Der Radsportweltverband (UCI) hatte schon zu Saisonbeginn die Bestimmungen im Falle einer Coronavirus-Infektion gelockert. Es gibt keine verpflichtenden Tests mehr, stattdessen ist es nun Sache der jeweiligen Rennställe, wie sie mit dem Virus umgehen und welche Maßnahmen bei positiven Tests ergriffen werden. Das Quick-Step-Team hatte sich diesbezüglich für eine rigide Vorgangsweise entschieden.
„Wir wissen nicht, welche Konsequenzen dies für ihr Herzsystem hat. Unsere Rolle besteht darin, unsere positiv auf Corona getesteten Fahrer daran zu hindern, weiter an Wettkämpfen teilzunehmen“, hatte Mannschaftsarzt Yvan van Mol die teaminterne Verfahrensweise bereits zu Saisonbeginn erklärt. „Wir haben im Nachhinein noch nicht genügend Erkenntnisse, um sicher sein zu können, dass dies keine Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben wird.“
„Richtige Entscheidung“ für Gesundheit
Evenepoel hatte sich durch seinen Zeitfahrsieg vor dem ersten Ruhetag das Rosa Trikot des Gesamtführenden zurückgeholt. Nach der Etappe klagte er über leichte Erkältungssymptome. „Corona hat nicht mehr die volle Kraft wie früher, aber trotzdem …“, sagte der belgische Virologe Marc van Ranst dem Sender Sporza: „Evenepoel hat für seine Gesundheit die richtige Entscheidung getroffen. Außerdem lebt man dort immer noch in einer Gruppe. Man kann dort jeden anstecken, selbst jetzt, wo das Virus weniger stark ist.“
Insgesamt sechs Fahrer sind seit dem Giro-Start am 6. Mai bereits wegen Coronavirus-Infektionen ausgestiegen. Am Sonntag musste auch der frühere Tour-de-France-Zweite Rigoberto Uran aus Kolumbien nach einer Infektion passen. Zuvor hatte es unter anderem den zweimaligen Zeitfahrweltmeister Filippo Ganna und Giovanni Aleotti (beide Italien) erwischt. Bereits vor dem Rennen verzichteten einige Fahrer nach einem positiven Test auf einen Start.
Maskenpflicht wieder eingeführt
Als Reaktion auf die CoV-Fälle führten die Giro-Organisatoren wieder die Maskenpflicht ein. „Das bisherige Protokoll gibt es nicht mehr, ich kann nicht davon ausgehen, dass es keine weiteren unausgesprochenen Fälle gegeben hat. Wir werden die Maskenpflicht wiederherstellen“, sagte Direktor Mauro Vegni der „Gazzetta dello Sport“. Im Kontaktbereich mit den Fahrern im Start und im Ziel wird die Maskenpflicht wieder eingeführt.
Die Giro-Organisation bietet den Teams auch Coronavirus-Tests an. Die Mannschaften sind aber nicht verpflichtet, ihre Fahrer aus dem Rennen zu nehmen, falls es ein positives Ergebnis gibt. „Ja, wir haben die Aufmerksamkeit etwas zu früh aufgegeben. Wir müssen weiterhin wachsam bleiben. Wir werden bereits ab dieser Woche beginnen“, ergänzte Vegni.
Roglic Favorit auf Gesamtsieg
Evenepoel ist mit dem Auto in Begleitung seiner Familie bereits abgereist. „Ich bin stolz, das Rennen mit zwei Etappensiegen und vier Rosa Trikots zu verlassen“, schrieb der 23-jährige Jungstar auf Instagram. Evenepoel war neben dem Slowenen Primoz Roglic der große Favorit auf den Gesamtsieg.
Besonders bitter: Evenpoel hatte noch bei der Teampräsentation vor dem Giro-Start eine rote Maske getragen und vor Corona gewarnt. „Der Verlust mehrerer Fahrer im Peloton muss eine Botschaft an alle sein, dass wir aufpassen müssen, dass das Virus immer noch da ist. Das gilt für Fahrer, Sportdirektoren und Journalisten. Tragt eine Maske“, hatte der belgische Ausnahmefahrer gewarnt. Nun hat es ihn trotzdem erwischt. Das „virtuelle“ Rosa Trikot trägt nun der Brite Geraint Thomas.