Der österreichische Radprofi Felix Gall
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Tour de France

Gall nimmt Gesamtwertung in Angriff

Der steile Aufstieg von Felix Gall hat bei der Tour de France eine Fortsetzung gefunden. Der 25-jährige Osttiroler, der erstmals überhaupt bei der größten Radrundfahrt der Welt dabei ist, hat eine bemerkenswerte erste Woche hinter sich. Als Topfahrer seines AG2R Citroen Teams darf er nun auch die Gesamtwertung in Angriff nehmen. „Top Ten wäre Wahnsinn“, sagte der aktuell Gesamt-16. bei einer Pressekonferenz am Montag, dem ersten Ruhetag der Tour.

Frisch geduscht präsentierte sich Gall der heimischen Presse, denn auch am freien Tag saß er für 75 Minuten auf dem Rad, danach folgten noch Massage, therapeutische Termine und viel Schlaf. „Natürlich ist eine gewisse Grundmüdigkeit da, aber es ist vom Körperlichen her okay, vor einem Jahr beim Giro habe ich mich viel schlechter gefühlt“, erzählte Gall und unterstrich damit seine positive Entwicklung.

Seine erste Tour-Teilnahme startete Gall als geschützter Helfer, doch er ließ seinen Teamkapitän, den Australier Ben O’Connor, mittlerweile hinter sich und bestätigte nun selbst, dass für ihn gefahren werde. „Man kann sagen, dass ich der Nummer-eins-Fahrer bin, aber dass ich nach wie vor die Möglichkeit habe, in die Fluchtgruppe zu gehen und um den Tagessieg mitzufahren. Die Gesamtwertung hat bei mir einen höheren Stellenwert eingenommen, und ein französisches Team braucht da auch jemanden vorne. Die Top Ten sind auch nicht unrealistisch“, so Gall, der das Bergtrikot vernachlässigen wird.

Tour de France: Gall peilt Top Ten an

Der steile Aufstieg von Felix Gall hat bei der Tour de France eine Fortsetzung gefunden. Der 25-jährige Osttiroler, der erstmals überhaupt bei der größten Radrundfahrt der Welt dabei ist, hat eine bemerkenswerte erste Woche hinter sich.

Dank eines Husarenritts auf der ersten Pyrenäen-Etappe hatte Gall in der Vorwoche als erst zweiter heimischer Athlet nach Bernhard Kohl das gepunktete Bergtrikot getragen. Dass der Osttiroler mit den Besten mitklettern kann, hat er bereits mehrfach bewiesen. Seit einigen Monaten präsentiert er sich aber auf einem noch höheren Leistungslevel, zuletzt feierte er schon bei der Tour de Suisse seinen ersten Sieg als Profi, den Tour-Fehlstart steckte er weg. „Speziell in den ersten zwei Tagen war ich komplett blockiert, habe mich nicht gut gefühlt. Ich bin sehr froh, dass ich die Form wieder gefunden habe.“

Etappensieg bleibt Ziel, Topduo „in eigener Liga“

Als Etappendritter streifte Gall das Bergtrikot über, das er tags darauf wieder an den US-Amerikaner Neilson Powless abgeben musste. Auch wenn Gall aktuell noch Zweiter ist, rückt das gepunktete Trikot in den Hintergrund. „Man muss sich entscheiden, ob man wirklich an einem Tag wie morgen, wo es um Punkte im Bergtrikot geht, rangeht. Alles zusammen geht nicht. Ich werde mich sicher in den nächsten Etappen zurückhalten und das Bergtrikot zur Seite schieben“, so Gall, der aber auch klarmacht: „Es ist immer noch Ziel, eine Etappe zu gewinnen.“ Die dafür nötige Attacke werde er allerdings frühestens am Wochenende wagen, wenn es dann für die Fahrer wieder ins Hochgebirge geht.

Felix Gall
APA/AFP/Thomas Samson
Als erst zweiter Österreicher trug Gall bei der Tour de France das Bergtrikot – und das bei seinem Debüt

Vorjahressieger und Gesamtführender Jonas Vingegaard aus Dänemark sowie Tadej Pogacar aus Slowenien sind freilich für Gall außer Reichweite („Die fahren in einer eigenen Liga“). Selbst hat er sich ins Rampenlicht gestellt: „Grundsätzlich habe ich schon das Gefühl, dass ich mir mit der Tour de Suisse einen Namen gemacht habe, dass man beim Positionsfahren auch respektiert wird. Und dass man nicht gleich mit dem Hinterrad oder dem Ellbogen abgedrängt wird. Die anderen wissen, dass ich da bin, dass ich stark bin und dass kein Loch aufgehen wird, wenn sie an meinem Hinterrad sind.“

Durchbruch mit Ansage

Von den Fans an der Strecke wird Gall bereits mit Rufen bedacht („Das ist schon lässig, wenn man seinen Namen hört“). Überraschend kommt der Aufstieg nicht, der Durchbruch auf der größten Radsportbühne der Welt hatte sich angekündigt. Schon vor seinem Sieg bei der Tour de Suisse hatte Gall mit Spitzenergebnissen bei der Baskenland-Rundfahrt und 2022 bei der Tour of the Alps aufhorchen lassen.

Der Triumph auf einer harten Bergetappe in der Schweiz beförderte den Osttiroler auch ins Führungstrikot der stark besetzten Generalprobe für die Frankreich-Rundfahrt. Das konnte er zwar nicht halten, als Gesamtachter bewies Gall aber, dass die Form für die Tour de France stimmte. Nach der neunten Etappe am Sonntag liegt er auf dem 16. Gesamtrang, 9:46 Minuten hinter Vingegaard. O’Connor liegt zwei Plätze hinter Gall, die Führungsfrage scheint nun geklärt. Dabei war der 1,80 Meter große und 66 kg leichte Tiroler ursprünglich gar nicht für die „Große Schleife“ vorgesehen. Seine starken Leistungen im Frühjahr brachten dem Ex-Junioren-Weltmeister aus Nußdorf-Debant bei Lienz nun sein Tour-Debüt ein.

Steter Erfolgsweg nach oben

Vor 15 Jahren hatte Kohl als erster Österreicher das Bergtrikot getragen. Der Wiener wurde nach der Tour als EPO-Dopingsünder überführt. Erfolge heimischer Fahrer werden auch daher kritisch beäugt. Diesbezüglich ist Galls Leistungsentwicklung von Jugendtagen an linear und unauffällig. Nach ersten nationalen und internationalen Nachwuchserfolgen des zuvor als Triathlet aktiven HAK-Schülers mit Gold bei der Junioren-WM 2015 als Glanzpunkt wechselte Gall in die Development-Mannschaft des deutschen Sunweb-Rennstalls.

Nach drei Jahren in der Nachwuchsschmiede stieg er in das Profiteam der Equipe auf, in dem er 2020 und 2021 allerdings nicht wirklich glücklich wurde. Steiler bergauf ging es dann seit dem Vorjahr in seiner aktuellen AG2R-Mannschaft, die Galls heurige Erfolge unlängst mit der Verlängerung seines Vertrages um zwei Jahre bis Ende 2025 honorierte. Zwei Wegbegleiter und Mentoren von Gall sind Ex-Profi Bernhard Eisel und das Osttiroler Mountainbike-Urgestein Alban Lakata, mit dem er regelmäßig in seiner Heimat trainiert.

„Ich brauche mich nicht zu verstecken“

Gall selbst führt seine aktuelle Stärke auf die im Winter und Frühling erstmals ohne Krankheitspausen abgelaufene Vorbereitung unter Anleitung seines Trainers Stephen Barrett zurück. Auch ein langes Höhentrainingslager im Mai verlief reibungslos, dementsprechend gut war seine Verfassung in den letzten Wochen und nun auch bei der Tour. Beflügelnd hinzu kommt das gestiegene Selbstvertrauen. „Ich habe gesehen, was möglich ist. Ich brauche mich nicht zu verstecken.“

Gesamtwertung

Stand nach neun von 21 Etappen:
1. Jonas Vingegaard DEN 38:38:03
2. Tadej Pogacar SLO + 0:17
3. Jai Hindley AUS 2:40
4. Carlos Rodriguez ESP 4:22
5. Adam Yates GBR 4:39
6. Simon Yates GBR 4:44
7. Tom Pidcock GBR 5:26
8. David Gaudu FRA 6:01
9. Sepp Kuss USA 6:45
10. Romain Bardet FRA 6:58
16. Felix Gall AUT 9:46
42. Felix Großschartner AUT 48:21
63. Gregor Mühlberger AUT 1:08:40
89. Patrick Konrad AUT 1:25:31
97. Marco Haller AUT 1:33:36
141. Michael Gogl AUT 1:56:47