Ski-WM

St-Germain sticht Slalom-Elite aus

Die Damen-Bewerbe bei der alpinen Ski-WM in Frankreich sind mit einer Sensation zu Ende gegangen. Die Kanadierin Laurence St-Germain fing Mikaela Shiffrin im Slalom am Samstag dank einer famosen Fahrt in der Entscheidung noch ab und sicherte mit 0,57 Sekunden Vorsprung Gold vor der US-Amerikanerin. Bronze holte die Deutsche Lena Dürr (+0,69). Für die ÖSV-Damen setzte es im letzten Bewerb das schlechteste WM-Ergebnis seit 14 Jahren.

Keine Nerven zeigte indes die Überraschungsweltmeisterin St-Germain, die einerseits von einem Patzer von Shiffrin, aber auch von einem Einfädler der zur Halbzeit zweitplatzierten Schweizerin Wendy Holender profitierte. „Dass ich Weltmeisterin bin, muss ich mir ein paar Mal vorsagen, damit ich mich daran gewöhnen kann“, meinte die 28-jährige Kanadierin im ORF-Interview. Nach Gold durch Anne Heggtveit 1960 und Nancy Greene, die 1968 Silber geholt hatte, war es erst die dritte Medaille in einem Frauen-WM-Slalom für Kanada.

„Ich habe schon einige Fehler gemacht, aber ich habe mir dann gedacht, ich muss noch schneller fahren. Ich verstehe selber nicht, was da los ist. Es ist verrückt, dass ich jetzt Weltmeisterin bin. Ich konnte es schon nicht glauben, dass ich auf dem Podium bin und habe Lena gefragt, wo ich mich als Zweite oder Dritte hinstellen muss“, sagte St-Germain. Für Kanada war es in Frankreich die vierte Medaille und die zweite in Gold, nachdem James Crawford im Super-G gewonnen hatte.

Slalom-Silber für Mikaela Shiffrin

Shiffrin fällt im zweiten Durchgang auf den zweiten Platz zurück.

Huber als beste ÖSV-Läuferin Elfte

Österreich spielte indes nur eine Nebenrolle. Als beste ÖSV-Läuferin landete Katharina Huber mit 1,32 Sekunden Rückstand auf dem elften Rang. Franziska Gritsch, die den zweiten Durchgang als Halbzeit-30. eröffnete, machte noch viele Plätze gut und wurde 13. (+1,34) Katharina Truppe, die in dieser Saison Ende November in Killington als Dritte für den einzigen Podestplatz gesorgt hatte, landete auf dem 18. Rang. Titelverteidigerin Katharina Liensberger verpatzte indes den zweiten Lauf und fiel vom 14. auf den 20. Rang zurück.

Damit setzte es das schlechteste Ergebnis seit der WM 2009 in Val-d’Isere, als Elisabeth Görgl und Anna Fenninger das Finale verpassten und Kathrin Zettel und Michaela Kirchgasser in der Entscheidung ausfielen. Bei den darauffolgenden Titelkämpfen schaffte es jeweils zumindest eine ÖSV-Läuferin in die Top Sechs. Bei den letzten Titelkämpfen in Cortina d’Ampezzo 2021 stand mit Liensberger am Ende sogar eine ÖSV-Läuferin am Ende ganz oben auf dem Podest.

Liensberger fällt zurück

Entscheidung im WM-Damen-Slalom in Meribel: Titelverteidigerin Katharina Liensberger fiel in der Entscheidung vom 14. auf den 20. Rang zurück

Chancen schon im ersten Durchgang verspielt

Von einer Medaille waren die ÖSV-Damen diesmal aber weit entfernt. Die Chancen auf eine bessere Platzierung hatte das ÖSV-Quartett bereits im ersten Durchgang verspielt. Liensberger lag zur Halbzeit als 14. bereits 1,70 Sekunden zurück, nahm als regierende Weltmeisterin im zweiten Durchgang Risiko, wurde aber nicht belohnt. Huber fehlten schon 1,87 Sekunden auf die Bestzeit. Truppe wies 2,12 Sekunden Rückstand auf, Gritsch 2,45 Sekunden. „Ich denke, es war ein ganz guter Lauf. Ich habe mich sehr über den ersten Lauf geärgert, weil er von der Linie zu hoch war“, meinte Gritsch im ORF-Interview.

1. Laurence St-Germain (CAN)
2. Mikaela Shiffrin (USA)
3. Lena Dürr (GER)

Huber war von ihrer Platzierung etwas überrascht. „Der Lauf war ein bisschen fehlerhaft, deshalb hat es mich gewundert, dass im Ziel der zweite Platz aufgeleuchtet hat“, erklärte die 27-jährige Niederösterreicherin. „Die Welle in der Mitte verleitet dazu, dass man mit dem Körper zurückgeht, und dann verliert man gleich viel Zeit. Grundsätzlich kann ich mit meinem Skifahren zufrieden sein. Es ist aber auch eine Kopfsache, weil es mich schon oft kurz vor dem Ziel rausgehaut hat, das hat man dann auch im Hinterkopf.“

Truppe sichtlich mitgenommen

Truppe war sichtlich mitgenommen und riesig enttäuscht. „Es ist grad eine harte Partie, es heißt weiter üben. Es war oben schon ein Schnitzer, der hat mir die Zeit runtergerissen“, erklärte die 27-jährige Kärntnerin. „Es war schwierig, aber es war schon im ersten Lauf der Hund begraben. Ich glaube, man holt einfach viel heraus, wenn man sich traut, den Ski laufen zu lassen.“

Auch Liensberger fährt ihrer Form der vergangenen Winter weiter vergeblich hinterher. „Ich ging ‚all in‘, habe mein Bestes versucht, aber ich muss die richtigen Schritte setzen, damit ich wieder weiter vorne sein kann“, erklärte die 25-jährige Vorarlbergerin im ORF-Interview. „Ich muss aus dem Tief herauskommen. Danke an alle, die weiter Vertrauen in mich haben.“

Shiffrin zeigt im Finale Nerven

Shiffrin machte auf dem Weg zum erstmaligen WM-Technik-Double ihrer Karriere eine verhaltene Fahrt in der Entscheidung noch einen Strich durch die Rechnung. „Es hat heute so viel Spaß gemacht zu fahren“, meinte die US-Amerikanerin, die mit drei WM-Medaillen nach Hause fährt. „Wenn man ein bisschen rausnimmt, dann reicht es nicht mehr. Nach zwei Wochen war ich einfach schon müde, und dann kann ich mich nicht mehr so schnell bewegen. Schnell genug für Silber, aber nicht mehr für Gold. Ich habe es mir vorgenommen, konnte es aber nicht mehr umsetzen. Ich freue mich für den kanadischen Verband und Laurence.“

Glücklich war auch Dürr, die nach Gold von Alexander Schmid im Parallelbewerb für die zweite deutsche Medaille in Frankreich sorgte. „Ich konnte gar nicht hinschauen, habe schon mit Platz vier gerechnet. Jetzt bin ich nur froh, dass die Hundertstel auf meiner Seite waren, nach dem vierten Platz bei Olympia kommt eben alles zurück“, sagte die 31-Jährige. „Wir haben nie aufgegeben und damit gerechnet, dass wir mal ganz oben stehen könne. Der Sieg von Laurence ist eine Geschichte, wie sie nur bei Großereignissen geschrieben wird. Sie hat zu mir gesagt, dass sie noch nie besser als Sechste war.“