Carina Wenninger im ÖFB-Teamdress
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Fußball

Routinierin Wenninger zieht Schlussstrich

Österreichs Fußballnationalteam muss den nächsten Rücktritt einer verdienten Spielerin hinnehmen. Die langjährige Bayern- und aktuelle Roma-Legionärin Carina Wenninger wird ihre aktive Karriere nach dieser Saison beenden. „Ich werde im Sommer als Profi aufhören. Es waren wunderschöne 16 Jahre“, sagte die 32-jährige Steirerin, die dem Österreichischen Fußballbund (ÖFB) als Ligamanagerin erhalten bleiben wird, am Mittwoch in Wien.

„Es war eine schwierige Entscheidung, in mir drin weiß ich, dass es jetzt sein muss. Das war ein Prozess über Monate“, sagte die Verteidigerin im ORF-Interview. Zuvor hatte sie gesagt: „Es sind mehrere Dinge zusammengekommen: Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist, und ich kann den Zeitpunkt selbst bestimmen, weil ich noch topfit bin und in der Lage, Mannschaften helfen zu können. Ich komme nach 16 Jahren im Ausland auch gerne nach Österreich zurück und habe außerdem eine tolle Jobmöglichkeit beim ÖFB.“

Wenninger, die zuletzt auch ein halbes Jahr die Kapitäninschleife trug, hat nicht weniger als 127 Spiele für das österreichische Nationalteam bestritten und damit die zweitmeisten nach Rekordhalterin Sarah Puntigam (133). Wenninger war jeweils Teil der erfolgreichen Teams, die bei den Europameisterschaften 2017 (Halbfinale) und 2022 (Viertelfinale) spielten. „Wir sind aktuell Nummer 18 der Welt, so gut waren wir noch nie“, betonte sie. Teamchefin Irene Fuhrmann und ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel erklärten unisono über die langjährige Stütze: „Sie ist de facto am Höhepunkt ihrer Karriere.“

Wenninger tritt ab

ÖFB-Kapitänin Carina Wenninger wird mit Saisonende ihre Karriere beenden. Nach 16 Jahren als aktive Sportlerin wird sie nun Ligamanagerin in der Frauen-Bundesliga im ÖFB.

Als absolute Highlights nannte sie den Einzug ins Halbfinale der EM 2017 („ein Wahninnsmoment“) und das mit 0:1 knapp verlorene Eröffnungsspiel 2022 gegen England vor rund 68.000 Zuschauern und Zuschauerinnen im legendären Old Trafford in Manchester. Wenninger erklärte, dass sie immer noch Spaß habe am Fußball, betonte aber: „Viele Sportler verpassen den Moment. Ich glaube, für mich ist der richtige Moment zu sagen, dass man zurücktritt, wenn man auf CL-Niveau spielen kann und im Team die Ehre hat, Kapitänin zu sein.“

Generationswechsel im ÖFB-Team setzt sich fort

Zuletzt spielte die Innenverteidigerin noch die erste Hälfte beim 3:2-Sieg im Testspiel gegen Belgien am Freitag, das 2:0 gegen Tschechien am Dienstag verfolgte sie schon von der Bank aus. Nach der verpassten Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2023, die in 99 Tagen in Australien und Neuseeland eröffnet wird, setzt sich der Generationswechsel im ÖFB-Team damit fort. Bereits nach der erfolgreichen EM in England hatten die langjährige Kapitänin Viktoria Schnaderbeck und Lisa Makas ihre Karrieren beendet, später hatten sich Jasmin Eder und Stefanie Enzinger vom Team verabschiedet.

Carina Wenninger gibt bei einer Pressekonferenz ihr Karriereende bekannt
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Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kündigte Wenninger am Mittwoch ihren Rücktritt an

Auswirkungen hat der Schritt auch für Fuhrmann, die Wenninger nach Schnaderbecks Karriereende im vergangenen Herbst zur Kapitänin beförderte. Am Mittwoch stand aber die Danksagung im Vordergrund.

„Du bist ein absolutes Aushängeschild des österreichischen Frauen-Fußballs. Du hast viele junge Mädchen animiert, mit dem Fußball zu beginnen. Auch weil du durch deine Einstellung, deine harte Arbeit, deine Liebe zu diesem Sport jedem Mädchen gezeigt hast, was möglich ist zu erreichen“, adelte Fuhrmann die Karriere von Wenninger. „Du warst eine ganz wesentliche Säule, vielleicht auch das Fundament, weil wir dich nicht nur als Führungsspielerin am Platz verlieren, sondern als absolute Persönlichkeit.“ Die Teamchefin erklärte, es werde nun ihre Aufgabe sein, „diese Riesenlücke, die du hinterlässt, möglichst rasch zu schließen“.

Rekordspielerin bei Bayern, Titelchancen mit Roma

Wenninger, die mit Roma nach dem Gewinn der italienischen Meisterschaft greift, spielte zunächst für SV Thal sowie FC Gratkorn und LUV Graz, ehe sie in 15 Jahren bei Bayern München zur Rekordspielerin avancierte. Dreimal holte sie mit den Münchnerinnen die deutsche Meisterschaft, mit Roma gewann sie zu Beginn ihres einjährigen Engagements gleich den Supercup. Im Viertelfinale der Champions League kam das Aus, der Gewinn der Meisterschaft sowie des Cups wäre aber der würdige Schlusspunkt einer eindrucksvollen Karriere.

Carina Wenninger im Roma-Trikot
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Mit Roma kann Wenninger in dieser Saison noch die Meisterschaft und den Cup gewinnen

„Ich möchte mit der Roma noch zwei Titel gewinnen“, unterstrich die Wahlrömerin, die sich mit ihrem Auslandsengagement einen Traum erfüllte. Wenninger hatte 2007 als 16-Jährige an der Seite von Schnaderbeck den Sprung aus der Steiermark von LUV Graz nach München gewagt. Dort gewann sie neben den Meisterschaften (2015/16/21) auch je einmal den DFB-Pokal (2012) und den Bundesliga-Cup (2011). Im vergangenen Sommer wechselte die Abwehrspielerin nach 15 Jahren und 303 Pflichtspielen im Bayern-Trikot auf eigenen Wunsch für ein Jahr leihweise in die italienische Hauptstadt.

Wenninger bleibt ÖFB in neuer Funktion erhalten

Wenninger wird dem Fußball aber erhalten bleiben und künftig im Verband arbeiten. „Carina wird künftig Managerin der Frauen-Bundesliga, damit auch hier die nächsten Schritte gesetzt werden“, so Schöttel. Der Fußballverband hatte diesen neuen Posten erst im Frühjahr ausgeschrieben, Wenninger ergriff die Chance. „Ich freue mich, nach vielen Jahren nach Hause zu kommen.“

Schöttel meinte zudem, er habe zuerst wenig Freude mit der Rücktrittsentscheidung Wenningers gehabt, da sie eine tragende Säule im Nationalteam sei. „Sie ist bzw. war eine Führerin, aber nicht auf laute Art und Weise, sondern schlau und zurückhaltend – auf und neben dem Feld. Das hat mir immer sehr imponiert.“ Die Defensivspielerin habe sehr viel für den ÖFB geleistet. „Sie hat 127 Länderspiele, das sind mehr als doppelt so viele wie ich habe. Und meine sind mir schon viel vorgekommen“, so Schöttel.

EM-Endrunden als absolute Highlights

Ihr gelangen sieben Tore. Neben dem EM-Halbfinale 2017 hat sie das Erreichen des EM-Viertelfinales im Vorjahr auf der Habenseite stehen. Bei den beiden einzigen ÖFB-Endrundenteilnahmen verpasste sie keine Minute. 2017 erlebte sie bei der ÖFB-Premiere bei einem Großevent das 1:0 gegen die Schweiz, 1:1 gegen Frankreich, 3:0 gegen Island und den sensationellen Viertelfinal-Aufstieg gegen Spanien (5:3 i. E. nach 0:0) in den Niederlanden mit. Nur aufgrund eines verlorenen Elferschießens gegen Dänemark (0:3 nach 0:0) wurde es nichts mit einem Finaleinzug.

2022 in England sicherten nach einem Auftakt-0:1 gegen die Gastgeberinnen im Old Trafford Erfolge über Nordirland (2:0) und Norwegen (1:0) den neuerlichen Aufstieg in die K.-o.-Phase. Im Viertelfinale gegen Deutschland (0:2) war auch aufgrund des fehlenden Spielglücks Endstation. In der Nachbetrachtung überwog klar das Positive, was Monate später nicht mehr der Fall war. Da setzte es auch für Wenninger einen herben Rückschlag, platzte doch der WM-Traum im Play-off in Schottland im Oktober vorzeitig. Sicher mit ein Grund, um vorzeitig dem aktiven Fußball adieu zu sagen.

Steckbrief Carina Wenninger

Geboren: 6. Februar 1991

Geburtsort: Graz

Aktueller Verein: AS Roma (ausgeliehen vom FC Bayern München seit Sommer 2022)

Bisherige Vereine: SV Thal, LUV Graz, FC Gratkorn, Bayern München (2007 – 2022)

Vereinserfolge: drei deutsche Meistertitel (2014/15, 15/16, 20/21), DFB-Pokalsiegerin (2012), Bundesliga-Cup-Siegerin (2011), Rekordspielerin des FC Bayern München (303 Pflichtspiele), Supercoppa Italiana (2022)

Nationalteam: 127 Länderspiele/sieben Tore, EM-Halbfinale 2017, EM-Viertelfinale 2022, Österreichs Mannschaft des Jahres 2017