Michaela Polleres und Trainerin Yvonne Bönisch (AUT)
GEPA/Christian Walgram
Judo

Neuer Teamgeist als Fundament für Erfolge

Die Judoka waren dank Michaela Polleres und Schamil Borchaschvili für zwei der bisher drei österreichischen Medaillen bei den Sommerspielen in Tokio verantwortlich. Die bisher sensationelle Ausbeute mit Silber und Bronze ist vor allem das Ergebnis eines neuen unter Nationaltrainerin Yvonne Bönisch geschaffenen Teamgeistes. „Man fühlt sich einfach wohl“, sagte Polleres, die sich am Mittwoch Silber erkämpft hatte.

Nach EM-Bronze durch Bernadette Graf in Lissabon und WM-Bronze durch Polleres in Budapest war eine Olympiamedaille das logische Ziel von Österreichs Judoka. Borchaschvili erfüllte die Erwartungen bereits mit Bronze am Dienstag, am Mittwoch zog Polleres eindrucksvoll nach. Erst im Finale musste sie sich der Japanerin Chizuru Arai geschlagen geben.

„Meine Kampfleistung ist immer stärker geworden“, sagte Polleres, die nach Gold von Anna Kiesenhofer im Straßenrennen die zweite Medaille einer niederösterreichischen Sportlerin holte. Verspürte sie im Augenblick der Niederlage eine große Enttäuschung und Traurigkeit, war doch Gold greifbar gewesen, so wichen diese Gefühle rasch, als sie sich umdrehte und die jubelnden Teammitglieder sah: „Der schönste Moment war, wie sich alle für mich gefreut haben. Das war unglaublich.“

Polleres jubelt über Silber

Die Niederösterreicherin Michaela Polleres hat am fünften Tag bei den Olympischen Spielen in Tokio für die zweite österreichische Judo-Medaille gesorgt. In der Klasse bis 70 kg holte die 24-Jährige Silber.

Mit dem Amtsantritt von Bönisch im Jänner habe sich alles geändert im Team. „Die ganze Stimmung. Abgesehen davon, dass wir öfter in Linz und zusammen sind. Sie bringt so gute Stimmung rein, dass man sich einfach wohlfühlt und Spaß hat im Training.“ Yvonne sei eine richtig gute Trainerin. Es sei auch überhaupt nicht ungewohnt gewesen, dass plötzlich eine Frau Anweisungen reinschreie, denn das würden Magda oder Bernie – also Magdalena Krssakova und Bernadette Graf – auch oft tun.

„Idealbesetzung“ Bönisch

„Uns ist ein Sensationscoup gelungen“, hatte Österreichs Verbandspräsident Martin Poiger Ende November 2020 gemeint, als die Verpflichtung von Bönisch bekanntgegeben wurde. Vier Jahre war sie in Israel als Frauen-Headcoach tätig gewesen. Für die Stelle im ÖJV hatten sich 25 Coaches aus 16 Nationen beworben, die Deutsche wurde ausgewählt. Zwei Jahre zuvor war sie von Österreich schon einmal kontaktiert worden, aber in Israel geblieben. „Wir haben in der Mannschaft einige Kracher, die international jederzeit für eine Medaille gut sind“, sagte Bönisch schon nach wenigen Tagen ihres Werkens.

Trainerin Yvonne Bönisch (AUT)
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Bönisch (r.) hatte bei ihrer Bestellung zur Nationaltrainerin nicht zu viel versprochen

„Sie ist zielstrebig, analytisch, kommunikativ und leidenschaftlich“, so Poiger. Sowohl fachlich als auch menschlich habe sie sich als „Idealbesetzung“ herausgestellt. Dass Sportdirektor Markus Moser bei der Verpflichtung sagte, „wir warten seit 2008 auf eine Olympia-, seit 2010 auf eine WM-Medaille. Yvonne soll den Unterschied ausmachen“, klang hochgegriffen. Aber wie sich herausstellte, war es nicht unrealistisch. Bönisch bezieht auch die jeweiligen Heim- und Vereinstrainer der Athletinnen und Athleten mit ein, die diese oftmals seit vielen Jahren betreuen.

Einzige Cheftrainerin weltweit

„Wir trainieren seit Anfang des Jahres teilzentralisiert zusammen. Sie wachsen enger zusammen, deswegen ist eine gute Grundstimmung im Team. Es war definitiv heute Teamwork, unglaublich, dass es so aufgegangen ist“, sagte Bönisch nach dem Silbercoup von Polleres. Eine Frau an der Spitze eines gesamten Nationalteams gibt es weltweit gesehen kein zweites Mal im Judo-Sport. Nur eine Handvoll weiterer Frauen ist als Trainerinnen für je ein Geschlecht verantwortlich. Der Job sei ein „Riesending“, sagte Bönisch.

Man habe vorher nicht so hundertprozentig damit gerechnet, dass die Wegänderung mit der Zentralisierung in Linz im neuen ÖJV-Bundesstützpunkt so früh schon Früchte tragen werde. „Es ist ganz klar etwas anderes, wenn man in einem Team trainiert, in dem alle das gleiche Ziel haben und in jeder Einheit Vollgas geben, als wenn ich daheim im Kämmerchen bin und versuche, Weltmeister zu werden. Es hat allen einen Push gegeben“, sagte die 40-Jährige. Mit den jüngsten Erfolgen wird es auch betreffend Fördermittel eine gute Basis für den nächsten Olympiazyklus geben, der bis Paris 2024 nur drei Jahre dauert.