Cornelia Hütter
APA/Barbara Gindl
Ski-WM

Genugtuung für Hütter nach langem Leid

Für Cornelia Hütter ist der langjährige Traum von der ersten WM-Medaille am Mittwoch in Erfüllung gegangen. Quasi vom Krankenbett hüpfte die 30-Jährige im WM-Super-G von Meribel als Ex-aequo-Dritte mit Kajsa Vickhoff Lie (NOR) auf das Stockerl und sorgte damit für die zweite Medaille der Damen und die insgesamt vierte des ÖSV-Teams im dritten Rennen der Titelkämpfe 2023. Nach den Problemen der vergangenen Jahre und Tage wirkte Bronze wie Balsam auf den Wunden der Steirerin.

Zehn Jahre nach ihrem ersten Weltcup-Podest war Hütter endlich dort, wo sie hingehörte – bei einer WM-Siegerehrung. Verletzungen hatten ihre Karriere gebremst. Die WM 2017 in St. Moritz verpasste sie wegen eines Kreuzband- und Meniskusrisses, 2019 in Aare fehlte sie wegen eines Innenbandeinrisses. Zwischendurch: Lungenprellung und eine Läsion der Milz – Intensivstation. Nach weiteren Knieverletzungen schaute sie auch bei der WM in Cortina vor zwei Jahren zu. Diesmal hätte ihr ein grippaler Infekt fast einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Doch Hütter bewies Nehmerqualitäten, gab nicht auf. Die Woche vor der WM in Meribel war sie im Bett gelegen, einen Tag vor der Kombi erstmals wieder auf Skiern. Starker Husten begleitete sie auch vor und nach dem Super-G, im Rennen blendete Hütter die gesundheitlichen Probleme dank Adrenalinschubs aus. Hundertstelglück? Das war auf ihrer Seite, anders als in Beaver Creek vor acht Jahren, als sie an WM-Bronze als Vierte um 0,01 Sekunden vorbeifuhr. „Im Leben kommt alles zurück“, sagte sie.

Super-G-Siegerehrung mit Hütter

Die neue Weltmeisterin Marta Bassino, Mikaela Shiffrin, Cornelia Hütter und Kajsa Vickhoff Lie nehmen die Medaillen für ihre Leistungen im Super-G entgegen.

Die lästige Erkältung vermochte Hütter in Meribel letztlich nicht zu stoppen – hilfreich war sie freilich nicht. „Wenn ich am Start stehe, möchte ich schon fit sein. Für die paar Minuten habe ich mich nur deshalb zusammengerissen, weil es das Rennen ist, das zählt.“ Die Voraussetzungen seien nicht optimal gewesen. Hütters Devise: „Pfeif drauf und runter. Das habe ich probiert. Schön, dass es aufgegangen ist.“

Hütter erobert Bronze

Zwei Tage nach Ricarda Haaser in der Alpinen Kombination eroberte Cornelia Hütter mit WM-Bronze im Super-G am Mittwoch ihr erstes Edelmetall bei einem Großereignis.

Bange Minuten im Ziel

Dem waren bange Minuten vorangegangen. Lange musste Hütter, als Sechste gestartet, um Bronze zittern. Erst als die Neuseeländerin Alice Robinson mit Startnummer 30 nach klaren Bestzeiten in den oberen Abschnitten als Siebente abschwang, war an der Medaille nicht mehr zu rütteln. „Das Warten im Ziel war schlimmer als die Fahrt. Ich habe gefühlt sieben Magengeschwüre und drei Nervenzusammenbrüche bekommen“, sagte sie, immer noch hustend.

Cornelia Hütter
GEPA/Mathias Mandl
Im Ziel begann für Hütter das lange Zittern

Ihre Leistung habe sie im Ziel schwer einschätzen können. „Ganz okay, aber bei einigen Passagen nicht richtig gut. Dass es für eine Medaille reicht, hätte ich im ersten Moment nicht gedacht. Dass es trotzdem eine wurde, freut mich jetzt umso mehr“, sagte Hütter, die bis zur dritten Zwischenzeit noch zurücklag, im Finish alle Kräfte bündelte und als Interimsschnellste abschwang. Flotter waren später nur US-Star Mikaela Shiffrin und Marta Bassino (ITA), die neue Weltmeisterin.

Damen-Cheftrainer Thomas Trinker, der seine erste WM in dieser Position bestreitet, atmete durch. „Das war für uns ein nervenaufreibendes Rennen – weil oben ist es immer schneller geworden, und unten haben sie sich schwergetan. Und jetzt sind wir natürlich sehr froh. Hütter kann sich gut einschätzen und hat sich im Rennen die paar Körner gut aufbehalten. Wenn solche Athleten auf den Punkt die Leistung erbringen, ist es immer etwas Besonderes, Hut ab.“

Thomas Trinker
GEPA/Mathias Mandl
Cheftrainer Thomas Trinker zog vor Hütter seinen Hut

Feuer lodert wieder

Mit einem Schlag war Hütters Leid der vergangenen Jahre zwar nicht vergessen, aber in weite Ferne gerückt. „Ich habe mein Binkerl zu tragen, aber ich weiß jetzt, wie ich damit umgehen muss. Ich weiß, wie sich mein Körper anfühlt und wie ich schnell Ski fahren kann. Das gibt mir Selbstsicherheit. Dass die überhaupt wieder zurückgekommen ist, war nicht selbstverständlich. Da waren viele helfende Hände dabei“, sagte Hütter.

Der Steirerin fiel im Moment des Glücks ein Stein vom Herzen. „Solche Geschichten, solche Emotionen hätte ich nicht mehr, wenn ich nur daheim sitzen würde", sagte Hütter. Deshalb bin ich froh, dass ich dem, was ich in mir gespürt habe, vertraut habe. Und das gemacht habe, was tief in meinem Herzen noch gelodert hat – das Feuer war längst weg. Die letzten Jahre waren beschissen, aber ich habe mich wieder herausgekämpft. Umso mehr kann ich den Erfolg genießen, weil ich weiß, dass er nicht selbstverständlich ist.“

Teamkolleginnen gratulieren

Ihre geschlagenen Teamkolleginnen gratulierten neidlos. „Ich freue mich für Conny. Sie hat uns gezeigt, wie es geht“, sagte ihre steirische Landsfrau Ramona Siebenhofer, als zweitbeste ÖSV-Läuferin auf Platz 17. Die Salzburgerin Mirjam Puchner (19.), Olympiazweite im Super-G von Peking, meinte: „Das ist richtig cool für sie nach den schwierigen Jahren. Taugt mir voll. Sie hat echt gelitten. Dann eine Medaille zu holen, ist unglaublich schön.“

„Sie hat es runtergebracht, ich bin stolz, dass wir allen zeigen, dass wir vorne mitfahren können. Die Kritik ist nicht spurlos an uns vorübergegangen. Jetzt haben wir nach zwei Rennen zwei Medaillen, die nehmen wir gerne mit“, sagte Tamara Tippler (21.), dritte Steirerin im Bunde, die wie Siebenhofer und Stephanie Venier am Donnerstag in der ÖSV-Quali um einen Startplatz in der Abfahrt kämpft. Hütter ist wie Puchner und Nina Ortlieb für das Rennen am Samstag (11.00 Uhr, live in ORF1, Übertragungsbeginn 10.20 Uhr) gesetzt.