Formel-1-Autos auf der Rennstrecke mit dem Red Bull von Max Verstappen im Zentrum
APA/AFP/Martin Keep
Formel 1

Zwiegespaltene Lager vor Premiere in Baku

Beim Grand Prix von Aserbaidschan in Baku wird am Samstag (15.30 Uhr, live in ORF1) erstmals auf einem Formel-1-Stadtkurs gesprintet. Und erstmals bestimmt das Ergebnis nicht mehr die Startaufstellung für den Grand Prix am Sonntag (13.00 Uhr, live in ORF1). Durch das neue Sprintformat erhoffen sich die Macher mehr Risikobereitschaft bei den Fahrern.

Zudem soll der Modus den Fans in Zukunft mehr Show liefern, doch die Spektakeljagd wird auch von Sorgen begleitet. Künftig wird an den Sprintwochenenden – davon gibt es in dieser Saison schon sechs – bereits am Freitag die Qualifikation für das Hauptrennen gefahren.

Am Samstag gibt es losgelöst davon ein verkürztes Sprintqualifying und anschließend ein Kurzrennen über nur 100 Kilometer, bei dem es für den Gewinner immerhin acht WM-Punkte gibt. Dafür wird ein für die Fans recht belangloses Training am Samstagvormittag gestrichen, den Fahrern bleibt lediglich noch eine einstündige Trainingseinheit pro WM-Lauf am Freitag.

Diskussionen über neues F1-Sprintformat

Wenige Tage vor dem Grand Prix von Aserbaidschan in Baku hat die Formel 1 ihr neues Sprintformat vorgestellt. Die Meinungen dazu sind durchaus gespalten.

Verstappen erneuert Kritik in Baku

Red-Bull-Pilot Max Verstappen hätte gerne auf die Einführung einer zweiten Qualifikation und die kurzfristig abgesegnete Formatreform an diesem Grand-Prix-Wochenende mit einem Sprintrennen verzichtet. Der erneut dominante Weltmeister fürchtet noch mehr Crash-Gefahr. „Für mich geht es in Sprints nur ums Überleben, nicht um ein Rennen“, sagte der Niederländer kürzlich in Australien.

In Baku legte er nach: „Wenn wir den Kalender immer weiter ausbauen und das ganze Wochenende so lang ist, fragt man sich irgendwann, ob es das wert ist.“ Der zweifache Champion ließ auch seine Zukunft in der Formel 1 offen: „Ich weiß, dass ich einen Vertrag bis Ende 2028 habe, und dann werden wir noch einmal darüber nachdenken“, sagte der WM-Führende. „Aber ich habe das Gefühl, wenn es an einem Punkt zu viel wird, dann ist es Zeit für eine Veränderung.“

Formel-1-Rennstrecke von Baku (Aserbaidschan)
IMAGO/HochZwei
In den engen Straßen Bakus wird erstmals das neue Sprintformat ausgetragen

Der Fokus von Verstappen liege immer auf dem eigentlichen Grand Prix, bei dem es für den Sieger 25 WM-Zähler gibt. „Es ist nicht die DNA der Formel 1, diese Sprints zu machen. In der Formel 1 geht es um ein gutes Qualifying und dann einen starken Sonntag mit einer langen Renndistanz“, sagte Verstappen. Auch Aston-Martin-Teamchef Mike Krack ist vor dem Sprintrennen in Aserbaidschan besorgt. „Ich bin nervös wegen eines Sprints in Baku, weil man einfach nicht genug Zeit hat, um etwas zu reparieren, wenn man einen größeren Schaden hat“, sagte er gegenüber dem Fachportal Autosport.com.

Auch positive Rückmeldungen

Viele andere begrüßten jedoch die Veränderungen. „Ein zweites Qualifying ist viel besser für die Fans und auch für uns, weil es spannend ist“, sagte Haas-Teamchef Günther Steiner: „Es passiert jetzt noch mehr, mit zwei Qualifyings und zwei Rennen – und ich denke, das ist großartig für den Sport.“ Seine Meinung könnte sich aber schnell ändern, sollten sich seine Fahrer am Samstag schwere Unfälle leisten oder unverschuldet in Chaos verwickelt werden. Möglich ist, dass ein beschädigter Wagen nicht rechtzeitig repariert werden kann.

Gerade in Baku gab es in der Vergangenheit einige schwere Unfälle. Der Kurs am Kaspischen Meer bietet eine Mischung aus breiten High-Speed-Geraden und engen Kurven in der Altstadt. Mut ist gefragt, Übermut wird hart bestraft. 2018 kollidierten die damaligen Red-Bull-Teamkollegen Verstappen und Daniel Ricciardo nach einem harten Zweikampf und schieden beide aus.

2021 krachte Lance Stroll nach einem Reifenplatzer mit viel Wucht in die Streckenbegrenzung. Dem in Führung liegenden Verstappen passierte kurz darauf Ähnliches, und er schied aus, bevor er im Vorjahr dann endlich in Baku gewinnen konnte.

Max Verstappen (Red Bull Racing) mit dem Siegerpokal von Baku
Reuters/Leonhard Foeger
Verstappen triumphierte im Vorjahr erstmals in Baku

„Wir sind nervös“

„Ja, wir sind nervös“, sagte McLaren-Teamchef Andrea Stella und verdeutlichte das Dilemma der Rennställe. „Gleichzeitig unterstützen wir die Steigerung des Spektakels durch die Sprintrennen. Irgendwie müssen wir uns anpassen.“ Letztendlich gehe es darum, ein gutes Gleichgewicht zwischen Show und vertretbarem Risiko zu finden, betonte der Italiener.

Seit der Einführung einer Kostenobergrenze in der Motorsport-Königsklasse ist es längst auch eine Frage des Geldes. Nach schweren Unfällen können nicht mehr unbegrenzt neue Teile produziert werden, ohne dass das zulasten der Weiterentwicklung an den Autos geht. Das musste auch Steiner mit Haas schon spüren. Als Mick Schumacher im Vorjahr Crashs mit Schäden in Millionenhöhe verursachte, konnten technische Verbesserungen nicht so schnell wie geplant durchgeführt werden, weil das Geld in die Reparaturen fließen musste.

Hoffen auf mehr Spannung

Geht es nach Verstappen, sollte die Formel 1 ohnehin an anderer Stelle ansetzen, um mehr Spektakel zu schaffen. „Wie man noch mehr Action bekommt: Man muss die Autos näher zusammenbringen, es müssen mehr Teams die Chance auf einen Sieg haben, dann wird die Show ganz natürlich großartig“, sagte der Niederländer. „Wenn sechs oder sieben Teams um einen Sieg kämpfen, dann wäre das unglaublich, und man muss gar nichts verändern.“

Doch von sportlicher Spannung ist die Rennserie derzeit weit entfernt. Kaum jemand zweifelt daran, dass sich Verstappen seinen dritten WM-Titel nacheinander sichern wird. Das Auto von Red Bull ist der Konkurrenz weit voraus – auch vor dem Start in Baku.