„Die Woche war top, das Finale der Wermutstropfen“, meinte er und fügte hinzu: „Das Wichtige ist, dass ich es schaffe, jedes Mal so reinzugehen wie diese Woche. Dann habe ich die Chance, dass ich wieder Matches gewinne. Ich muss es schaffen, dass ich mit einer Anspannung, einer positiven Nervosität in Matches reingehe, die Matches auch so spiele. Ich bin auf keinen Fall weit weg. Andererseits gibt es Punkte, die ich verbessern muss, um konstanter mit denen ganz vorne mitzuspielen.“
Vier Siege in Folge gelangen Thiem zuletzt im vergangenen September bei einem Challenger in Rennes, auf der ATP-Tour war das bei den CoV-bedingt in den Herbst 2020 verlegten French Open der Fall. Nach seinem Finaleinzug in Kitzbühel scheint der Niederösterreicher in der Weltrangliste zumindest einmal wieder in den Top 90 auf – er ist 84. Vielmehr geht es aber um die Rückkehr in die absolute Weltspitze.
Thiem im Finale von Kitzbühel chancenlos
Der Erfolgslauf von Dominic Thiem beim ATP-250-Turnier in Kitzbühel ist am Samstag zu Ende gegangen. Der Niederösterreicher blieb im Finale chancenlos und musste sich dem Argentinier Sebastian Baez vor ausverkauftem Haus mit 3:6 1:6 geschlagen geben. Nach 1:19 Stunden war die Partie entschieden.
„Es ist nicht mein Anspruch, dass ich bei Position 90, 100 oder 110 stehe“, erklärte Thiem nach der Finalniederlage auf sein Ranking angesprochen. Freilich muss er den Beweis erst erbringen, mit den ganz Großen wieder mitspielen zu können, denn in Kitzbühel war in diesem Jahr von dieser Riege niemand dabei.
Mental auf der Höhe
Allerdings ist Thiems Erfolgslauf dennoch beachtlich: Sein Achtelfinal-Gegner Zhang Zhizhen (CHN) befindet sich auf einem steilen Weg nach oben, und der Franzose Arthur Rinderknech sowie der Serbe Laslo Djere gingen jeweils mit sehr guter Form in die Duelle mit dem Lokalmatador. Thiem konnte sie alle besiegen und dabei auf die Unterstützung der Fans bauen.
Doch das eigentlich Besondere an Thiems Leistungen war das Überstehen der vielen engen Momente. Sei es die Nervenprobe im Auftaktmatch mit dem Ende um 23.28 Uhr und die zwei gewonnenen Tiebreaks oder die Menge an abgewehrten Breakbällen und das dreimalige Drehen von Matches – Thiem war mental immer auf der Höhe. Sein Meisterstück in diesen Belangen lieferte der US-Open-Gewinner 2020 mit der Abwehr von fünf Matchbällen im Halbfinale gegen Djere – und das nicht mit Glück, sondern mit Risiko und Präzision.
Zusammenarbeit mit Sportpsychologen
An diese geistige Fitness gilt es nach der nun zweiwöchigen Turnierpause anzusetzen – zuerst in Winston-Salem und bei den US Open, dann beim Davis Cup und schließlich in Asien und darauffolgend in Wien. Dass das auch klappen wird, das sollte im Idealfall der neue Mann in Thiems Box garantieren. Sportpsychologe Andreas Marlovits kam nach den für Thiem danebengegangenen French Open in seine Crew, in Kitzbühel war er erstmals hautnah dabei.
Der positive Einfluss des Mentalcoaches war offensichtlich, Thiem wirkte stabiler und offen für die Inputs des Fachmanns. „Ich habe das erste Mal versucht, dass jemand auch (beim Turnier, Anm.) dabei ist. Ich weiß nicht, ob er jetzt öfter in der Box ist. Er hat auch sehr, sehr viel zu tun. Aber hin und wieder auf jeden Fall“, erklärte Thiem.
Marlovits hat gute Referenzen. Im deutschen Fußball etwa half der gebürtige Burgenländer Hannover 96, Werder Bremen und VfL Wolfsburg im Abstiegskampf bzw. in Krisen merklich. Thiem hatte davor auch mit anderen Mentaltrainern gearbeitet. Diese hätten ihm auch geholfen, merkte er an. Das Arbeiten im Mentalen gehöre genauso dazu wie in anderen Bereichen. „Deswegen finde ich es gut, dass ich es seit einiger Zeit mache. Und es tut gut.“
ATP-250-Turnier in Kitzbühel
(Österreich, 630.705 Euro, Sand)