Enttäuschte österreichische Spielerinnen nach ihrem Ausscheiden bei der EM
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Fußball-EM

ÖFB-Team geht erhobenen Hauptes

Mit gemischten Gefühlen hat Österreichs Nationalteam die EM-Bühne 2022 verlassen. Das Aus nach dem 0:2 im Viertelfinale gegen Deutschland sorgte naturgemäß für Enttäuschung. Die vermeidbaren Fehler vor den Gegentreffern und Ineffizienz vor dem Tor führten auch zu Selbstkritik. Letztlich überwog aber die Zufriedenheit über die Art und Weise, wie sich das Team im gesamten Turnier präsentierte. „Ich bin wahnsinnig stolz auf die Leistungen“, sagte Teamchefin Irene Fuhrmann. „Das werden wir auch für die Zukunft mitnehmen.“

Zunächst saß der Stachel im Brentford-Community-Stadion der hiesigen „Bienen“ aber tief. Österreich hatte sich gegen die Nummer fünf der Welt wie schon im Eröffnungsspiel gegen England (0:1) teuer verkauft, dieses Mal hatte man zudem auch mehrere gute Chancen auf zumindest einen Treffer. Gleich dreimal ging der Ball an das Aluminium, allerdings hatten auch die Deutschen dieses Pech zweimal. Der am Ende verdiente Sieg rührte auch von Fehlern in der ÖFB-Defensive.

„Im ersten Moment ist es bitter, weil wir gegen ein absolutes Weltklasseteam eine sehr gute Leistung abgerufen haben. Am Ende haben wir aber den einen oder anderen Fehler zu viel gemacht, den so ein Team dann eiskalt ausnützt“, analysierte Fuhrmann in gewohnter Souveränität. Sie hob das Positive hervor und blickte voraus. „Wenn wir den Schwung und die Konstanz mitnehmen können, dann ist auch die erstmalige Teilnahme an einer Weltmeisterschaft greifbar.“

Best of Deutschland – Österreich

Der Traum vom neuerlichen Einzug ins Semifinale einer EM ist für Österreichs Fußballerinnen am Donnerstag knapp, aber doch geplatzt. Die Auswahl von Teamchefin Irene Fuhrmann musste sich im Viertelfinale der EM 2022 in Brentford Deutschland mit 2:0 geschlagen geben.

„Jetzt tut es weh, rückblickend können wir stolz sein“

Nach dem Schlusspfiff machte sich bei den Österreicherinnen vorerst Niedergeschlagenheit breit. Bei der einen oder anderen flossen die Tränen, so auch bei Torfrau Manuela Zinsberger. Das hatte aber nichts mit ihrem Patzer vor dem 0:2 von Alexandra Popp kurz vor Schluss zu tun. „Die Tränen rühren daher, weil für uns das Turnier vorbei ist. Es war eine unglaublich schöne Zeit. Wir haben wieder viel geleistet und Österreich hoffentlich stolz gemacht“, erklärte die 26-Jährige. „Es tut jetzt natürlich noch weh, aber rückblickend können wir stolz sein.“

Enttäuschung bei Torfrau Manuela Zinsberger
GEPA/Ashley Western
Das Ausscheiden tat Manuela Zinsberger sichtlich weh, wenig später überwog schon der Stolz

Ähnlich erging es Carina Wenninger. „Man ist enttäuscht, bekommt zwar viele tolle Nachrichten, aber kann das noch gar nicht richtig verarbeiten. Da braucht man einen Moment“, sagte die Verteidigerin nach ihrem 120. Länderspiel, in dem ihr vor dem 0:1 durch Lina Magull ebenfalls ein folgenschwerer Fehler unterlief. Je weiter der Abpfiff zurücklag, desto mehr kam das Lächeln zurück in die Gesichter. „Es wird mit jeder Minute nach dem Spiel leichter. Wir haben einiges erreicht, es war wieder eine coole Reise“, meinte Laura Feiersinger, die noch am Spielfeld offensichtlich in Erinnerung schwelgte.

Österreich ging gegen den achtfachen Rekordeuropameister als Außenseiter in die Partie. Davon merkte man nach den ersten Minuten aber bald nichts mehr. Fuhrmanns Frauen stellten den Gegner vor Probleme und hatten bei einem Kopfball von Marina Georgieva das erste Mal an diesem Abend Aluminiumpech. Die Verteidigerin, die für die am Knie angeschlagene ÖFB-Kapitänin Viktoria Schnaderbeck von Beginn weg startete, traf die Stange. „Wenn wir das erste Tor gemacht hätten, hätte uns das noch einen Aufschwung gegeben. So läufst du dann einer deutschen Führung hinterher“, haderte Feiersinger.

Selbstkritisch bei Eigenfehlern

In der 25. Minute tappte Österreich in die deutsche Pressingfalle. Popp setzte Zinsberger unter Druck, deren Abschlag kam postwendend zurück und Wenninger ließ sich den Ball von Klara Bühl abluchsen. „Das nehme ich auf meine Kappe. Ich war überrascht, dass Klara so schnell da war. Da muss ich meinen Körper besser reinstellen“, betonte Wenninger. „Dann war sie im Tempo und es ist schwer zu verteidigen.“

Fuhrmann hatte vor der Pressekonferenz das Gegentor noch nicht auf den TV-Bildern gesehen, sagte aber dazu: „Fehler passieren, jedoch müssen sie nicht zwingend zu Toren führen. Auch wir haben Deutschland zu Fehlern gezwungen, aber es nicht geschafft, daraus Kapital zu schlagen. Das ist der nächste Schritt, den wir gehen müssen.“ In dieser Hinsicht waren sich alle einig, so auch Julia Hickelsberger-Füller, die zu Beginn eine gute Chance vergab: „Da müssen wir effizienter sein.“ In insgesamt drei K.-o.-Spielen gelang Österreich noch kein EM-Treffer.

Aluminiumpech verhindert Ausgleich

Österreich musste sich vom 0:1-Rückstand erst erholen, kam aber wieder in die Spur. Vor allem in der zweiten Hälfte, als Barbara Dunst und Sarah Puntigam binnen fünf Minuten noch zweimal das Leder an das Torgehäuse bugsierten. „Wir haben das Glück nicht auf unserer Seite gehabt“, meinte Dunst, die in diesem Turnier gleich zweimal die Latte traf. „Ich weiß nicht, welches Pech mich da verfolgt hat, es wollte nicht sein. Da muss ich wohl noch mehr trainieren.“ Auf der anderen Seite traf aber auch Deutschland zweimal Aluminium.

Die Deutschen, die durch die starke Bühl schon etwas früher den Sack hätten zumachen können, bestraften in der Schlussminute einen weiteren Fehler. Zinsberger schoss Popp an, der Ball ging direkt zum Endstand ins Tor. „Das war technisch einfach nicht sauber ausgeführt, das Tor nehme ich natürlich auf meine Kappe“, unterstrich Zinsberger, die zuvor das ÖFB-Team noch im Spiel gehalten hatte. Deutschland war aber an diesem Abend den entscheidenden Tick besser. „Wir sind ans Limit gegangen, haben gut gespielt, aber den einen oder anderen Fehler müssen wir abstellen“, verdeutlichte Wenninger im Anschluss.

Weiterentwicklung stimmt positiv

Am Ende bleibt stehen, dass Österreich auch bei der zweiten EM-Teilnahme unter den besten Acht Europas gelandet ist. 2017 gelang bei der Premiere sogar der sensationelle Aufstieg ins Halbfinale, nun stimmte vor allem die spielerische Weiterentwicklung positiv. „Wir haben uns nicht versteckt, wir haben mutig gespielt, haben flache Lösungen gesucht, auch den hohen Ball einzubauen, einfach flexibler zu sein, unberechenbarer zu sein“, unterstrich Zinsberger.

Fuhrmann stimmte mit ein: „Wir haben einen komplett anderen Fußball gezeigt, dass da noch Fehler passieren, ist klar. Wir haben gegen solche starke Gegner eine unfassbare EM gespielt und diese Leistungen immer wieder bestätigt. Deutschland wird es so sehen, dass sie alles geben mussten, um uns zu schlagen.“ Ihr Gegenüber Martina Voss-Tecklenburg sollte später artikulieren: „Wir haben gegen einen hartnäckigen Gegner gespielt. Ein Riesenkompliment an Österreich. Das Spiel kann am Ende 6:3 ausgehen, man hat uns alles abverlangt.“

„Dieses Team ist WM-reif“

Zunächst gilt es nun, die Enttäuschung über das Ausscheiden zu verdauen, die Spielerinnen gaben sich schon bald wieder kämpferisch. „Es sitzt, es tut weh, aber wir kommen wieder“, versprach Zinsberger. „Wir lassen uns nicht unterkriegen, wir werden das Positive daraus ziehen und neue Kräfte sammeln. Auch aus dem Negativen die richtigen Schlüsse ziehen. Dann gibt es wieder volle Attacke.“

Das nächste Ziel liegt auf der Hand, hat man sich doch erstmals für das WM-Play-off qualifiziert und will bei der Endrunde dabei sein. „Diese Mannschaft ist definitiv WM-reif“, betonte Dunst, hielt aber auch fest, dass es noch ein weiter und schwieriger Weg sei. Im Play-off für die WM 2023 in Australien und Neuseeland gibt es gleich mehrere Hürden. Zudem wird Österreich nach der nächsten erfolgreichen EM nicht mehr auf die leichte Schulter genommen, wie Zinsberger betonte. „Wenn uns jetzt noch wer unterschätzt, dann weiß ich auch nicht mehr.“

UEFA Women’s Euro 2022, Viertelfinale

Donnerstag:

Deutschland – Österreich 2:0 (1:0)

London, Brentford Community Stadium, 16.025 Zuschauerinnen und Zuschauer, SR Welch (ENG)

Torfolge:
1:0 Magull (25.)
2:0 Popp (90.)

Deutschland: Frohms – Gwinn, Hendrich, Hegering, Rauch (95./Kleinherne) – Däbritz (64./Lattwein), Magull (64./Dallmann), Oberdorf – Huth (95./Lohmann), Popp, Bühl (83./Brand)

Österreich: Zinsberger – Wienroither, Wenninger, Georgieva, Hanshaw – Puntigam (81./Höbinger) – Hickelsberger-Füller (72./Naschenweng), Zadrazil, Feiersinger, Dunst – Billa (86./Makas)

Gelbe Karten: Däbritz bzw. Hanshaw, Dunst, Naschenweng