Julian Nagelsmann
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Fußball

Neuer DFB-Teamchef startet mit Versprechen

Mit dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann am Ruder soll das schlingernde deutsche Schiff namens Nationalmannschaft für die Heim-EM im kommenden Jahr wieder auf Kurs gebracht werden. Der mit 36 Jahren zweitjüngste Teamchef in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach Otto Nerz 1928 stellte sich jedenfalls mit einem großen Versprechen ein: „Wir werden im kommenden Jahr ein eingeschworener Haufen sein.“

Ein halbes Jahr nachdem er bei Bayern München überraschend vor die Tür gesetzt worden war, kehrt Nagelsmann nun ins Rampenlicht zurück. Die Entscheidung, das Amt des laut deutscher Diktion ersten „Fußballlehrers“ des Landes zu übernehmen, sei ihm nicht schwergefallen, meinte Nagelsmann am Freitag bei seiner offiziellen Präsentation in Frankfurt: „Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen, es gab keinen Moment des Zweifelns. Es ist wichtig, sich auch in einem Job, der sehr viele Emotionen freisetzt, von den Emotionen leiten zu lassen.“

Die letzte Hürde auf dem Weg zum Bundestrainer sei laut Nagelsmann und DFB-Sportdirektor Rudi Völler schnell beseitigt worden. Denn der neue Teamchef hatte trotz seiner Freistellung bei Bayern noch einen Vertrag bis Mitte 2026. „Julian selbst und sein Management sind uns unglaublich entgegengekommen, das war so in der Form nicht zu erwarten“, sagte Völler, der mit Nagelsmann seinen laut eigener Aussage Wunschtrainer an Land gezogen hat, „auch ein Lob für Bayern München, die haben wunderbar mitgespielt und sind uns und Julian entgegengekommen.“

DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Julian Nagelsmann und Rudi Voeller
APA/AFP/Kirill Kudryavtsev
Der neue Bundestrainer Nagelsmann flankiert von DFB-Chef Bernd Neuendorf (l.) und Sportdirektor Völler (r.)

Medienberichten zufolge soll Nagelsmann zu Abstrichen beim Gehalt bereit gewesen sein. „Ich will dafür keine Lorbeeren, ich bin mir völlig bewusst, dass mein Job ein Privileg ist und ich genügend Geld verdiene“, sagte Nagelsmann. Er freue sich, dass er das Vertrauen bekommen habe, es gehe nun nicht darum, „über Geldthemen zu reden“. Gleich an seinem ersten Tag traf Nagelsmann auch bereits eine Personalentscheidung: Der von seinem Vorgänger Hansi Flick zum Kapitän bestimmte Ilkay Gündogan behält diese Funktion weiterhin.

Heim-EM als Ansporn und Chance

Nagelsmanns Vertrag beim DFB läuft vorerst bis Ende Juli 2024 und damit bis nach der Heim-EM im kommenden Jahr. Die Aussicht, trotz mauer Vorzeichen das „Sommermärchen“ der WM 2006 zu wiederholen, sei auch ein Hauptgrund gewesen, den Job anzunehmen: „Das ist etwas Besonderes – etwas, das alle paar Jahrzehnte mal vorkommt. Dieser Tatsache, ein großartiges Turnier in einem großartigen Land zu haben, ordne ich alles unter. Ich habe große Lust, diese Herausforderung anzunehmen.“

Für den neuen Teamchef ist die EM-Endrunde auch nicht das Ende der Fahnenstange. „Wenn wir im Sommer dasitzen und sagen: Es war sehr erfolgreich, es hat diese Punkte erfüllt: Erfolg, gewisse Freude, befruchtend für beide Seiten – dann ist von meiner Seite da auch nichts ausgeschlossen“, sagte der 36-Jährige. Dass der Vertrag vorerst nur ein Jahr läuft, sei aufgrund der Erfahrungen bei den Bayern auch „genau die richtige Entscheidung. Mein Ziel ist es, das Vertrauen durch eine gute Arbeit mit dem Trainerteam zurückzuzahlen und nicht das Vertrauen zu spüren, weil ich einen Fünfjahresvertrag habe.“

Für Nagelsmann, dem Ex-Teamstürmer Sandro Wagner und Benjamin Glück als Assistenten zur Verfügung stehen werden, ist der Wechsel zum DFB ein kleines Deja-vu, denn bereits 2021 hatte er Flick in dessen Funktion beerbt. Dieser wechselte damals von Bayern München zum DFB, hatte im neuen Amt allerdings wenig Erfolge vorzuweisen. Bei der WM in Katar scheiterte Deutschland bereits in der Gruppenphase, die Reißleine zog man aber erst am 10. September, nachdem das Team erstmals seit 40 Jahren drei Partien in Folge verloren hatte.

Vorschusslorbeeren der Kollegen

Die ersten Reaktionen auf den neuen Bundestrainer waren jedenfalls von Erleichterung und Vertrauen in die Fähigkeiten des 36-Jährigen, der einst im Februar 2016 bei Hoffenheim als jüngster Bundesliga-Trainer der Geschichte die große Bühne betrat, geprägt. „Ich glaube, dass Klarheit immer guttut. Das Wichtigste ist, dass die Entscheidung getroffen ist. Es steht außer Frage, dass Julian ein Toptrainer ist und alles mitbringt, um das Amt auszufüllen“, sagte etwa Nagelsmanns Nachfolger als Bayern-Trainer Thomas Tuchel, der aber auch Flicks Arbeit noch einmal lobte: „Wir hatten auch einen Toptrainer davor.“

Der ehemalige Salzburg-Meistertrainer und aktuelle Leipzig-Coach Marco Rose zeigte sich vor allem davon begeistert, auf einen jungen Trainer zu setzen. Nur der damalige erste „Reichstrainer“ Nerz war 1928 mit 34 Jahren jünger als Nagelsmann. „Wir haben den Mut, Julian hat den Mut, das finde ich insgesamt bemerkenswert. Volle Unterstützung für Julian in der Hoffnung, dass wir Ergebnisse holen, uns gut entwickeln und nächstes Jahr eine erfolgreiche Heim-EM spielen“, sagte Rose. Auch Edin Terzic von Vizemeister Borussia Dortmund nannte Nagelsmanns Engagment eine gute Entscheidung – sowohl für den neuen Teamchef „als auch für den deutschen Fußball“.