Jakob Schubert (AUT)
Reuters/USA Today Sports/Jeffrey Swinger
Klettern

Schubert hofft auf schwierige Route

Am Dienstag startet für Jakob Schubert das Abenteuer Olympia. Der dreifache Weltmeister geht als Medaillenkandidat in die olympische Premiere im Klettern. Das erste Kennenlernen mit der Wand in Tokio stärkte die Zuversicht des Tirolers. Denn Schubert wünscht sich in den Disziplinen Speed, Bouldern und Lead vor allem bei den beiden letztgenannten eines: eine möglichst schwierige Route.

Schubert bestreitet am Dienstag (10.00 Uhr MESZ) seine Qualifikation, das Finale der Top Acht ist für Donnerstag angesetzt. Jessica Pilz ist am Mittwoch und bei Aufstieg am Freitag im Einsatz. Geklettert wird in der Qualifikation in der Reihenfolge Speed, Bouldern und Lead – auch bekannt als Vorstieg. „Das erste Ziel ist es, die Quali zu überstehen und in das Finale der Top Acht zu kommen. Schritt für Schritt. Das große Ziel ist, mit einer Medaille heimzufahren“, sagte der Tiroler.

Dem großen Tag der Kombinationsentscheidung blickt der mehrfache Gesamtweltcup-Sieger mit Spannung entgegen. Man müsse sich in seiner Karriere sowohl über einen längeren Zeitraum als auch an einem Tag beweisen. „Das eine ist die Konstanz, die nochmals mehr für das eigentliche Können des Athleten spricht. Das andere ist das Mentale, das dazukommt, der Druck eines Großereignisses, das zu schaffen“, so Schubert. „Olympia ist vielleicht nochmals eine Stufe höher. Dass es an dem Tag läuft, das ist nicht garantiert. Man steht da, hat alles getan und die Chancen, eine Medaille zu holen, maximiert. Dann kommt das bissl Glück dazu.“

Kletterwand im Aomi Urban Sports Park
AP/Eugene Hoshiko
Auf dieser Wand im Aomi Urban Sports Park werden die ersten olympischen Medaillen im Klettern vergeben

Dass es das Karrierehighlight für ihn ist, gibt der 30-Jährige gern zu. „Aber es bringt nichts, sich einzureden, dass es der allerwichtigste Wettkampf ist. Man muss sich sagen, es ist einer wie jeder andere. Es geht darum, herauszuholen, was ich mir antrainiert habe.“ Dafür hat er nach dem Weltcup in Innsbruck auch auf weitere Bewerbe verzichtet. Wie viele andere Weltklasseathleten auch. Von denen wird der Tscheche Adam Ondra ein großer Konkurrent sein. Mit Druck von außen hat er insofern kein Problem, als er sich auch selbst welchen mache. „Das kommt eh von innen.“

Schuberts Disziplin am Schluss

Los geht es allerdings mit seiner „schlechtesten“ Disziplin Speed. In diesem Bewerb werden zwei Linien vorgegeben, die schnellste Zeit zählt. Im Bouldern sind vier Aufgaben in jeweils fünf Minuten zu bewältigen (Anzahl Tops/Zonen, Versuche für Tops/Zonen), im Lead zählt nach sechs Minuten die gekletterte Höhe (Griffnummer). Die Platzierungen werden multipliziert, die Top Acht erreichen das Finale. Dort wird Speed im K.-o.-Modus ausgetragen, im Bouldern hat man für drei Aufgaben je vier Minuten zur Verfügung, im Lead wieder sechs.

Schubert, Kombination-Weltmeister 2018 und ein Jahr später Vizeweltmeister in dieser Disziplin, kann vor allem im Bouldern und noch mehr im Vorstieg die entscheidenden Punkte zur Medaille holen. Denn im Speed dreht sich alles um die Schnelligkeit, in den beiden anderen um die Schwierigkeit. Daher setzt Schubert auch sein Hauptaugenmerk auf seine Spezialdisziplin Lead, in der er das Ergebnis theoretisch noch auf den Kopf stellen kann, so nötig. „Wenn es im Vorstieg läuft, bin ich immer unter den Allerbesten und habe Chancen, einen Einser zu holen. Das wird wichtig, dass ich da abliefern kann.“

Hohe Dichte im Bouldern

Bouldern, in dem er heuer beim Weltcup in Salt Lake City Dritter war, sei die unberechenbarste Disziplin. Das „Felsbrocken“-Klettern findet ungesichert in Absprunghöhe statt. „Der Großteil der Qualifizierten sind Boulder-Spezialisten, dadurch ist da die Dichte am höchsten. Wenn man sich Fehler leistet, wird man am schnellsten durchgereicht. Es kommt darauf an, wie einem die Boulder taugen. Das Potenzial für die Top Drei habe ich, aber man kann schnell auf 15 rutschen.“

Eine Lösung zu finden, ist nicht immer einfach. „Es gibt Boulder, da steht man davor und weiß gleich, was zu tun ist. Es gibt Boulder, da weiß man nach fünf Minuten die Lösung immer noch nicht.“ Manchmal würden Boulder gebaut, bei denen es vor allem darum gehe, draufzukommen, wie diese zu lösen seien. „Und manchmal, wo es um die pure Fitness geht. Es geht nur darum, Saft an die Wand zu bringen. Das sind so meine Boulder dann“, so Schubert.

Jakob Schubert (AUT)
GEPA/Patrick Steiner
Die richtigen Lösungen im Bouldern sind nicht immer gleich zu finden

Im Speed ist die Route genormt, für die in den anderen zwei Disziplinen stehen die Setzerteams schon länger fest. Es sind jene, die auch bei der Olympiageneralprobe in Innsbruck im Einsatz waren. Dort hatte Schubert den Vorstieg gewonnen und kam im Bouldern auf Rang 14. „Die Kletterwand ist anders als in Innsbruck. Man versucht, sich auf alles vorzubereiten und so wenig wie möglich Schwächen zu haben, egal, was sie schrauben.“ Beim Routenklettern (Lead) hat man sechs Minuten, sich die Route anzuschauen.

Wand lässt „cooles Schrauben“ zu

Der Kletterwand im Aomi Urban Sports Park, die die Athleten bisher hauptsächlich von Bildern kannten, kann Schubert jedenfalls einiges abgewinnen. „Der steile Bereich auf der rechten Seite ist größer als erwartet, da sind coole Boulder möglich. Die Lead-Wand hat eine normale Steilheit, aber an den Trainingsrouten hat man gesehen, dass man cool schrauben kann“, sagte der Tiroler. Sicher, noch steiler wäre für Vorstieg-Spezialisten besser, weil man dann die Ausdauer ausspielen könne, so Schubert: „Aber sie ist steil genug, um das zeigen zu können, was wir draufhaben.“

Nicht nur die Athleten, auch die Routensetzer stehen unter Druck. „Sie sind dafür verantwortlich, wie unsere Sportart präsentiert wird. Sie haben viel Verantwortung. Ich hoffe, dass es geile Runden werden. Ich hoffe, dass sie schwierig sein werden.“ Denn wenn nicht, dann sei es ein Pokerspiel. „Dann geht es nur darum, dass du einen Minifehler machst und durchgereicht wirst. Auch wenn du fitter bist“, weiß Schubert. Es liege oft nur an einem einzigen Zug. „Manchmal entschärfen sie den noch, weil sie denken, er ist zu schwer, und plötzlich ist der ganze Boulder extrem leicht.“

Grundsätzlich wird gemeinsam besichtigt. „Es sind alle sehr fair, wir sind alle befreundet. Jeder hat Vertrauen in sein eigentliches Können. Wenn man nicht ganz sicher ist mit der Lösung, tauscht man sich aus. Mir ist am liebsten, wir wissen alle die perfekte Lösung und der Fitteste soll gewinnen. Ich habe Vertrauen in die eigene Fitness.“ Es gehe nicht gegen die Konkurrenten, sondern gegen die Route und den Boulder. „Jeder respektiert, dass der Beste gewinnen soll.“