Jubelnde Fans in Neapel
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Fußball

Dramatische Feier in Neapel nach „Scudetto“

Nach 33 Jahren Warten hat der SSC Napoli am Donnerstag mit einem 1:1 in Udine vorzeitig den Gewinn des dritten „Scudetto“ fixiert und eine famose Saison gekrönt. Für die Spieler begann die Meisterfeier unmittelbar nach dem Schlusspfiff mit einem Platzsturm der mitgereisten Fans, in Neapel machten die „Tifosi“ die Nacht zum Tag. Die wilde Party verlief aber nicht ohne Zwischenfälle. Insgesamt seien mehr als 200 Menschen in die Notaufnahmen gekommen. Ein Todesfall soll unterdessen in keinem Zusammenhang mit den Feiern stehen.

Dank des Remis in Udine sind „Gli Azzurri“ („Die Blauen“) fünf Spieltage vor Schluss bei 16 Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger Lazio Rom nicht mehr von Platz eins zu verdrängen. Dem eigentlich recht coolen Trainer Luciano Spalletti kamen im Interview nach dem Schlusspfiff die Tränen, als er im Moment des Triumphes an den verstorbenen Bruder erinnerte. Beim Blick auf die Livebilder aus Neapel, wo Zigtausende Fans feierten, sprach der Coach von der „größten Genugtuung“.

„Diese Meisterschaft ist superverdient“, resümierte Kapitän Giovanni Di Lorenzo mit blauschimmernden Haaren. In der Kabine war der Europameister wie viele seiner Teamkollegen der Haarfärbespraydose nicht entkommen. „Wir können die Feier kaum noch erwarten.“ Die war daheim in der Hafenstadt am Fuße des Vesuvs schon im vollen Gange – kein Wunder, mussten die Fans doch lange auf den dritten Titel in der Serie A nach 1987 und 1990 warten. Die beiden Erfolge fielen in die Napoli-Ära von Weltstar Diego Armando Maradona.

Fußball: Napoli am Ziel seiner Meisterträume

Der SSC Napoli hat zum ersten Mal seit 33 Jahren und zum dritten Mal in der Clubgeschichte den Meistertitel in der italienischen Serie A geholt. Dafür reichte der Mannschaft von Trainer Luciano Spalletti am Donnerstag in Udine ein 1:1 (1:0). Fünf Spieltage vor Schluss hat Napoli damit 16 Punkte Vorsprung auf Lazio Rom und kann somit nicht mehr eingeholt werden.

„Tifosi“ machen Nacht zum Tag

60.000 Fans hatten sich am Donnerstag das entscheidende Gastspiel bei Udinese gemeinsam auf Leinwänden des nach Maradona benannten Stadions angesehen, danach ging es in die Innenstadt. Aus allen Ecken der Stadt schossen die Fans Feuerwerksraketen in den Himmel, ähnlich wie zu Silvester. Auf der Piazza del Plebiscito nahe dem Hafen drängten sich die Anhänger, sangen und feierten, schwenkten Fahnen und brannten Leuchtraketen ab.

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Menschenmenge in der Innenstadt von Neapel
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60.000 Fans sahen das Spiel in Neapel auf Leinwänden im Heimstadion, danach ging es in die Innenstadt
Napoli-Fans strecken Fahnen aus Auto
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33 Jahre mussten die Napoli-Fans auf den dritten „Scudetto“ warten, der Jubel war entsprechend groß
Feuerwerk über dem Piazza del Plebiscito
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Auf der Piazza del Plebiscito nahe dem Hafen drängten sich die Anhänger nach dem Schlusspfiff
Feuerwerk über Neapel
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Aus allen Ecken der Stadt schossen die Fans Feuerwerksraketen in den Himmel
Napoli-Fans jubeln
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Die Anhänger sangen und feierten, schwenkten Fahnen und brannten Leuchtraketen ab
Feiernde Napoli-Fans
Reuters/Ciro De Luca
Bereits vor dem Schlusspfiff in Udine brachen in Neapel alle Dämme, danach gab es kein Halten mehr
Fans ziehen durch die Straßen von Neapel
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In ganz Neapel feierten die Fans auf den Straßen und ließen ihrer Freude freien Lauf
Jubelnde Napoli-Fans
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Viele Fans waren bei den ersten beiden Napoli-Meistertiteln 1987 bzw. 1990 noch gar nicht auf der Welt

Ein Großaufgebot der Polizei sollte dafür sorgen, dass die Feiern friedlich blieben. Dennoch wurden schon bald Zwischenfälle registriert. Insgesamt seien mehr als 200 Neapolitaner in die Notaufnahmen gekommen, schrieb „Gazzetta dello Sport“ am Morgen, rund 100 davon mit mittelschweren und schweren Verletzungen. Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete zudem von einem 26-Jährigen, der infolge von Schussverletzungen im Krankenhaus starb. Neapels Präfekt Claudio Palomba betonte am Freitag aber, dass der Todesfall in keinem Zusammenhang mit den Feiern stünde.

In Udine berichtete der dortige Präfekt von acht Anhängern, die medizinisch behandelt werden mussten. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff hatten Napoli-Fans das Spielfeld gestürmt, um mit den Spielern zu feiern. Kurz darauf liefen auch Anhänger von Udine auf den Platz und machten zum Teil Jagd auf die Gäste-„Tifosi“. Auf Videobildern ist zu sehen, wie Fans unter anderem mit Gürteln und Stöcken aufeinander einschlugen, ehe die Polizei einschritt.

Am Ziel einer langen Reise

Die Zwischenfälle trübten die sponaten Meisterfeiern, auch wenn die meisten Anhänger davon nichts mitbekommen hatten. Dominiert wurde die Party von der Erleichterung über das Ende der langen Durststrecke. Blickt man auf den Marktwert, so kommt der Erfolg allerdings gar nicht überraschend. Mit 629 Millionen Euro Marktwert liegt der sechsfache Coppa-Italia-Sieger laut www.transfermarkt.at deutlich vor der Konkurrenz, darunter als erste Verfolger die Mailänder Topclubs Milan (547) und Inter (534).

Aushängeschild ist der 24-jährige nigerianische Stürmer Osimhen (27 Pflichtspieltore), dessen Wert sich auf mehr als 100 Millionen Euro beläuft. Ähnlich wertvoll ist der 22-jährige georgische Flügelspieler Chwitscha Kwarazchelia (85 Mio.). Doch auch die Defensive rund um Kapitän Di Lorenzo ist ein Prunkstück. „Wir sind eine Einheit, spielen mit großer Begeisterung und haben Spaß auf dem Platz“, nannte Di Lorenzo das Erfolgsgeheimnis des in einem 3-5-2-System agierenden Clubs.

Coach Spalletti ist seit Juli 2021 im Amt, nach Rang drei in seiner Premierensaison folgte der große Coup. „Er schaut nicht auf Namen, es stehen jene Spieler in der Startelf, die es sich verdienen“, verlautete Di Lorenzo. Napoli konnte auch international reüssieren. Erstmals gelang der Sprung ins Viertelfinale der UEFA Champions League, wo nur knapp gegen Milan (0:1, 1:1) Endstation war. Somit bleibt der UEFA-Cup-Sieg 1989 der einzige Europacup-Triumph der Süditaliener.

Erinnerung an Maradona werden wach

Damals führte noch der am 25. November 2020 verstorbene Maradona Regie. In der süditalienischen Stadt am Vesuv erlebte die am 30. Juni 1984 für die damalige Rekordsumme von 13 Milliarden Lire (10,61 Mio. Euro) vom FC Barcelona gekommene argentinische Legende ihre glanzvollste Zeit im Clubfußball. Als Solokünstler führte er seine durchschnittlich bestückte Mannschaft zweimal zum Meistertitel. Auf der anderen Seite akzentuierten sich in der von der Camorra unterwanderten Stadt die menschlichen Abgründe des Superstars. Die Öffentlichkeit erlebte mit, wie dem Ballkünstler die Kontrolle über das Leben entglitt.

Diego Maradona, 1987
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Maradona führte Napoli 1987 und 1990 zu den ersten beiden Meistertiteln der Clubgeschichte

Maradona verließ den Club 1991, danach ging es bergab. 2001 stieg Napoli in die Serie B ab, nach einem Konkurs 2004 mit 67 Millionen Euro Schulden musste der Verein sogar zwangsweise in die Serie C. Filmproduzent Aurelio de Laurentiis kaufte für 29,25 Mio. Euro die Konkursmasse, auch die Fans hielten Napoli die Treue. 40.000 Anhänger demonstrierten im Juli 2004 im Stadion gegen den Zwangsabstieg, 15.000 Saisonkarten wurden für die dritte Liga verkauft, in der die Blau-Weißen teilweise über 60.000 Zuschauer ins San-Paolo-Stadion lockten.

Der Neustart gelang. 2006 schaffte Napoli den Aufstieg in die Serie B, 2007 mit dem Österreicher György Garics die Rückkehr in die Serie A. Der ehemalige Abwehrspieler war bis Sommer 2008 für zwei Jahre für Napoli tätig. Ab Ende Juli 2009 spielte dort mit Erwin Hoffer ein weiterer Ex-Rapidler, der Stürmer wurde aber nicht glücklich und kam über elf Pflichtspieleinsätze nicht hinaus. Im August 2013 war das Napoli-Engagement nach mehreren Leihstationen zu Ende. Zuvor hatte mit Fritz Kreutzer in der Saison 1926/27 ein weiterer Österreicher das Napoli-Dress getragen.

Serie A, 33. Runde

Mittwoch, 3. Mai:
Juventus Turin Lecce 2:1
Atalanta Spezia 3:2
Salernitana * Fiorentina 3:3
Sampdoria Genua Torino ** 0:2
Lazio Rom Sassuolo 2:0
Hellas Verona Inter Mailand 0:6
AC Milan Cremonese 1:1
Monza AS Roma 1:1
Donnerstag, 4. Mai:
Udinese Napoli 1:1
Empoli Bologna *** 3:1
* Daniliuc ab 14. Minute
** Lazaro ab 63. Minute
*** Posch spielte durch

Tabelle: