Raimann, der auf der Position des Left Tackles in der Startformation vorerst noch dem erfahrenen Matt Pryor den Vortritt lassen musste, kam bereits im ersten Viertel als zusätzlicher Blocker auf das Feld. „Manchmal muss ich mich zwicken“, konnte der Wiener gegenüber der APA es kaum fassen, dass sein Traum Wirklichkeit geworden ist: „In einem Regular-Season-Spiel reinzukommen, das ist was ganz anderes. Ich kann mich teilweise gar nicht mehr daran erinnern. Man läuft da raus, und auf einmal merkt man sich gar nix mehr.“
Der an der Rückennummer 79 erkennbare Wiener machte seine Sache auch gut. Speziell bei seinem zweiten Spielzug war Raimanns Block mitverantwortlich dafür, dass Colts-Superstar Jonathan Taylor die Lücke in der Texans-Abwehr fand. „Ich habe versucht, meinen Job so gut es geht zu machen und die zehn anderen Burschen nicht im Stich zu lassen. Das war dann ganz okay, aber natürlich nicht perfekt. Ich habe noch viel zu lernen, aber trotzdem war das echt eine super Erfahrung“, sagte Raimann.
Super sei alleine schon die Kulisse gewesen. Denn vor knapp 70.000 Zuschauerinnen und Zuschauern zu spielen sei die Erfüllung eines Traums gewesen, so Raimann. „Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich habe jahrelang davon geträumt, und dass es jetzt endlich Wirklichkeit ist, das glaube ich selber noch gar nicht“, sagte der 2,01-Meter-Mann. Das Ganze fühle sich noch ein „bisschen unecht“ an: „Bei den (Vienna, Anm.) Vikings war ich immer eifersüchtig auf die Fußballer, die die Stadien gefüllt haben.“
Raimann von Premiere überwältigt
Am 11. September 2022 wurde in Houston ein neues Kapitel im heimischen Sport aufgeschlagen. Mit Bernhard Raimann hat Österreich nun auch einen Spieler in der National Football League (NFL), der nicht auf der Position des Kickers aufgestellt wurde.
Verpasster Sieg schmerzt
Trotzdem verließ Raimann Houston nicht nur mit einem lachenden, sondern auch einem weinenden Auge. Denn trotz Aufholjagd blieben die Colts zum neunten Mal in Folge in einem Auftaktspiel ohne Sieg. Weil Kicker Rodrigo Blankenship zwei Minuten vor Ende der Verlängerung die Chance auf das 23:20 verkickte, gab es im NRG Stadium keinen Gewinner. Für Raimann war es trotzdem eine gefühlte Niederlage. „Ich habe gemischte Gefühle. Wir haben nicht gewonnen, das ist ein Riesenrückschlag für uns auf dem Weg zum Super Bowl. Das ist unser Ziel“, sagte der Wiener.
Die Colts und Quarterback Matt Ryan, der nach 14 erfolgreichen Jahren in Atlanta nun in Indianapolis die Bälle verteilt, kamen gegen den vermeintlichen Außenseiter aus Houston erst spät auf Touren. „In der ersten Hälfte haben wir so viele Chancen durch Eigenfehler ausgelassen. Es hat mich aber sehr gefreut, wie wir uns zurückgekämpft haben“, so Raimann. Trotzdem habe man das Zwischenziel, „jedes einzelne Spiel zu gewinnen“, nicht erreicht: „Das nicht zu schaffen ist sehr enttäuschend.“
Hoffen auf mehr Spielzeit
Für die Colts geht es am kommenden Sonntag erneut auswärts bei den Jacksonville Jaguars weiter. Und die österreichischen Fans dürfen auch dann auf Einsätze des Left Tackles hoffen. Raimann selbst bleibt auch nach seiner Premiere bescheiden: „Das ist immer schwer einzuschätzen. Mein Offensive-Line-Coach hat vor dem Spiel schon mit mir gesprochen, dass er mir eine Möglichkeit geben wird, mich zu beweisen. Die habe ich bekommen, jetzt schauen wir einfach, wie es nächste Woche ausschaut. Vielleicht bekomme ich noch ein bisschen mehr Spielzeit und sie erhöht sich weiter.“