Handballer Janko Bozovic (AUT)
GEPA/Edgar Eisner
Handball-EM

Aufstieg verlängert Traum der ÖHB-Herren

Österreich hat am Dienstag mit dem 33:33 gegen Spanien den Einzug in die Hauptrunde der Handball-EM in Deutschland geschafft. Aufgestiegen sind die ÖHB-Herren nicht zum ersten Mal, noch nie aber auf so beeindruckende Weise. In einer der schwersten Vorrundengruppen spielte man gegen die Weltklasseteams Kroatiens und Spaniens remis, Letztere warf man sogar aus dem Turnier. „Jetzt ist alles möglich“, sagte Janko Bozovic, der im Finish das Tor zum Remis erzielte.

Die Österreicher schwebten nach dem dramatischen Kraftakt gegen den Vizeeuropameister förmlich durch die Mixed Zone der Mannheimer SAP-Arena. „Das ist unbeschreiblich“, jubelte Routinier Robert Weber, der seit der Heim-EM 2010 bei allen Endrunden mit dabei war. Vier Tage nach dem Auftaktpflichtsieg über Rumänien bzw. zwei nach dem ersten Highlight, dem 28:28 gegen Kroatien, hatte sein Team das scheinbar Unmögliche möglich gemacht.

Seit dem 37:37-Remis gegen Island bei der Heim-EM 2010 hatte Österreich bei den folgenden acht Endrunden nicht mehr über einen Punktegewinn gegen einen deutlich favorisierten Gegner jubeln dürfen – nun brachte man dieses Kunststück innerhalb von 48 Stunden gleich zweimal zuwege.

Österreich überrascht bei Handball-EM

Der Aufstieg in die EM-Hauptrunde nach dem unerwarteten Unentschieden gegen Titelkandidat Spanien gleicht für viele einem Handballwunder.

Mit Herz und Köpfchen

„Das ist mit Abstand das Schönste, das ich jemals erlebt habe“, jubelte der 23-jährige Tormann Constantin Möstl, der im dritten Endrundenspiel seiner Karriere in der ersten Hälfte einige wichtige Bälle entschärfte, nach einem wahren Krimi. Die Partie stand stets auf des Messers Schneide, Österreich glänzte aber nicht nur mit starker Defensivarbeit, sondern zeigte im Angriff auch Ruhe und Köpfchen. „Emotionen, Kampf, aber auch der Kopf waren da“, lobte Teamchef Ales Pajovic, „in den schweren Minuten gegen Kroatien, aber auch Spanien sind wir cool geblieben“.

Trainer Ales Pajovic (AUT)
GEPA/Edgar Eisner
Ales Pajovic und sein Team hatten allen Grund zur Freude

In Mykola Bilyk hatte man gerade in der zweiten Hälfte einen Leader, der die Situationen mehrmals erfolgreich im Alleingang löste. „Er hat das Szepter in die Hand genommen“, lobte Möstl den Kapitän. Dieser stellte die Mannschaftsleistung in den Vordergrund. Vieles sei möglich, „wenn man alles reinhaut, wenn man als Team auftritt und dran glaubt, auch als kleine Nation, vielleicht nicht mit den größten Namen“, sagte Bilyk, der seit Jahren beim deutschen Topclubs THW Kiel spielt.

Lehren aus der Vergangenheit

Abwehrchef Lukas Herburger dachte nach der Partie auch an die Vergangenheit, in der es nicht immer rund gelaufen war. Etwa vor zwei Jahren bei der EM in der Slowakei und Ungarn, als man sich in einer am Papier ungleich leichteren Vorrundengruppe mit Deutschland, Polen und Weißrussland nach einem glatten „Nuller“ verabschieden musste. „Wir haben in den vergangenen Jahren viel lernen dürfen, mussten auch Niederlagen einstecken. Ich habe das Gefühl, jetzt ernten wir das“, sagte der Vorarlberger.

ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser, der an diesem Abend als Rekordfeldspieler von Robert Weber (219) abgelöst wurde, musste „sich zwicken. Das kannst du nicht in Worte fassen, das ist ein Wunder, dass Spanien nicht in die Hauptrunde kommt“, erklärte er angesichts des erstmaligen Vorrundenausscheidens des mehrfachen Welt- und Europameisters, der seit Einführung des aktuellen Formats 2002 immer die zweite Turnierphase erreicht hatte.

„Wir müssen nur dran glauben“

Für den ÖHB ist es schon jetzt eine der vier erfolgreichsten Endrunden in der Handball-Moderne, Topresultate sind die Plätze acht bzw. neun von den Heim-EMs 2020 und 2010, daneben gelang noch ein elfter Rang bei der EM 2014. Auch heuer könnte noch einiges möglich sein.

„Wir haben Kroatien und Spanien einen Punkt abgenommen. Warum nicht auch gegen Deutschland oder Frankreich?“, blickte Möstl nach vorn. „Es ist alles möglich. Wir müssen nur dran glauben“, bestätigte der 38-jährige Bozovic, der mit dem gleichaltrigen Weber das Oldie-Duo bildet. Der Kuwait-Legionär sprach auch die Kraftfrage an. „Wir haben sehr viel mit sieben, acht Spielern gespielt, die haben schon sehr viel Kraft verloren. Wir werden die Bank brauchen.“

Am Mittwoch übersiedelt das Team in die 20.000er-Arena von Köln, wo man weiter im Zweitagesrhythmus ab Donnerstag in Hauptrundengruppe 1 auf Ungarn, Gastgeber Deutschland (Samstag), den siebenfachen Welt- bzw. dreifachen Europameister Frankreich (22. Jänner) und Island (24. Jänner, alle Spiele live in ORF1) trifft. Da Österreich auch den Punkt gegen die Kroaten „mitnimmt“, starten die beiden Teams mit je einem Punkt. Ungarn und Frankreich nehmen die Gruppe mit je zwei Zählern in Angriff.