Skifahrerin in Flachau
GEPA/Daniel Goetzhaber
Ski alpin

ÖSV-Damen hoffen in Flachau auf Lichtblick

Österreichs Technikerinnen sind schon einmal mit einer besseren Bilanz zum Nachtslalom in Flachau gereist. Nach den jüngsten Pleiten bei den Riesentorläufen in Kranjska Gora hoffen die ÖSV-Läuferinnen am Dienstag (18.00 bzw. 20.45 Uhr live in ORF1, Übertragungsbeginn 17.15 bzw. 20.15 Uhr) auf einen Lichtblick. Zum 30-jährigen Weltcup-Jubiläum in der Heimat Hermann Maiers lautet die Devise: neues Rennen, neue Chance.

Dass Österreich zumindest in Sachen Begeisterung noch immer eine Skination ist, verdeutlichen die bis zu 15.000 Zuschauerinnen und Zuschauer, die am Dienstag im Zielraum und am Rand der Hermann-Maier-Piste erwartet werden. Die Fans könnten Zeugen eines weiteren sporthistorischen Ereignisses werden. Denn Mikaela Shiffrin könnte sich mit einem Erfolg in Flachau zur alleinigen Rekordsiegerin im Weltcup aufschwingen. Nach ihrem Sieg im zweiten Riesentorlauf in Kranjska Gora teilt sich die US-Amerikanerin mit 82 Erfolgen den Thron mit ihrer Landsfrau Lindsey Vonn. Auf den Allzeitrekord von Ingemar Stenmark fehlen Shiffrin auch nur noch vier Siege.

Die Ergebnisse der österreichischen Technikerinnen wurden hingegen in den vergangenen Wochen dem Publikumszuspruch nicht gerecht. Erst am Sonntag reisten Katharina Liensberger und ihre Kolleginnen nach zwei Niederlagen in den Riesentorläufen von Kranjska Gora ab. Die Österreicherinnen versuchten mit einem mentalen Trick, das Fiasko in Slowenien hinter sich zu lassen, wo ein zwölfter Platz von Franziska Gritsch im ersten und ein 13. Platz von Julia Scheib im zweiten Rennen das höchste der Gefühle waren. Ski abschnallen und auch gedanklich auf andere, weil Slalom-„Brettln“ wechseln, war die Devise.

ÖSV-Krise spitzt sich zu

Vor dem Flutlichtslalom in Flachau spitzt sich die Krise im ÖSV-Damen-Team zu. Vor allem Katharina Liensberger übt Kritik an den neu geschaffenen Trainerstrukturen.

Liensberger etwa ließ sich vom sonntäglichen Frust, als sie mit 2,52 Sekunden Rückstand den zweiten Durchgang klar verpasst hatte, bei einem Medientermin am Montag nichts mehr anmerken. „Wenn’s zusammenpasst, kann ich sehr schnell sein“, betonte die Vorarlbergerin und verwies auf deutlich bessere Zeiten, als sie in Flachau auf dem Stockerl jubelte. 2019 landete die Slalom-Weltmeisterin beim Flutlichtspektakel auf Platz drei, vor zwei Jahren wurde Liensberger Zweite.

Verband reagiert auf Kritik

Ihre sonntägliche Forderung an den Österreichischen Skiverband (ÖSV), angesichts der Krise nun die „richtigen Schritte“ zu setzen, wurde registriert. Im Verband wird laut über „strukturelle Verschiebungen“ nachgedacht. „Ein System, das nicht funktioniert, kann ich nicht einfach so lassen“, schloss Thomas Trinker, der Rennsportleiter Frauen im ÖSV, eine Korrektur nicht aus. In der Sendung „Sport am Sonntag“ hatte sich der Cheftrainer nicht aus der Verantwortung gestohlen und sich selbst einen „Fünfer“ für die bisherige Saison gegeben.

Die „strukturelle Verschiebung“ muss vorerst aber warten. Denn mit Flachau wird der intensive Technikblock um den Jahreswechsel abgeschlossen. Das nächste Rennen steht dann erst wieder am 24. Jänner mit dem Riesentorlauf auf dem Kronplatz in Südtirol im Kalender. Bis dahin soll Zeit sein für eine tiefergehende Analyse der Problemzonen, deren mögliche Folgen Trinker als „Anpassung, keine Neuaufstellung“ des Systems bezeichnete. „Wir werden keine neuen Leute reinholen und andere raustun – das ist dann eher ein Thema für den Frühling.“

Suche nach Wendepunkt

Inzwischen werden händeringend mögliche Wendepunkte gesucht. Katharina Truppe schielt dabei ebenfalls auf das „Nightrace“. „Die Fans helfen uns schon, die werden mich hoffentlich hinuntertragen. Mich pusht es, wenn ich weiß, es stehen viele Leute unten. Vielleicht geht es ja damit leichter. Wir sind alle drauf gepolt, das Ruder herumzureißen“, sagte die Kärntnerin, die in Kranjska Gora ihre momentane Unform blumig erklärte: „Der Wurm sitzt so tief, ich weiß nicht, welches Wurmmittel ich nehmen muss, damit das besser wird.“

Cheftrainer Trinker im Interview

Thomas Trinker, ÖSV-Rennsportleiter der Damen, spricht unter anderem über die Krise der ÖSV-Technikerinnen, über die Vorstellungen der Trainer und über nachkommende Talente.

Wenig förderlich ist, dass etwa Truppe nicht weiß, wann ihre Form verloren ging. „Der Knackpunkt muss wahrscheinlich irgendwo in der Vorbereitung gewesen sein“, mutmaßte die 26-Jährige. Doch gerade die Vorbereitung empfanden alle Beteiligten als gut. Nun fahren alle ohne Richtschnur hinterher. „Es fehlt gerade eine Leaderin. Eine, die vorfährt – egal, wer das ist – und die anderen mitzieht“, betonte Truppe. Liensberger schloss sich an. „Ich hätte sicher nichts dagegen, wenn bei uns jemand ist, der immer ganz vorne ist. Ich wäre sogar froh und dankbar, wenn wir gemeinsam gewinnen könnten.“

Die amtierende Slalom-Weltmeisterin forderte eine Art nationalen Schulterschluss. „Jetzt ist es wichtig, dass wir im Team zusammenhalten. Dass wir als Nation Österreich zusammenhalten. Ich bin allen dankbar, die kommen und uns die Daumen drücken“, sagte Liensberger. Cheftrainer Trinker gehört dazu. „Ich wünsche den Damen, dass sie das abrufen, was sie draufhaben. Das ist keine leichte Aufgabe, weil das Selbstvertrauen nicht so da ist. Aber sie fahren schnell Ski.“ Nachsatz: „Wenn es wieder in die Hose geht, müssen wir das genauso hinnehmen.“