Aaron Rodgers
Reuters/USA Today Sports/Ed Mulholland
NFL

New York setzt alles auf Starpower

Vor der neuen Saison der National Football League (NFL), die dieser Tage ihre Auftaktspiele abhält, ist vor allem ein Team in den Fokus gerückt. Die New York Jets haben sich vorab mit der Verpflichtung von Quarterback-Superstar Aaron Rodgers die meisten Schlagzeilen gesichert. Das Ziel des zuletzt unter dem Radar fliegenden Teams ist klar: Im Februar soll der zweite Super-Bowl-Titel zu Buche stehen, es wäre das Ende gleich mehrerer Durststrecken.

Am 12. Jänner 1969 gewannen die Jets die insgesamt dritte Ausgabe des NFL-Endspiels – das ist länger her als die Mondlandung. Kein Team wartet so lange auf einen neuerlichen Triumph, und das ist bei Weitem nicht die einzige Negativserie, die man vorzuweisen hat. Kein anderes Team in den Major Leagues wartet etwa länger auf eine Teilnahme an den Play-offs. Bei den Jets ist das mittlerweile zwölf Saisonen her.

Das alles soll Rodgers für die Franchise, deren jüngere Vergangenheit als „patschert“ beschrieben werden darf (Stichwort: „Butt Fumble“), ändern. Der 39-jährige Superstar absolvierte seine ersten 18 Saisonen in der NFL für die Green Bay Packers, er holte zwar nur einmal den Titel, dafür wurde er viermal als wertvollster Spieler der Liga (MVP) ausgezeichnet und gilt nicht nur deswegen als einer der Besten seiner Zunft. „In den letzten sechs Monaten habe ich hart gearbeitet, um besser zu sein als vergangenes Jahr – das erwarte ich auch“, erklärte der Spielmacher vor dem Saisonauftakt gegen Buffalo am Montag.

Von der Dunkelheit in die große Stadt

Nach dem Verpassen der Postseason Anfang des Jahres wollte es der Altstar Tom Brady gleichtun und sprichwörtlich in die Pension reiten („Zu 90 Prozent war ich im Ruhestand“), zumal in Green Bay mit Jordan Love der designierte Nachfolger von General Manager Brian Gutekunst endgültig in Stellung gebracht wurde – und damit Rodgers vergrämte.

Mehrere Tage in einem Dunkelraum („Darkness Retreat“) sorgten bei Rodgers für spirituelle Erleuchtung und ein Umdenken, zugunsten der erfolgsdürstenden Jets, die sich redlich um die Dienste von Rodgers bemüht hatten. „Meine Absicht ist zu spielen, und ich will in New York spielen“, erklärte der Superstar danach in den Iden des März, und ein Tauschgeschäft später war New York um eine Attraktion reicher.

Auf den Spuren von „Broadway Joe“

Zwar spielen die Jets wie die Lokalrivalen Giants in East Rutherford und damit in New Jersey, sie sind aber nicht nur ob des Namens eng mit New York verbunden. Früher haben beide auch in den hiesigen Baseballstadien gespielt, die Jets in den ersten Jahren als Titans of New York in den Polo Grounds in Manhattan, später im Shea Stadium in Queens. Dort avancierte Joe Namath zum ersten Popstar der NFL.

Joe Namath, 1969
IMAGO/Darryl Norenberg
Jets-Quarterback Joe Namath sorgte einst nicht nur sportlich für Schlagzeilen

„Broadway Joe“, wie der heute 80-Jährige auch schon damals genannt wurde, führte die Jets zum bisher einzigen NFL-Titelgewinn. Oftmals überliefert ist seine „Garantie“ vor Super Bowl III, als die Jets seinen Worten vor einer Ehrung („Wir werden das Spiel gewinnen, ich garantiere es“) Taten folgen ließen und als Außenseiter das Endspiel gegen den haushohen Favoriten Baltimore Colts mit 16:7 für sich entschieden. Sein ikonischer Fingerzeig nach Spielende ging ebenso in die Geschichtsbücher ein, wie sein umtriebiges Leben in der Stadt, die niemals schläft, für ebenso viele Schlagzeilen gesorgt hatte.

Stars und Sternchen sollen Jets beflügeln

Seither warten die Jets auf eine Super-Bowl-Teilnahme, immerhin viermal standen sie danach im Halbfinale. Auf ein Spielmacherkaliber wie Namath musste die „Gang Green“, wie das Team aufgrund ihrer dominanten Clubfarbe genannt wird, lange warten. Vor 15 Jahren holten die Jets schon einmal einen Altstar zu sich, es war mit Brett Favre ausgerechnet der Vorgänger von Rodgers in Green Bay. Das einjährige Projekt, zu dem sich Favre auch nur bedingt bekannt hatte, scheiterte wiederum vorzeitig vor einem möglichen Play-off-Einzug.

Wie lange Rodgers spielt, ist offen. Die erste Vorbereitung anderswo genoss er sichtlich, was auch in der Trainingscampdokumentation „Hard Knocks“ auszumachen war. „Ich habe viel Spaß, ich genieße es“, sagte Rodgers, der die Erwartungshaltung im größten Medienmarkt der USA kennt, aber nicht noch bewusst anheizt. „Wir wollen zunächst die AFC East (Division, Anm.) gewinnen, damit ein Heimspiel in den Play-offs haben, und dann wissen wir, dass alles im Turnier möglich sein kann“, so Rodgers, dem bei seiner Präsentation im Frühjahr aber auch nicht entging, dass „die eine Super-Bowl-Trophäe (in der Jets-Geschäftsstelle ausgestellt, Anm.) etwas alleingelassen wirkt“.

Aaron Rodgers und Sauce Gardner
IMAGO//Icon Sportswire/Rich Graessle
Die Chemie stimmt: Jungstar „Sauce“ Gardner und Altmeister Aaron Rodgers

Seinen Teil, ein Meisterteam aufzustellen, trug Rodgers insofern bei, als dass er seinen Vertrag um 35 Millionen Dollar „erleichterte“. So konnten sich die Jets etwa auch Runningback-Star Dalvin Cook, zuletzt bei den Minnesota Vikings unter Vertrag, leisten. Rodgers lockte frühere Teamkollegen (Allen Lazard und Randall Cobb) nach New York, Offensive Coordinator und Freund Nathaniel Hackett („Es ist die wohl beste Offense, von der ich je Teil war“) coachte ihn in Green Bay in seinen zwei bisher letzten Saisonen auf MVP-Niveau in der NFL.

Die Jets um General Manager Joe Douglas und Headcoach Robert Saleh bewiesen wiederum vor einem Jahr beim Draft ein sehr gutes Händchen, stellen sie doch mit Wide Receiver Garrett Wilson und Cornerback Ahmad „Sauce“ Gardner nun die beiden „Rookies of the Year“ (Offensive und Defensive). Mit Runningback Breece Hall kehrt ein verheißungsvolles Talent nach Verletzung zurück. Starspielmacher Rodgers soll den Kader mit viel Potenzial endgültig auf Toplevel heben.

Im Wissen des Potenzials – die Verteidigung ließ vergangene Saison die wenigsten Touchdowns der Liga zu – setzen die Jets alles auf eine Karte. „Die Stücke sind vorhanden, das Team ist hungrig“, betonte Rodgers, der nicht nur auf den Schutz durch seine Vorderleute (Offensive Line), sondern auf einen Brady-Effekt hofft. Dieser hatte nach 20 Saisonen bei New England in Tampa Bay reüssiert. „Ich denke, Aaron wird ein großartiges Jahr haben“, prophezeite Brady.

New York sehnt sich nach Erfolg

Der Weg zum Titel ist freilich hart und steinig, vor allem in der mit so vielen Stars bestückten American Football Conference (AFC), wo Patrick Mahomes nach seinem zweiten Super-Bowl-Triumph mit den Kansas City Chiefs noch längst nicht genug hat. Und schon in der AFC East gibt es mit Buffalo, Miami und dem Erzrivalen aus New England genügend hohe Hürden für das neue Starensemble zu überwinden.

Sollte Rodgers aber mit den Jets wirklich der Coup gelingen, würde noch eine andere Durststrecke enden. Denn in den vier großen traditionellen US-Ligen im American Football (NFL), Basketball (NBA), Eishockey (NHL) und Baseball (MLB) haben zuletzt die Giants 2012 für New York die Meisterschaft gewonnen. Seit 2000 gab es überhaupt nur vier Major-Titel für die größte Stadt der USA. Einer der größten, weil besten Quarterbacks aller Zeiten soll diesen Umstand ändern.

National Football League

Donnerstag, 7. September:
Kansas City Detroit 20:21
Sonntag, 10. September:
Cleveland Cincinnati 24:3
Baltimore Houston 25:9
Pittsburgh San Francisco 7:30
Indianapolis Jacksonville 21:31
Washington Arizona 20:16
Minnesota Tampa Bay 17:20
New Orleans Tennessee 16:15
Atlanta Carolina 24:10
New England Philadelphia 20:25
LA Chargers Miami 34:36
Denver Las Vegas 16:17
Chicago Green Bay 20:38
Seattle LA Rams 13:30
NY Giants Dallas 0:40
Montag, 11. September:
NY Jets Buffalo 22:16 n.V.