Tobias Wagner in Aktion
IMAGO/Lobeca/Patrick Suephke
Handball-EM

„Zwerg“ Österreich fordert Deutschland

Österreichs Handballer schweben auf einer sensationellen Erfolgswelle durch die Europameisterschaft in Deutschland. Das bisher ungeschlagene ÖHB-Team, in deutschen Medien gerne als „Handballzwerg“ bezeichnet, darf nach dem Erfolg über Ungarn zum Start der Hauptrunde sogar mit dem Halbfinale spekulieren. Als nächste Hürde baut sich nun der Gastgeber auf. Am Samstag (20.30 Uhr, live in ORF1) steht ein absoluter Höhepunkt an, wenn es vor 20.000 Fans in der Lanxess-Arena in Köln gegen Deutschland geht.

Wer gegen den zweifachen Olympiasieger Kroatien und gegen Spanien, zuletzt viermal in Serie im EM-Finale, remisiert und eine Topnation wie Ungarn schlägt, darf auch zu träumen beginnen. „Wir spielen gegen Deutschland wahrscheinlich ums Halbfinale, da wird sich dann zeigen, ob wir wirklich schon eine Topmannschaft sind“, meinte Tobias Wagner in der Euphorie am Donnerstagabend. Die bisher beste Platzierung, Platz acht bei der Heim-EM 2020, ist ebenso in Reichweite wie ein Startplatz für ein Qualiturnier für die Olympischen Spiele in Paris.

Die Partie gegen Deutschland wird zum „persönlichen Karrierehighlight für jeden von uns“, sagte Wagner über den Stellenwert des nun anstehenden Nachbarschaftsduells. Der Gastgeber braucht einen Sieg, wenn man den anvisierten Einzug ins Halbfinale noch schaffen will. Der Druck liegt also klar aufseiten der Deutschen, die als Tabellenvierte der Gruppe eins mit zwei Punkten einen Zähler hinter der zweitplatzierten ÖHB-Truppe liegen.

Österreich träumt vom EM-Halbfinale

Österreichs Handballer wollen sich bei der EM in Deutschland den Traum vom Halbfinale erfüllen. Am Samstag treten die Österreicher gegen Deutschland an und hoffen auf einen Sieg.

Bilyk will „weiter Spaß haben“

Die Österreicher um Trainer Ales Pajovic wollen den Moment weiter genießen und „weiter Spaß haben“, wie Mykola Bilyk anmerkte. „Wenn ich den Jungs in die Gesichter schaue, habe ich noch mehr Bock, Gas zu geben. Das geht jedem Einzelnen genauso“, sagte der Kapitän, der gegen Ungarn im Finish Verantwortung übernahm und das ÖHB-Team mit den zwei entscheidenden Treffern zum Sieg warf.

Mykola Bilyk freut sich mit Team
APA/AFP/Ina Fassbender
Mykola Bilyk würde gegen Deutschland besonders gerne jubeln

Für den Rückraumspieler, mit 26 Treffern ÖHB-Toptorschütze der EM, steht ein ganz besonderes Spiel an. Der 27-Jährige spielt seit 2016 für den deutschen Topclub THW Kiel. Natürlich seien Duelle mit Deutschland besonders, meinte Bilyk. „Es ist eine gewisse Rivalität da, da brauchen wir nicht um den heißen Brei herumreden.“ Im Hexenkessel von Köln werde es „ein richtig geiles Spiel“.

Weber „hält den Ball flach“

Einer, der lange in Deutschland aktiv war, ist Robert Weber. Der Flügelspieler kehrte im Oktober nach über einem Jahrzehnt in der deutschen Liga nach Österreich (Bärnbach/Köflach) zurück. Auch der 38-Jährige sprach von einem „Highlightspiel“, Kampfansagen gab es aber nicht. „Ich glaube, wir tun gut daran, den Ball flach zu halten und von Spiel zu Spiel zu denken. Wir sollten auf dieser Welle weiterreiten und den Spaß nicht verlieren“, meinte der Routinier.

Es gelte auch, das bisher Erreichte zu genießen. „Egal, was noch passiert: Wir werden mit einem Lächeln aus dem Turnier gehen“, sagte Weber, der seine Familie nach Köln einfliegen ließ. „Damit mein Sohn das miterleben kann.“ Beim bis dato letzten Erfolg gegen Deutschland vor etwas mehr als zehn Jahren war der gebürtige Vorarlberger dabei. Am 3. Jänner 2014 siegte Österreich in Dortmund im Rahmen eines Vier-Nationen-Testturniers mit 29:28, Weber warf dabei acht Tore.

Fitness als größte Herausforderung

Ein wichtiger Faktor könnte die Fitness der Österreicher werden. Am Samstag steht die fünfte Partie in neun Tagen an. Vielspieler wie Bilyk, Weber, Sebastian Frimmel und Lukas Hutecek sind wieder gefordert. Den bei TBV Lemgo Lippe in der deutschen Liga spielenden Hutecek zwickte nach der Ungarn-Partie das Knie, laut ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser soll das aber kein Problem sein. Janko Bozovic dürfte weiter ausfallen, der ebenfalls erkrankte Moritz Mittendorfer ist auf dem Weg der Besserung.

Pajovic sah das Problem der doch „kürzeren“ Bank im Vergleich zu den Topnationen. „Es ist schwer, wenn man jeden zweiten Tag ein Spiel bestreitet“, meinte der Coach. Frankreich oder Deutschland könnten mehr rotieren. Die ÖHB-Physiotherapeuten sind umso mehr gefordert.

Als taktisches Mittel, um Kräfte zu schonen, setzt Pajovic auf eine 7:6-Überzahl im Angriff, nimmt also in der Offensive den Torhüter heraus. Bilyk sah als bestes Mittel gegen die Müdigkeit die Gemütslage: „Es kostet Kraft, was wir in den letzten Spielen geleistet haben. Aber wir genießen den Moment extrem, und das gibt viel Kraft zurück.“