Der ecuadorianische Radfahrer Richard Carapaz.
Reuters/Matthew Childs
Radsport

Carapaz erobert historisches Gold

Richard Carapaz hat sich die Goldmedaille im Straßenrennen geholt. Der 28-Jährige setzte sich am Samstag nach anspruchsvollen 234 Kilometern, fast 5.000 Höhenmetern und einer Fahrzeit von 6:05:26 Stunden mit einem Vorsprung von 1:07 Minuten durch. Carapaz krönte sich damit zum ersten Olympiasieger im Radfahren aus Ecuador. Aus österreichischer Sicht sorgte Patrick Konrad mit dem 18. Platz für ein Topergebnis.

Der Sprint der neunköpfigen Verfolgergruppe auf dem Fuji International Speedway ging an den Belgier Wout van Aert, der Silber holte. Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar aus Slowenien eroberte hauchdünn dahinter Bronze. Konrad kam bei Temperaturen über 30 Grad mit einem Rückstand von 3:38 Minuten ins Ziel und holte das beste Olympiaresultat für den Österreichischen Radsport-Verband (ÖRV) seit 30 Jahren. Vom ÖRV-Trio belegte Hermann Pernsteiner den 30. Rang (+ 7:51 Minuten), Gregor Mühlberger wurde 70. (16:20).

Konrad war knapp 40 Kilometer vor dem Ziel in der Spitzengruppe. Der 29-Jährige verlor allerdings auf den Mikuni-Pass hinauf den Anschluss, nachdem Pogacar auf dem 6,5 Kilometer langen und im Schnitt 10,6 Prozent steilen Anstieg das Tempo verschärft hatte. Danach bildete sich eine Spitzengruppe, aus der sich Carapaz mit dem US-Amerikaner Brandon McNulty absetzte. Der Ecuadorianer fuhr schließlich solo zum historischen Gold für sein Land.

Carapaz erobert historisches Gold

Der Höhepunkt des ersten Wettkampftages war das Rad-Straßenrennen. Für Patrick Konrad, der zuletzt bei der Tour de France eine Etappe gewinnen konnte, gab es einen Spitzenplatz, aber leider keine Medaille. Die Goldmedaille hat sich Richard Carapaz geholt und krönte sich damit zum ersten Olympiasieger im Radfahren aus Ecuador.

Konrad hat „nicht viel gefehlt“

Konrad bilanzierte sein Rennen zufrieden, war aber nicht restlos glücklich. „Ich hatte keinen schlechten Tag, bin aber nicht absolut zufrieden. Bis auf den letzten Kilometer hinauf auf den Mikuni-Pass ist es mir gut gegangen. Es hat nicht viel gefehlt, damit ich mit der Spitzengruppe mitfahren kann. Ein, zwei Prozent haben gefehlt. Das war die Tagesverfassung. Einige Favoriten waren sehr weit abgeschlagen. Es war ein schönes Rennen, es hat Spaß gemacht. Ich kann mir nichts vorwerfen“, sagte Konrad im ORF-Interview.

Pernsteiner zog ebenfalls ein zufriedenes Resümee. „Ich bin fertig, aber es geht mir ganz gut. Nach eineinhalb Stunden ist das Rennen richtig losgegangen. Wie erwartet ist die Entscheidung auf dem letzten Pass gefallen, da war dann schon höllisches Tempo. Es war nicht mein Hammertag, aber Patrick ist ein super Rennen gefahren. Mit den Top Ten hat es für uns leider nicht geklappt, aber wir haben alles gegeben. Es war eine einzigartige Stimmung“, so der 30-jährige Burgenländer.

Der österreichische Radfahrer Patrick Konrad.
GEPA/Michael Meindl
Patrick Konrad kämpft bis zum Schluss um einen Spitzenplatz

Mühlberger zu Beginn in Sturz verwickelt

Zahlreiche Fahrer erreichten bei harten Bedingungen nicht das Ziel. Mühlberger war in der Anfangsphase mit Ex-Tour-Sieger Geraint Thomas in einen Sturz mehrerer Fahrer verwickelt und erlitt Abschürfungen sowie eine Prellung am Handgelenk. Während der Brite später aufgeben musste, erreichte der für Konrad als Helfer arbeitende Mühlberger aber das Ziel. Er sei aufgrund des Sturzes „angefressen“, wie der im Frühling an einer Gehirnhautentzündung erkrankte Wahl-Salzburger meinte, schließlich habe er sich seit Mai gezielt vorbereitet.

Der Deutsche Simon Geschke und Michal Schlegel aus Tschechien hatten nach positiven Coronavirus-Tests nicht antreten dürfen. Trotz des Behördenaufrufs, wegen der verschärften Pandemielage nicht an die Strecke zu kommen, nutzten zahlreiche Japaner die seltene Chance, einen Olympiabewerb hautnah miterleben zu können und verfolgten das Rennen scharenweise am Straßenrand. Auch im Zielbereich waren Zuschauer erlaubt, die Tribünen an der Fuji-Motorsportstrecke waren aber nicht voll.

Selektion auf dem Mikuni-Pass

Das Rennen wurde lange von einer Ausreißergruppe geprägt, der zwischenzeitlich 20 Minuten Vorsprung gewährt wurde. Ihre letzten Reste wurden vom Hauptfeld aber planmäßig rund 50 Kilometer vor dem Ziel eingeholt. Wenig später erfolgte nach einigen erfolglosen Angriffen wie erwartet am sehr steilen Mikuni-Pass die vorentscheidende Selektion.

Dem von den Belgiern forcierten Tempo fiel der Großteil des Feldes zum Opfer, Konrad hielt da noch gut mit. 37 Kilometer vor dem Ziel attackierte dann Pogacar, nur Brandon McNulty (USA) und Michael Woods (CAN) konnten dem Slowenen bergauf folgen. Dahinter bildete sich eine kleine Verfolgergruppe, aus der auch Konrad nach einiger Zeit etwas zurückfiel.

Carapaz macht sich auf und davon

Gegen Ende des Anstieges wurde das Spitzentrio von einigen Konkurrenten wieder eingeholt. Konrad und mehrere Begleiter hatten am höchsten Punkt bereits rund eine Minute Rückstand. Das war zu viel, um noch einmal ganz nach vorne zu kommen. Im folgenden Flachstück und auf dem letzten kurzen Pass machten sich Carapaz und McNulty davon. Der Ecuadorianer hängte den US-Amerikaner schließlich am welligen Fuji-Speedway noch deutlich ab, auch Pogacar und Co. kamen nicht mehr an ihn heran.

Im Sprint um Silber und Bronze der Gruppe mit mehreren Tour-Protagonisten hatte van Aert knapp vor Pogacar die Nase hauchdünn vorne. Der Belgier – in Frankreich dreifacher Etappensieger – war aber gar nicht erfreut über Silber. Auch Topfavorit Pogacar wirkte nicht wirklich glücklich. Großen Jubel gab es hingegen bei Carapaz, der nach dem Sieg beim Giro d’Italia über seinen ersten großen Erfolg in einem Eintagesrennen jubeln durfte. Der Ineos-Profi holte das zweite Olympiagold für sein Land nach Jefferson Perez 1996 im 20 km Gehen.

„Ich habe für diesen Erfolg sehr hart gearbeitet. Jetzt bin ich hier und genieße es. Die Goldmedaille bedeutet mir sehr viel. In Wahrheit ist es der beste Moment meiner Karriere, den Worte eigentlich nicht beschreiben können. Ich bedanke mich bei allen, die mich unterstützt haben. Das hat mir sehr geholfen“, so Carapaz.

Straßenrennen:
1. Richard Carapaz ECU 6:05:26
2. Wout van Aert BEL + 1:07
3. Tadej Pogacar SLO -"-
4. Bauke Mollema NED -"-
5. Michael Woods CAN -"-
6. Brandon McNulty USA -"-
7. David Gaudu FRA -"-
8. Rigoberto Uran COL -"-
18. Patrick Konrad AUT 3:38
30. Hermann Pernsteiner AUT 7:51
70. Gregor Mühlberger AUT 16:20