Trainer der Black Wings Linz Philipp Lukas mit der Mannschaft
BWL/Reinhard Eisenbauer
Eishockey

„Unikum“ baut auf Linzer Leidenschaft

In Linz dürfen sich die Eishockeyfans in der am Freitag beginnenden win2day ICE Hockey League über ein „Unikum“ freuen. Mit Philipp Lukas steht bei den Steinbach Black Wings Linz der einzige österreichische Cheftrainer hinter der Bande, dieser Umstand ist aber sekundär. Nach zwei turbulenten Jahren sollen Linz und Leidenschaft so wie früher nicht nur den Anfangsbuchstaben gemeinsam haben. „Es geht darum, alte Tugenden wieder aufleben zu lassen“, so Lukas im Gespräch im ORF.at.

Eishockey und Linz war jahrelang eine Erfolgsgeschichte. Eine ausverkaufte Halle an der Donaulände war fast Standard, Eishockey zwischenzeitlich die Nummer eins der Stadt. 2003 und 2012 stiegen als Highlights der Erfolgsära Meisterpartys. Die vergangenen beiden Jahren standen aber vor allem für Chaos. Ein mit aller Härte geführter Machtkampf spaltete die Linzer Eishockeyszene, führte zwischenzeitlich zu zwei Vereinen und vertrieb die über Jahre aufgebaute Euphorie. Der letzte Platz mit nur zehn Siegen in 49 Spielen vergangene Saison war der Tiefpunkt der Talfahrt.

„Die letzten beiden Jahre waren von Hundert auf Null“, erinnert sich auch Lukas mit Schrecken an die durch die Coronavirus-Pandemie verstärkte „traurige Phase“ im Linzer Eishockey zurück. Mit dem gebürtigen Wiener hinter der Bande soll das Wort Neustart nicht nur eine leere Floskel bleiben. Dafür soll schon sein Name bürgen: Denn der 42-Jährige spielte von 2000 an 18 Jahre – die meisten davon gemeinsam mit seinem Bruder Robert – für die Black Wings, hatte an beiden Meisterschaften großen Anteil und war als Kapitän auch das Gesicht des Clubs.

Der österreichische Eishockeyspieler Philipp Lukas (Black Wings Linz) im Vorgergrund aus dem Jahr 2016
GEPA/Oliver Lerch
18 Jahre lang trug Lukas das Trikot der Black Wings und feierte darin zwei Meistertitel

Im Februar wurde die Vereinsikone als Trainer und Sportdirektor in Personalunion zu den Black Wings zurückgeholt, um dem Linzer Eishockey neues Leben einzuhauchen. Sein großes Ziel: die oberösterreichische Hauptstadt auch wieder zu einer Eishockeyhauptstadt zu machen. „Ich würde mir wirklich wünschen, dass die Fans wieder gerne in die Halle kommen, um uns zuzuschauen und anzufeuern. Wenn der Funke wieder überspringt, dann hätten wir schon sehr viel Gutes getan“, so der ehemalige Stürmer.

„Mittelweg zwischen Erfolg und Entwicklung“

Die Fans wieder in die Halle locken will Lukas vor allem mit einer Tugend: jener Leidenschaft, die in der Hochzeit das Spiel der Linzer geprägt hat. „Ich habe im Mannschaftssport noch keinen erlebt, der nicht für harte Arbeit, Zusammenhalt, dass man ein funktionierendes Kollektiv ist, belohnt worden ist“, so Lukas, „wenn wir hier auch ein Umfeld schaffen, wo die Jungs gerne in die Eishalle kommen und gerne hart an sich arbeiten, dann bin ich fest davon überzeugt, dass wir Fortschritte machen und gute Ergebnisse erzielen.“

Sorgen, dass die Mannschaft nicht mitzieht, muss sich Lukas bei seiner ersten Trainerstation im Oberhaus – davor coachte der ehemalige Stürmer bereits das Farmteam Steel Wings – keine machen. Leistungsträger wie Torjäger Brian Lebler oder Neuzugang Martin Schumnnig haben mit ihm noch selbst gespielt und wissen, dass Leidenschaft keine hohle Phrase ist. In Sachen Arbeitseinstellung lege er auch den Maßstab an sich selbst an, so Lukas, aber: „Wenn wir 25 Philipp Lukas’ auf dem Eis hätten, wäre das auch keine gute Lösung.“ Viel mehr gelte es, aus jedem Individuum auf dem Eis „das Maximum herauszuholen“ und so ein schlagkräftiges Kollektiv zu formen.

Neue Eishockeysaison startet

Am Freitag geht es in den Eishallen von Wien über Salzburg bis Bozen wieder rund. Am Dienstag erfolgte am Wörthersee der nominelle Startschuss.

Die Kehrtwende von Schlusslicht zu Titelkandidat werde natürlich nicht von heute auf morgen passieren, so Lukas. „Wir müssen einen Mittelweg zwischen Erfolg und Entwicklung finden. Wir sind nicht mehr das Linz von vor zehn Jahren. Wir müssen unseren eigenen, österreichischen Spielern die Chance, geben Verantwortung zu tragen und versuchen, aus diesen jungen Spielern Nationalteamspieler zu machen. Das ist keine einfache Aufgabe, man muss auch geduldig sein“, so der langjährige Teamspieler.

Drei Säulen als Basis

Damit die Übung aber mittelfristig gelingt, hat Lukas, der heuer auch als Assistent beim Nationalteam mitverantwortlich für den Klassenerhalt war, drei tragende Säulen definiert. „Erstens müssen wir physisch in der besten Verfassung sein. Es ist sehr wichtig, dass wir Spielreize im Training setzen, damit das Spiel auf körperlicher Ebene keine Überraschung ist“, so der Trainer. Dazu müssten die Basics, wie Scheibenführung und Eislaufen, ständig verbessert werden, um auf „dem Eis effizienter sein“ zu können. Und zu guter Letzt müsse die Spielweise so selbstverständlich wie möglich sein. Lukas: „Dann können wir als Mannschaft erfolgreich sein.“

Trainer der Black Wings Linz Philipp Lukas mit der Mannschaft
BWL/Reinhard Eisenbauer
Lukas und seine Mannschaft sollen am Ende der Saison sicher auf den drei definierten Säulen stehen

Die Feinarbeit an den drei Säulen sei auch die größte Herausforderung als Trainer, so Lukas: „Das ist unsere größte Aufgabe: zu vermitteln, was wir in den verschiedensten Situationen tun wollen, warum wir Dinge tun und warum wir sie so tun, wie wir sie machen. Und natürlich auch Fragen der Spieler zu beantworten, damit das Ganze selbstverständlich wird. Weil dann brauchen wir nur noch Eishockey spielen.“ Denn auf dem Eis sei keine Zeit, „nachzudenken, was der nächste Schritt ist. Das muss automatisch gehen.“

Die Metapher von den drei Säulen lässt sich auch auf das Trainerteam umlegen. Mit Mark Szücs und Jürgen Penker hat Lukas zwei ehemalige Mitspieler zur Seite, die dafür sorgen sollen, dass der 24-Stunden-Job Cheftrainer ihm nicht über den Kopf wächst: „Man kann etwas nur gut machen, wenn man eine gewisse Leidenschaft hat. Aber man muss auch Zeit für sein Umfeld, seine Familie und sich selbst finden. Es gibt viel zu tun, aber meine Assistent-Coaches unterstützen mich da sehr gut. Es ist auch wichtig, Sachen abzugeben, um auch da in der Balance zu bleiben. Sonst wird man irgendwann crazy.“

„Es zählt nur die Aufgabe“

Nicht verrückt, aber bezeichnend für die Situation im heimischen Eishockey ist der Umstand, dass von den acht österreichischen Clubs in der ICE Liga nur die Linzer mit Lukas auf eine heimische Lösung setzen. Ansonsten haben von Salzburg über Klagenfurt bis Wien so wie fast immer in der jüngeren Vergangenheit internationale Trainer das Sagen. Zuletzt begann die Saison 2018 mit einem österreichischen Cheftrainer in der Liga. Gerhard Unterluggauer hatte damals beim VSV das Ruder in der Hand.

Dass er nun vier Jahre nach seinem Nationalteamkollegen die rot-weiß-rote Fahne hochhält, lässt Lukas kalt. „Für mich zählt nur die Aufgabe. Ich will so wie immer in meinem Leben, egal ob als Spieler, in der Schule oder bei sonstigen Ausbildungen, mein Bestes geben. Von wo ich bin, ist egal“, hält sich der Linzer Coach mit Fragen zu dem Thema nicht lange auf. „Eine Hauptaufgabe ist es, der bestmögliche Coach zu sein und nicht daran zu denken, dass ich der einzige österreichische Coach in dieser Liga bin. Wenn mir eine gute Arbeit gelingt, dann kann die Reise weitergehen.“

Lukas’ Reise als Cheftrainer beginnt passenderweise gegen die „Adler“ des Villacher SV, wo ihm mit Rob Daum ein langjähriger Lehrmeister gegenüber steht. Der Meistertrainer der Saison 2011/12 sei aber nur eines von vielen Vorbildern: „Ich habe von allen Trainern viel gelernt, aber jetzt gilt es meine eigene Story zu schreiben.“ Druck, mit seinen Black Wings gleich von Anfang an die Liga aufzumischen, verspürt Lukas bei aller Aufbruchsstimmung in Linz jedenfalls nicht. „Den einzigen Druck, den ich spüre, ist der, ein gutes Training mit den Jungs zu machen und das zu vermitteln, was ich gerne von ihnen sehen möchte.“ Und das ist vor allem Eishockey mit Leidenschaft.