Am Mittwochabend betraten die Oberösterreicher mit großen Augen erstmals den perfekten englischen Rasen in Liverpool, ehe sie sich konzentriert dem Abschlusstraining widmeten. Zuvor meinte Linksfuß George Bello bei der Pressekonferenz: „Es ist ein wunderschönes Stadion. Aber wir haben keine Angst, es ist aufregend.“ Die Linzer (drei Punkte) gastieren als Schlusslicht beim Tabellenführer (neun) der Gruppe E, vor dem LASK liegen Union Saint-Gilloise (vier), das bei FC Toulouse (sieben) antritt. Das vorzeitige Europacup-Aus soll vermieden werden, doch in Liverpool zu punkten könnte schwieriger nicht sein.
Die Ausgangslage ist nicht nur dem 21-Jährigen klar, entsprechend seiner Herkunft glaubt der US-Amerikaner Bello allerdings an sich und sein Team: „Es ist Fußball, es spielen elf gegen elf. Wir haben allen Respekt der Welt vor dieser Mannschaft, aber wir haben Qualität in unserem Team.“ In eine ähnliche Kerbe schlug Trainer Thomas Sageder: „Wenn wir nicht an unsere Chance glauben, dann hätten wir gar nicht hierherkommen brauchen. Am Ende ist es auch nur ein Fußballspiel.“
LASK gastiert an legendärer Anfield Road
Der LASK bestreitet Donnerstagabend an der berühmten Anfield Road gegen Liverpool das vorletzte Spiel der Europa-League-Gruppenphase.
Dieses sollte der LASK idealerweise gewinnen, um sich alle Chancen für das Überwintern im Europacup offen zu halten. Ein Punkt wäre, was Rang drei und den Umstieg in die Conference League betrifft, schon viel wert. Wie wahrscheinlich das alles ist, zeigt diese Statistik: In der laufenden Saison hat Liverpool neun von neun Heimspielen gewonnen. Ehe Rechenspiele angestellt werden, gilt es aus Sicht des LASK auf die eigene Leistung zu achten (Sageder: „Wir wollen Liverpool so richtig fordern“) und die Atmosphäre in Anfield auch ein wenig zu genießen.
Von Allerheiligen bis Anfield
Denn erst zum fünften Mal gastiert eine österreichische Mannschaft hier (dem GAK gelang 2004 mit einem 1:0 der einzige Sieg, Anm.) und im Falle des LASK ist das nicht allzu selbstverständlich. Wie die Märkte samt „Apres-Ski-Bar“ wissen lassen, ist in Liverpool Weihnachten nicht mehr allzu weit. Und der 24. Dezember hat auch für die Athletiker eine große Bedeutung in der Clubhistorie. Vor zehn Jahren übernahmen die „Freunde des LASK“ um den heutigen Geschäftsführer Siegmund Gruber an eben jenem geschichtsschwangeren Tag die Führung vom damaligen Präsidenten Peter-Michael Reichel und leiteten eine neue Ära ein, die den damaligen Drittligisten nun gar nach Anfield führte.
Damals spielte der LASK noch in der Regionalliga u. a. in Allerheiligen, ehe der heutige Sportchef Radovan Vujanovic mit zwei Toren gegen Parndorf die Rückkehr in den Profifußball fixierte. Seither ging es im Wesentlichen steil bergauf: 2017 der Aufstieg in die Bundesliga unter dem heutigen Trainerstar Oliver Glasner, 2018 das Comeback im Europacup, 2020 Europa-League-Achtelfinale und 2022 die Krönung in Form der Eröffnung der Raiffeisen-Arena auf dem Froschberg. „Es ist Wahnsinn, was seither passiert ist“, sagte Vujanovic im Gespräch mit dem ORF und fügte lächelnd an: „Wenn ich noch einmal könnte, würde ich hier gerne spielen. Wir müssen das auch einfach genießen können.“
2.500 Fans kommen mit acht Flugzeugen
So sehen das auch die LASK-Fans, lange mussten sie auf die Duelle mit Inter Mailand als internationales Highlight verweisen. 1985 gewann man sogar das Hinspiel mit 1:0, ehe es auswärts ein 0:4 setzte. In den vergangenen zehn Jahren hat man in Europa aber auch mit 4:1-Siegen gegen PSV Eindhoven oder bei Sporting Lissabon schon einige Rufzeichen setzen können, zudem gab es schon Gastspiele bei Manchester United (1:2) und Tottenham (0:3), beide Male aber CoV-bedingt ohne Fans.
Dieses Mal ist alles anders: Deswegen reisten rund 2.500 Fans mehrheitlich am Donnerstag mit gleich acht Fanfliegern aus Linz an. Seit Dienstag weilen bereits Fans in der Stadt der Beatles, sie hängen Schals um die Statue der berühmtesten Söhne dieser Stadt und lassen sich diese vielleicht einmalige Chance auf ein Gastspiel ihres Clubs am River Mersey im Nordwesten Englands nicht entgehen. „So etwas erlebt man nicht jeden Tag“, lautete der Tenor der Fans.
Europa League, Gruppe E, fünfter Spieltag
Donnerstag, 21.00 Uhr:
Liverpool – LASK
Liverpool, Anfield, SR Schnyder/SUI
Liverpool: Kelleher – Gomez, Konate, Quansah, Tsimikas – Elliott, Endo, Gravenberch – Salah, Gakpo, Diaz
LASK: Lawal – Ziereis, Andrade, Talowjerow – Stojkovic, Ljubic, Horvath, Bello – Ljubicic, Zulj, Usor
„Wir dürfen nicht überpacen“
Auch die Spieler wollen freilich die Partie genießen, aber am Ende des Tages geht es darum, fußballerisch zu überzeugen und sich möglicherweise auch persönlich ins Rampenlicht zu spielen. Der damalige Salzburger Takumi Minamino war vor vier Jahren beim 3:4-Spektakel in der Champions League so aufgefallen, dass ihn sogar Liverpool selbst im folgenden Winter verpflichtete.
Die LASK-Spieler präsentierten sich vor dem Spiel wenig überraschend hoch motiviert. Sageder sieht eine „energiegeladene“ Mannschaft, die er auch bremsen müsse. „Man muss ein wenig vorsichtig sein, damit wir nicht überpacen.“ Ansonsten gilt es, die „Reds“ intensiv zu beschäftigen und in Umschaltmomenten aufzupassen. Auch Liverpool habe Schwächen, es gelte „konzentriert und ruhig“ ans Werk zu gehen. Ob das vor rund 50.000 Menschen gelingt, wird sich weisen. Personell kann Sageder so weit wieder aus dem Vollen schöpfen.
Liverpool soll „furchtbarer Ort“ werden
Die „Reds“ haben aber unterdessen selbst auch noch eine Aufgabe zu erledigen. Nach der 2:3-Pleite in Toulouse ist Liverpool noch nicht fix durch, ein Sieg würde sie dem Gruppensieg entscheidend nahebringen. Nur der Erste steht fix im Achtelfinale, der Zweite muss in ein Play-off.
Zwei Partien weniger kämen der Mannschaft von Starcoach Jürgen Klopp nicht ungelegen, so dicht wie das Programm speziell in den nächsten Wochen rund um Weihnachten und Neujahr in England ist. „Wir stehen vor der intensivsten Saisonphase“, bestätigte der Deutsche auch am Mittwoch bei der Pressekonferenz in Anfield.
Der 56-Jährige warnte auch vor den Oberösterreichern. Damals im September lag man nach einem sehenswerten Schuss nach überlegter Ecke durch Florian Flecker lange mit 0:1 zurück, ehe Mohammed Salah und Co. am Ende die Hierarchie wiederherstellten. „Wir hatten unsere Probleme, das haben wir nicht vergessen. Linz spielt eine starke Saison, das respektieren wir“, so Klopp. Gegen „einen richtig guten Gegner“ verlange er eines: „Ich erwarte, dass wir für eine Europacup-Nacht in Anfield sorgen. Wir müssen als Mannschaft zeigen, dass es ein wunderbarer Ort ist, aber zugleich auch ein furchtbarer.“