Max Verstappen
APA/Georg Hochmuth
Formel 1

Verstappen rechtfertigt „hartes Rennfahren“

Erst über drei Stunden nach Rennende ist am Sonntagabend der Sieg von Max Verstappen im Grand Prix von Österreich in Spielberg offiziell bestätigt worden. Die Stewards hatten nach dem entscheidenden Überholmanöver in der 69. Runde, bei dem der niederländische Red-Bull-Pilot den Ferrari von Charles Leclerc touchiert und die Spitze übernommen hatte, eine Untersuchung eingeleitet.

Schließlich werteten sie die Szene als „Rennzwischenfall“, wie es in der Urteilsbegründung hieß. „Es war die richtige Entscheidung“, sagte Verstappen im ORF-Interview: „Die letzten drei Stunden waren schwer.“ Mit der Bestätigung seines Sieges zeigte sich der Red-Bull-Pilot zufrieden: „Wir sind Rennfahrer. Solche Dinge passieren in dem Sport.“

Bei Ferrari sprach man indes von einer „Fehlentscheidung“. Trotzdem verzichtete die „Scuderia“ aus sportlichen Gründen auf einen Einspruch gegen die Entscheidung. „Auch wenn wir anderer Meinung sind: Wir akzeptieren diese Entscheidung der Stewards komplett“, sagte Teamchef Mattia Binotto. Klarere Lösungen für die Zukunft zu finden wäre aber auch kein Nachteil. „Jetzt ist es Zeit umzublättern und weiterzugehen. Bravo an Verstappen, er ist fantastisch gefahren, Charles aber auch“, sagte der erst seit heuer am Ferrari-Ruder sitzende Italiener.

Leclerc sagte: „So überholt man nicht.“ Aber er müsse die Entscheidung akzeptieren. „Max ist ein großartiger Fahrer. Er wird sehr weit kommen“, sagte der wie Verstappen 21-jährige Monegasse. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bezeichnete den Sieg von Verstappen als „völlig zweifelsfrei“. Leclerc sei „irgendwann die Straße ausgegangen“, kommentierte der Grazer den spektakulären Zweikampf in der 69. Runde, der Verstappen den von seinen niederländischen Fans frenetisch bejubelten Sieg brachte.

Leichte Berührung der Wagen

Der Red-Bull-Fahrer hatte sich in der Rechtskurve nach der „Oranje“-Tribüne innen an Leclerc vorbeigepresst, dieser verließ kurz die Strecke, nachdem es zu einer leichten Berührung der Wagen gekommen war. Dafür sei laut Verstappen Leclerc verantwortlich gewesen. „Wir alle wissen, da ist eine (Asphalt-, Anm.)Auslaufzone, deswegen macht er das. Wenn da Kies wäre wie in Kurve vier, macht man das nicht“, so der Niederländer. „Es war natürlich ein gutes Gefühl, hier wieder zu gewinnen“, resümierte Verstappen den letztlich erfolgreichen Arbeitstag.

Spielberg-Sieger Verstappen im Interview

ORF-Reporter Christian Diendorfer hat Max Verstappen nach dessen Sieg in Spielberg vor das Mikrofon gebeten.

„Er hat mir keinen Platz gelassen, um zurückkommen zu können“, sagte Leclerc, der äußerlich aber ruhig blieb. „Ich war auf der Außenseite wie in der Runde davor. In der Runde vorher war es völlig in Ordnung, er hat am Kurvenausgang genug Platz für ein Auto daneben gelassen, aber nachher hat er das nicht gemacht. Er hat mich berührt, ich musste nach außen ausweichen und hatte keine Chance, Max wieder zu überholen“, sagte Leclerc, der seinen ersten Rennsieg wie schon in Bahrain in der Schlussphase eines Rennens verlor.

„Beim zweiten Mal habe ich etwas später in der Kurve gebremst. Wir hatten natürlich einen kleinen Kontakt“, sagte Verstappen. „Das ist hartes Rennfahren. Es ist besser, als nur hintereinander herzufahren und ein langweiliges Rennen zu haben.“ Marko gab seinem Schützling recht. „Da gibt’s überhaupt keine Debatte“, sagte der Steirer nach dem ersten Sieg für Honda als Motorenhersteller seit 2006. Wenn derartige Vorfälle strafwürdig seien, würde man „nur noch zu den Stewards gehen“.

Ähnliches Manöver vor vier Jahren in Spielberg

Schon vor drei Jahren hatte es auf dem kurzen Red Bull Ring eine spektakuläre Schlussphase mit einem ähnlich umstrittenen Manöver gegeben. Die Mercedes-Teamkollegen Nico Rosberg und Lewis Hamilton gerieten in der letzten Runde – nicht zum ersten Mal in dieser Saison – an der Spitze aneinander. Rosberg ließ Hamilton wenig Platz, fiel aber durch das letztlich verpatzte Manöver auf Platz vier zurück. Vier Stunden nach Rennende erklärten die Stewards Rosberg zum Verursacher der Kollision und brummten ihm eine Zehnsekundenzeitstrafe auf. Der Deutsche blieb im Klassement Vierter. Am Ende des Jahres 2016 wurde er Weltmeister.

Jüngste erste Startreihe in der F1-Geschichte

Die jüngste erste Startreihe in der Formel-1-Geschichte mit Leclerc und Verstappen war in Spielberg unterschiedlich vom Start weggekommen. Der Niederländer verpatzte nämlich seine Anfahrt und verlor fünf Positionen, während Leclerc davonfuhr. Verfolgt wurde er vom Mercedes-Tandem Bottas und Hamilton, in der siebenten Runde war der von Platz neun gestartete Vettel bereits Vierter.

Vettel (Soft), Bottas (Medium) und Leclerc (Soft) wechselten bei Streckentemperaturen von bis zu 55 Grad Celsius und 35 Grad Celsius in der Luft noch vor dem ersten Drittel der Renndistanz auf härtere Mischungen. Hamilton kam erst in der 30. Runde an die Box, dabei wurde auch ein beschädigter Frontflügel getauscht. Der Brite fiel dadurch auch hinter Vettel und Verstappen zurück, die sich bald um den dritten Platz stritten.

In der 50. Runde zog Verstappen an dem Ferrari vorbei, wenig später überholte er auch Bottas. Vettel verlor durch einen weiteren Boxenstopp seinen vierten Platz an Hamilton, holte diesen aber am Schluss im Duell auf der Strecke zurück. In puncto Geschwindigkeit hatten die Mercedes diesmal klare Nachteile gegenüber Ferrari und dem Verstappen-Red-Bull, die mit den heißen Temperaturen offenbar besser zurechtkamen.