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Kriechmayr schlägt auf Streif zu

Vincent Kriechmayr hat in Kitzbühel für einen Paukenschlag gesorgt und erstmals in seiner Karriere die Streif-Abfahrt gewonnen. Der Weltmeister setzte sich am Freitag beim Auftakt des Hahnenkamm-Wochenendes 0,23 Sekunden vor Sensationsmann Florian Schieder (ITA) und 0,31 vor dem Schweizer Niels Hintermann durch. Der US-Amerikaner Jared Goldberg wurde weitere vier Hundertstelsekunden dahinter Vierter.

Der Jubel der Tausenden Fans im Zielraum der Streif galt Kriechmayr – vor zwei Jahren schon Gewinner des Kitz-Super-G, der nach verhaltenen Trainings auf der Fahrt zu seinem dritten Abfahrtssieg in dieser Saison und dem insgesamt 15. Weltcup-Erfolg seiner Karriere über sich hinausgewachsen war. Trotz schlechter Bodensicht und vollen Risikos blieb er auf der berüchtigten Streif annähernd fehlerfrei.

Er selbst sah das kritischer. „Ganz fehlerfrei war es nicht, ich habe unten in der Traverse voll riskiert. Einen halben Meter weiter und ich hätte absalutiert“, sagte der 31-Jährige im ORF-Interview. „Da habe ich Tempo verloren, vor allem fürs Ziel. Der Rest war einfach am Limit. Oben habe ich es, glaube ich, auch nicht ganz optimal erwischt. Ich weiß nicht warum, aber da war ich nicht bei den Schnellsten. Aber in Summe super, ich habe überall gekämpft.“

1. Vincent Kriechmayr (AUT)
2. Florian Schieder (ITA)
3. Niels Hintermann (SUI)

Zittern bei Schieder

Tief durchatmen durfte Kriechmayr nach der schneidigen Fahrt von Schieder, der mit Startnummer 43 bei nun besserer Sicht völlig überraschend und erstmals in seiner Karriere aufs Podest gerast war. Vor zwei Jahren hatte der 28-Jährige als 14. in Kitzbühel sein bisher bestes Weltcup-Ergebnis eingefahren. „Platz zwei im Ziel war fast ein Schock“, lachte Schieder. „Es ist perfekt gelaufen. Das Licht war bei mir natürlich besser, aber das muss man erst ausnützen können.“

Hintermann wurde neben zwei Siegen zum vierten Mal in seiner Weltcup-Karriere Dritter. Auch er schaute auf eine riskante Fahrt zurück. Er habe gewusst, dass er die Schlüsselpassagen gut treffen müsse, um vorne mitzufahren. „Und dass ich vom Kopf her viel riskieren muss. Eigentlich ist mir das ziemlich gut gelungen. Kitzbühel ist einfach die legendärste Abfahrt, die es gibt. Schweren Herzens sage ich das als Schweizer“, so Hintermann. „Es ist wirklich eine coole Abfahrt und macht richtig, richtig Freude, da fahren zu dürfen.“

Zahlreiche Schrecksekunden

Zittern musste Kriechmayr vor Schieder unter anderen auch beim Norweger Aleksander Aamodt Kilde, der unmittelbar hinter ihm gestartet war. Der sechsfache Saisonsieger (vier Siege in der Abfahrt) kam dem Oberösterreicher gefährlich nahe, ehe er in der Traverse nur dank artistischer Einlage im Rennen blieb, dabei aber viel verlor – letztlich 0,97 Sekunden als 16. auf Kriechmayr.

Aamodt Kilde entgeht Ausfall knapp

Nur mit viel Glück und Können konnte Aleksander Aamodt Kilde einen Sturz vermeiden.

Zwei Plätze vor Kilde, der nach einem Missgeschick im Training mit einer Fraktur eines Handwurzelknochens und Schmerzmittel gestartet war, schwang als zweitbester ÖSV-Läufer Otmar Striedinger mit 0,88 Sekunden Rückstand als 14. ab.

Daniel Hemetsberger, der mit Nummer sechs als Testpilot der Österreicher ins Rennen gegangen war und wie Kilde in der Traverse einen Sturz nur knapp vermeiden konnte, wurde 32. (+1,65). „Ich habe wirklich alles riskiert, aber die Lockerheit war heute nicht da“, sagte Striedinger. Stefan Babinsky büßte 2,19 Sekunden (42.) ein.

„Das tut weh“

Hemetsberger weinte einer vergebenen Chance nach. „Das tut weh. Ich war ein bisschen auf der Ferse. Dann hat es mich ausgehoben , bei der Landung war ich innen drauf und habe hinten nachgegeben. Gott sei Dank habe ich das gut überstanden“, sagte Hemetsberger, Streif-Abfahrtsdritter im Vorjahr. „Aber ansonsten habe ich alles reingehaut, was ich hatte. Richtig zufrieden bin ich natürlich nicht.“

Noch mehr Glück hatte übrigens der Schweizer Weltcup-Gesamtleader Marco Odermatt, als er vor der Steilhangausfahrt von einer Welle ausgehoben worden war und sich in der Folge mit 3,20 Sekunden Rückstand als 54. ins Ziel rettete. Auf seinen ersten Abfahrtssieg wartet Odermatt weiter.

Sein Landsmann Beat Feuz, dreifacher Streif-Sieger, verlor bei seinem vorletzten Weltcup-Rennen vor dem angekündigten Rücktritt 1,42 Sekunden (28.) . Nach der Abfahrt am Samstag (11.30 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 10.55 Uhr) ist für den 35-Jährigen Schluss.