Mit je einem „lachenden und weinenden Auge“ kommentierte Herwig Straka, seines Zeichens Turnierdirektor des mit 2,559 Mio. Euro dotierten ATP-500-Traditionsturniers in Wien, die am Samstag vorgenommene Auslosung. „Man hat vom ersten Tag an Topbegegnungen. Die Auslosung ist eher ungleich verteilt, da gibt es ein paar Spieler gegeneinander, wo man sagt, gegen die würde man in der ersten Runde lieber einen Österreicher sehen. Es gibt Hammerlose, das ist das Schöne oder nicht Schöne bei einer Auslosung.“
Der Turnierboss traut beiden Österreichern aber auch die Überraschung zu, auch mit dem Heimpublikum im Rücken. „Dominic gegen Stefanos ist für mich ein Duell auf Augenhöhe, auch wenn der Stef jetzt wieder besser ist. Es ist bei Weitem nicht so, dass er der haushohe Favorit ist“, glaubt der 57-jährige Steirer. Für Ofner sei es schwieriger, in Ballwechsel zu kommen. „Da geht es eher über den Aufschlag, da ist das Publikum meistens weniger Unterstützung.“
Schwere Gegner für Thiem und Ofner
Sebastian Ofner und Dominic Thiem fassten für die am Montag in der Wiener Stadthalle und auf dem Heumarkt beginnenden Erste Bank Open Hammerlose aus. Österreichs Nummer eins Ofner erwischte mit Alexander Zverev (GER) die Nummer fünf, Thiem mit Stefanos Tsitsipas gar die Nummer vier im Raster.
Das Gesamtresümee zum Feld für den Turnierboss, der seit 2008 in dieser Funktion ist: „Es ist schön für das Turnier und wird wahrscheinlich auch dazu führen, dass wir einen sehr prominenten Sieger haben. Bei einer Setzliste, in der die besten acht Spieler Top 14 der Welt sind, ist das zu erwarten.“ Topstar Daniil Medwedew aus Russland eröffnet seinen Weg zur Titelverteidigung übrigens gegen den Franzosen Arthur Fils.
Ofner trotz Negativbilanz zuversichtlich
Der bei der Auslosung vor knapp 80 Zuschauerinnen und Zuschauern anwesende Ofner spielt erst zum zweiten Mal und zum ersten Mal seit sechs Jahren im Hauptfeld des größten Tennisturniers in Österreich. „Ich glaube, bei dem Turnier hätte es sehr wenige gute Lose gegeben. Ich habe schon zweimal gegen ihn gespielt. Vielleicht ist es beim dritten Mal Zeit, dass ich vielleicht einmal so ein Match gewinne. Aber ich mache mir selbst keinen Druck“, wurde der 27-jährige Steirer in der APA zitiert.
Die beiden bisherigen Duelle mit dem deutschen Olympiasieger und aktuellen Weltranglistenneunten waren beide auf Grand-Slam-Niveau: 2017 in der dritten Wimbledon-Runde und im Vorjahr in der ersten French-Open-Runde, Satz hat er bisher keinen gewonnen. „Auf alle Fälle“ sei er ein anderer Sebastian Ofner seit dem Vorjahresduell mit Zverev. „Da ist schon einiges bei mir weitergegangen. Bei ihm sicher auch, aber ich glaube, dass ich einen größeren Sprung gemacht habe.“
Ofner, der wie Thiem dank einer Wildcard seinen Platz im Hauptfeld sicher hatte, ist für die „Freikarte“ für das Turnier dankbar. „Unglaublich, ich war echt froh, als ich gehört habe, dass ich die Wildcard bekomme. Es ist das größte Turnier in Österreich, das letzte Mal war das 2017 – das ist eine sehr lange Zeit her. Ich freue mich schon mega.“ Alexander Erler, Jurij Rodionov und Filip Misolic müssen sich erst über die Qualifikation ins Hauptfeld kämpfen.
Seinem Stallkollegen Thiem gibt Ofner gegen Tsitsipas jedenfalls gute Chancen. „Ich glaube, dass ihm der Tsitsipas ein bisschen liegen dürfte vom Spiel her, weil da waren die Partien heuer immer auf Messers Schneide. Traue ihm sicher zu, dass er das Match gewinnen kann.“ Thiem macht in der Stadthalle im Hauptbewerb das Dutzend voll, für den Champion von 2019 wird es das insgesamt elfte Duell mit dem Weltranglistensiebenten aus Griechenland. Dank zweier sehr knapper Siege in Madrid und Wimbledon, jeweils mit 7:6 im dritten bzw. fünften Satz, hat Tsitsipas im Head-to-Head auf 5:5 ausgeglichen.
Thiem-Termin noch nicht ganz fix
Ob Thiem tatsächlich am Dienstag wird spielen können, hängt von mehreren Faktoren ab. Tsitsipas verlor am Samstag im Halbfinale des 250er-Turniers in Antwerpen gegen den Franzosen Arthur Fils mit 6:7 (5/7) 6:7 (4/7) – zumindest diese Hürde ist damit ausgeräumt. Der Erstrundenschlager zwischen dem als Nummer zwei gesetzten Südtiroler Jannik Sinner und dem US-Amerikaner Ben Shelton findet laut Straka definitiv erst am Mittwoch statt, weil Letzterer am Sonntag in Tokio noch das Finale spielt. Das Geschehen in der Stadthalle ist am Dienstag jedenfalls ab 17.30 Uhr live in ORF1 und im Livestream zu sehen.
Die Überraschungssieger des Vorjahres bekommen es gleich in der ersten Runde mit Landsleuten zu tun: Die ungesetzten Alexander Erler/Lucas Miedler treffen zum Auftakt auf das mit einer Wildcard versehene zweite Österreich-Duo Ofner und Philipp Oswald. Mit einer „Freikarte“ ebenfalls am Start ist Sam Weissborn mit seinem Standardpartner Romain Arneodo aus Monaco. Das Duo trifft zum Auftakt auf das US-brasilianische Gespann Mackenzie McDonald und Marcelo Melo.