Nicole Billa jubelt
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Fußball-EM

ÖFB-Team zeigt erneut in Europa auf

Österreichs Fußballerinnen gehören einmal mehr zu den besten acht Teams Europas. Nach 2017 schaffte es die ÖFB-Auswahl auch unter Irene Fuhrmann in den erlauchten Kreis, und das nach dem 1:0 gegen Norwegen am Freitag im „Finale“ völlig verdient. „Es war eine fantastische Leistung“, betonte die Teamchefin. Der Aufstieg wurde entsprechend gefeiert, die Vorfreude auf das Viertelfinale gegen „Lieblingsgegner“ Deutschland ist groß.

In der Urlaubs- und Universitätsstadt Brighton legte Österreich seine Reifeprüfung ab. Gegen die Nummer elf der Welt gingen die ersten 45 Minuten wohl als eine der besten in der Geschichte ein. „Wir haben Norwegen nie aufkommen lassen, hatten das Spiel komplett im Griff und glücklicherweise ist uns der Treffer gelungen, der uns Ruhe gegeben hat“, freute sich Fuhrmann über den ersten EM-Treffer von Nicole Billa, die eine Flanke von Verena Hanshaw perfekt verwertete.

„Es freut mich, dass wir als Team so eine Leistung abgerufen haben, es ist unglaublich, dass wir es wieder geschafft haben“, jubelte Billa, die mit dem Team bei der zweiten Teilnahme zum zweiten Mal ins EM-Viertelfinale eingezogen ist. Vor fünf Jahren gelang sogar der Aufstieg ins Halbfinale. Die nächste Hürde am Donnerstag (21.00 Uhr, live in ORF1) heißt in Brentford Deutschland. „Wenn wir so eine Performance wie heute abliefern, wird es auch für Deutschland nicht einfach“, ließ Torfrau Manuela Zinsberger nach dem erneuten Fingerzeig wissen.

ÖFB-Team freut sich auf Deutschland

Nach der abgebrühten Vorstellung gegen Norwegen ist beim ÖFB-Team die Vorfreude auf das EM-Viertelfinale riesig. Im Klassiker gegen Deutschland nächsten Donnerstag will man sich keine Grenzen setzen.

„In allen Spielen sehr gut performt“

Fuhrmann ordnete den größten Erfolg als Teamchefin entsprechend ein. „Es ist sensationell, wieder unter den Top Acht Europas zu sein, in so einer starken Gruppe mit England und Norwegen. Wir haben in allen drei Spielen sehr gut performt“, sagte die 41-Jährige nach dem 0:1 gegen England vor der EM-Rekordkulisse von rund 69.000 Zuschauerinnen und Zuschauern sowie dem 2:0 gegen Nordirland.

Irene Fuhrmann, glücklich
AP/Alessandra Tarantino
Die Teamchefin (Mi.) als stille Genießerin im Reigen ihrer Spielerinnen

Und mehr noch als der erste Sieg gegen Norwegen im sechsten ÖFB-Versuch wog die Art und Weise, wie man aufstieg. „Wir wollten so auftreten, wie wir sind, mit all unseren Stärken. Es macht mich unfassbar stolz, dass sie am Tag X alles herausgekitzelt haben“, lobte Fuhrmann ihre Spielerinnen, die wie schon nach dem Sieg gegen Nordirland die Pressekonferenz „crashten“. Dieses Mal dröhnte „Strong Enough“ von Cher aus der berüchtigten Musikbox. Auch hier spielte ein Fingerzeig eine Rolle, legten doch einige Spielerinnen selbigen auf den Mund. Wohl eine Replik an jene Kritiker, die den Jubel nach dem glanzlosen Sieg gegen Nordirland als übertrieben empfunden haben.

Highlights Österreich – Norwegen

Österreich besiegt Norwegen zum Abschluss der EM-Gruppenphase in England mit 1:0 und steht als Gruppenzweiter damit wie 2017 im Viertelfinale.

Eine erste Hälfte zum Einrahmen

Die wahre Antwort hatte Österreich aber speziell in den ersten 45 Minuten auf dem Platz gegeben. Torfrau Zinsberger musste gegen eines der offensivstärksten Teams Europas erst in Minute 89 erstmals einen Schuss auf das Tor abwehren, löste das aber genauso bravourös wie beim zweiten wenig später. „Davor haben meine Vorderleute eine unglaubliche Leistung gezeigt.“ Es war eine Hälfte zum Einrahmen.

Pressekonferenz nach Spiel
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Mit der obligaten Polonaise bei der Pressekonferenz feierte das Team eine fast perfekte Leistung

Die Norwegerinnen hatten das 0:8-Debakel gegen England offenbar noch im Kopf, aber Österreich nützte das auch nahe der Perfektion aus. „Es war sehr, sehr gut. Nach dem 0:8 hätte man ein Feuerwerk von ihrer Seite erwarten können, aber es war genau andersherum. Wir haben sie weit weg vom Tor gehalten und hatten auch Chancen“, analysierte Carina Wenninger, die mit ihrer Teamkollegin Viktoria Schnaderbeck alles trocken wegverteidigte, was kam. Das war nicht viel, weil das kollektive Pressing funktionierte, zweite Bälle gewonnen wurden und Norwegen in der eigenen Hälfte beschäftigt war.

„Wir haben oft bewiesen, dass wir sehr gut verteidigen können. Das erfordert enorme Laufarbeit und Disziplin, man muss über weite Strecken sehr hoch pressen. Da braucht es auch Mut hochzustehen. Als Verbund verteidigen wir es einfach sehr gut, dass wir es dann so gut schaffen, war ich schon überrascht“, gestand Wenninger, die einen Vergleich zu 2017 zog. „Da haben wir schon gut verteidigt, aber da haben wir nur verteidigt.“ Im Ballbesitz entwickelte man sich weiter.

Billas langersehnter Moment

Die defensive Stabilität konnte insofern erwartet werden, weil Österreich zuvor in sieben EM-Spielen nur zwei Gegentore kassierte. Offensiv tat man sich schwerer, aber dieses Mal funktionierten die letzten Pässe besser und fanden auch vermehrt Österreichs Topstürmerin Billa, die im achten Versuch erstmals bei einer EM traf. „Ich bin froh, dass es endlich passiert ist, mein erstes EM-Tor fühlt sich wunderschön an“, sagte die 26-jährige Hoffenheim-Legionärin.

Nicole Billa schießt Tor, Netcam-Perspektive
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Im achten EM-Spiel gelang Billa ihr erstes Tor, ihr Kopfball landete genau im rechten Eck

Vorausgegangen war ein „geiler Ball“ von Linksverteidigerin Hanshaw, die gut antizipierte und Billa frei zwischen den norwegischen Verteidigerinnen sah. „Ich habe gewusst, der kommt, und ich bin einmal nicht unter Bedrängnis. Es war ein schönes Gefühl, dass der da reingefallen ist“, so die ÖFB-Stürmerin, die in den vorherigen Partien nicht so gekonnt eingesetzt worden war. „Es war vielleicht nicht mein schönstes Tor, aber eines, das auf jeden Fall in Erinnerung bleiben wird“, betonte Billa nach ihrem insgesamt 44. Treffer im ÖFB-Team. Auf Rekordtorschützin Nina Burger, die am Abend als ORF-TV-Expertin im Einsatz war, fehlen damit nur noch neun Treffer.

Polonaise hier, „Tramway foarn“ dort

In der zweiten Hälfte hatte Österreich etwas weniger Kontrolle, aber erst im Finish kam Norwegen zu wirklichen Chancen, da war jedoch Zinsberger zur Stelle. „In der zweiten Hälfte hatten wir auch schwierigere Phasen, was gegen so ein Topteam dazugehört. Ich muss meinen Spielerinnen Respekt zollen, wie hart sie gearbeitet haben für diesen Sieg“, gratulierte Fuhrmann und ließ sie ausgiebig feiern.

Zum mittlerweile traditionellen Prozedere gehört die Polonaise samt Musikbox durch Stadion, Mixed Zone und Pressekonferenzraum. Damit hat Fuhrmann weiterhin kein Problem. „Weil sie dann, wenn es drauf ankommt, den Fokus, die Haltung zur Arbeit haben. Es geht einfach um die Momente, an die sie sich ein Leben lang erinnern werden.“ Dazu gehört auch der Heimweg im „Partybus“. Musikalischer Favorit ist derzeit Jazz Gittis „Tramway foarn“, wie Billa verriet.

Vorfreude auf Deutschland-Duell

Der ÖFB wird jedenfalls die gerade eingespielten 205.000 Euro für das Viertelfinale (plus 100.000 Euro pro Sieg) auch in die Verlängerung der Reservierung des Teamquartiers Pennyhill Park stecken. Nächsten Mittwoch geht es dann nach London, wo es zum brisanten Duell mit Deutschland kommt. Gleich 14 ÖFB-Spielerinnen verdienen dort ihr Geld, gegen die Nummer fünf ist man wiederum Außenseiter.

„Chancenlos ist man nie, Deutschland hat eine Topperformance abgeliefert, aber bei uns brennen viel auf dieses Duell, weil viele dort als Legionärinnen tätig sind“, weiß Fuhrmann. Bayern-Rekordspielerin Wenninger kennt das halbe Team: „Ich freue mich schon sehr.“ Und Billa versprach: „Es wird wieder eine Mannschaft am Platz stehen, die ihr Herz dort liegen lässt.“ Daran besteht längst kein Zweifel mehr.