Ausgerechnet im ersten Saisonshowdown legte Sturm einen Bauchfleck hin. „Wir haben heute alles vermissen lassen, was uns normalerweise auszeichnet“, konstatierte David Schnegg. „In der Europa League darf man keine solchen Auftritte haben.“ Dem eindimensionalen Grazer Powerfußball scheint im Finish der intensiven ersten Saisonhälfte der Punch auszugehen.
„Wir waren zu passiv, haben die zweiten Bälle nicht gewonnen“, meinte Manprit Sarkaria. „Die waren im Mittelfeld dominanter, haben das Spiel die ganze Zeit verlagert, wir sind nicht hinterhergekommen.“
Sturm unterliegt Rakow
Sturm Graz hat den Matchball zum Überwintern im Europacup am Donnerstag leichtfertig vergeben. Die Steirer mussten sich am fünften Spieltag der Gruppenphase der Europa League Rakow Czestochowa aus Polen daheim mit 0:1 (0:0) geschlagen geben.
Fernduell um Conference League
Der Europa-League-Zug ist damit für Sturm endgültig abgefahren. Mit Atalanta Bergamo und Sporting Lissabon setzten sich die Favoriten durch. Sturm und Rakow halten vor dem letzten Gruppenspiel jeweils bei vier Punkten. Die Entscheidung über Aus oder Umstieg in die Zwischenrunde der Conference League fällt in einem Fernduell.
Weil die Steirer im Auswärtsspiel den möglichen höheren Sieg verpasst haben, ist das direkte Duell nun unentschieden, wodurch man in gewisser Hinsicht Passagier ist. Das Torverhältnis könnte entscheiden. Noch spricht die um ein Tor bessere Differenz für Sturm.
Ilzer bleibt optimistisch
Polens Meister hat vor dem Heimspiel gegen Gruppensieger Atalanta Bergamo in zwei Wochen das Momentum auf seiner Seite. Sturm muss nach Lissabon. „Was im anderen Stadion passiert, können wir nicht beeinflussen. Wir müssen eine Limitleistung in Lissabon zeigen“, forderte Ilzer. „Ich denke, das Team, das gegen den Großen punktet, wird am Ende auch den dritten Platz einfahren.“
Sein 150. Spiel als Sturm-Trainer verlief denkbar schlecht, in Ilzers Augen „untypisch“. „Wir sind viel hinten nachgelaufen.“ Rakow tankte fortwährend durch kleine Siege Mut. „Sie waren in den Duellen präsenter.“ Alexander Prass vergab den Matchball (66.), auf der Gegenseite machte es John Yeboah für die nur wenig kaltschnäuzigeren Polen besser (81.). „Wir wollten zu Hause alles klarmachen, natürlich ist die Enttäuschung riesengroß“, sagte Ilzer.
Der in Graz gepriesene Reifeprozess war im entscheidenden Augenblick nicht zu sehen. Das Spiel erinnerte an die verlorene Alles-oder-nichts-Partie im Vorjahr bei Midtjylland (0:2). „Heute waren wir weit weg von unserer Bestleistung, mit der das Spiel zu gewinnen gewesen wäre“, sagte Ilzer.
„Köpfe nach oben bekommen“
Der passende Zielspieler im auf Hochgeschwindigkeit getrimmten Umschaltspiel fehlt seit dem Abgang von Emanuel Emegha. Szymon Wlodarczyk erfüllt dieses Profil nicht, Seedy Jatta ist seit seiner Ankunft in Graz fast dauerverletzt. Zudem funktionierte das Pressing nicht nach Wunsch. „Wir haben den Plan als Mannschaft nicht durchgezogen, haben nie den Zugriff gefunden“, erklärte etwa Hierländer.
Andreas Schicker war bestrebt, trotz des Tiefschlags keine Agonie aufkommen zu lassen. „Wir sind nach wie vor Dritter, haben alle Möglichkeiten zu überwintern. Jetzt gilt es, die Köpfe nach oben zu bekommen“, sagte der Sportchef. Zwei Wochen und zwei Ligaspiele (Blau-Weiß Linz, Altach) hat Österreichs Ligazweiter bis zum Endspiel um Europa am 14. Dezember in Lissabon Zeit.