuschauern im Old-Trafford-Stadion in Manchester war verdient und trotzdem knapp, denn der entscheidende Abschluss von Beth Mead landete nur Zentimeter hinter der Linie.

Zunächst werde aber das Spiel gegen die „Lionesses“ noch analysiert. Österreich legte dabei in einer 4-1-4-1-Ausrichtung einen guten, weil mutigen Start hin. „Gegen so ein Team muss man Druck ausüben, sonst kommt man selbst unter Druck. England war vielleicht anfangs ein wenig nervös“, erklärte Zadrazil den Gameplan, der zu Beginn perfekt umgesetzt wurde. Doch die Gastgeberinnen erhöhten sukzessive den Druck und trafen schließlich bereits nach 16 Minuten durch Beth Mead.

„Haben gewisse Reife im Team“

„Wir haben das Tor früh bekommen, das hätte dann auch ganz anders ausgehen können. Wir haben aber schon eine gewisse Reife im Team“, betonte ÖFB-Kapitänin Viktoria Schnaderbeck, die rechtzeitig für dieses Highlightspiel ihre Knieprobleme in den Griff bekam. Fuhrmann setzte in der Startelf auf zehn EM-Teilnehmerinnen von 2017, nur Arsenal-Legionärin Laura Wienroither gab ihr EM-Debüt von Beginn an.

Irene Fuhrmann und Viktoria Schnaderbeck
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Fuhrmann gratulierte Schnaderbeck, die nach neuerlichem Knieleiden rechtzeitig ihr Comeback gab

Die Engländerinnen hätten zwar auch höher gewinnen können, am Ende ließ man aber nur noch zwei wirklich größere Chancen zu. Nach dem 0:1 ging der Faden jedoch verloren, wie Zadrazil konstatierte: „Nach dem Gegentor waren wir immer einen Schritt hinterher.“

Offensive bleibt Baustelle

Das besserte sich nach der Pause, allerdings nicht zufriedenstellend. Die Offensive bleibt die Baustelle, dieses Mal war man gegen die starken „Lionesses“ einfach abgemeldet. „Wir sind zu wenig ins Angriffsdrittel gekommen und haben in der ersten Hälfte zu wenig den Raum hinter der Kette attackiert. Da hat uns vielleicht auch die Geschwindigkeit gefehlt, bzw. dass wir die Räume bespielt haben. Aber wir haben eben auch gegen ein Topteam gespielt“, so Fuhrmann.

Barbara Dunst, die nach 78 Minuten den ersten ÖFB-Schuss auf das gegnerische Tor abgab, sah das ebenfalls in kausalem Kontext mit den Kontrahentinnen. „Uns hat die Durchschlagskraft gefehlt, aber sie haben auch mit guten Bällen unser Pressing ausgehebelt. Das ist ihre individuelle Klasse, deswegen spielen sie um den Titel mit.“ Schnaderbeck gab sich da schon selbstkritischer. „Wenn man kritisch ist, will man irgendwann etwas mitnehmen. Das wäre heute möglich gewesen, deswegen gibt es gemischte Gefühle.“ Im vergangenen Herbst war man England in der WM-Qualifikation auch „nur“ mit 0:1 unterlegen.

Lob gab es von englischer Seite. „Österreich war super, hat uns überall herausgefordert, es waren Momente dabei, wo wir hart arbeiten mussten“, resümierte Offensivspielerin Georgia Stanway. Und auch Teamchefin Sarina Wiegman meinte nach dem Spiel: „Österreich hat körperlich gespielt, war sehr kompakt und gut organisiert und hatte in der zweiten Hälfte, in einer schlampigen Phase, Chancen.“ Dennoch blieb England auch im 15. Spiel unter Wiegman ungeschlagen, hat dabei 85:3 Tore zu Buche stehen. „Wir haben heute ein Tor geschossen und gewonnen. Das ist das Einzige, was zählt“, betonte Stanway.

Von Träumen, Trikots und Grasbüscheln

Für Schnaderbeck wurde im „Theatre of Dreams“ indes ein großer Traum wahr. „Vor einem Jahr um die Zeit kurz nach meiner Operation habe ich nicht gewusst, ob es sich ausgeht. Jetzt ist es wieder knapp geworden. Aber ich habe 75 Minuten spielen können, das Knie ist gut. Das Erlebnis überwiegt dann auf persönlicher Ebene“, meinte die Verteidigerin, der auch ihr Cousin und Ex-ÖFB-Ass Sebastian Prödl zuschaute. Als Erinnerungsstück tauschte sie ihr Trikot mit England-Kapitänin Leah Williamson, die sie von Arsenal kennt. Dunst nahm sich ebenfalls etwas aus dem legendären Stadion mit: „Ein Grasbüschel.“ Lieber wäre ihr wohl die Erinnerung an ein Tor gewesen, aber ihren Schlenzer hatte Goalie Mary Earps. „Da war sie schon gut dran.“

ÖFB-Team nach dem Spiel im Stadion
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Zum Einrahmen: Das Team im Old Trafford, viele Mädchenträume wurden am Mittwoch wahr

Zadrazil, die die ungewohnte Atmosphäre wie ihre Teamkolleginnen positiv annahm („Ich war nicht nervös, ich habe mich einfach gefreut und es genossen“) hatte vor dem Spiel eine emotionale Botschaft gepostet und erklärte danach ihre Gedanken dazu. „Wie ich klein war, war das für mich unvorstellbar, vor 70.000 Zuschauern im Old Trafford zu spielen. Das soll nun auch anderen jungen Mädchen Kraft geben, dass einfach vieles möglich ist.“ Fuhrmann fügte an: „Es ist einfach schön zu sehen, wie sich der Frauen-Fußball weiterentwickelt hat und was möglich ist. Diese Kulisse ist einzigartig gewesen, ich hoffe aber, dass es öfters solche Spiele mit vielen Fans geben wird.“

Jedes (Gegen-)Tor zählt

Am Montag geht es zunächst vor deutlich weniger Zuschauern gegen Nordirland weiter, im Kampf um ein Viertelfinal-Ticket ist in Southampton ein Sieg Pflicht. Dann sollte planmäßig das „Aufstiegsfinale“ gegen Norwegen folgen. Am Ende könnte die knappe Niederlage gegen England vielleicht sogar den Ausschlag geben.

„Es ist natürlich ein Unterschied, ob du 0:1 oder 0:4 verlierst. Jedes Tor zählt. Man sieht ja, was anderen Teams gegen England passiert ist, wie den Niederlanden (1:5) oder der Schweiz (0:4) in der Vorbereitung. So war es die bestmögliche Niederlage für uns“, erklärte Schnaderbeck. Übrigens die erste überhaupt nach 90 Minuten im sechsten EM-Spiel.

UEFA Women’s Euro 2022, Gruppe A

Mittwoch:

England – Österreich 1:0 (1:0)

Manchester, Old Trafford Stadium, 68.871 Zuschauer, SR Huerta de Aza (ESP)

Tor: Mead (16.)

England: Earps – Bronze, Bright, Williamson, Daly – Stanway, Walsh – Mead (64./Kelly), Kirby (63./Toone), Hemp – White (64./Russo)

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Wenninger, Schnaderbeck (77./Georgieva), Hanshaw – Zadrazil, Puntigam, Feiersinger (87./Höbinger) – Dunst, Billa, Naschenweng (59./Hickelsberger-Füller)

Gelbe Karten: keine