Bayern-Trainer Niko Kovac
AP/Michael Probst
Fußball

Gnadenfrist für Bayern-Coach Kovac

Rekordmeister FC Bayern München muss nach dem 1:5-Debakel am Samstag bei Eintracht Frankfurt die schwerste Niederlage in der deutschen Bundesliga seit über zehn Jahren aufarbeiten. Trainer Niko Kovac scheint aber vorerst weiter im Amt zu bleiben.

Das berichteten mehrere Münchner Medien Sonntagfrüh. Der 48-Jährige leitete die Trainingseinheit beim FC Bayern und bereitete das Team auf das Champions-League-Duell gegen Olympiakos Piräus vor. „Wir haben am Mittwoch die Möglichkeit, in der Champions League den Sack zuzumachen“, sagte Kovac in einer Mitteilung des Clubs am Sonntag. Es sei wichtig, dass man wieder „die Köpfe frei“ bekomme.

Die Bayern-Bosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hatten sich kurz nach dem Debakel bei der Eintracht öffentlich nicht zu seiner Zukunft als Bayern-Coach geäußert. In der Liga sind die Münchner nach zehn Spieltagen mit vier Punkten Rückstand auf Tabellenführer Borussia Mönchengladbach Vierter. Die Gnadenfrist soll sich laut Informationen der „Sport Bild“ über die zwei folgenden Spiele gegen Piräus (Mittwoch) und Borussia Dortmund (Samstag) erstrecken.

Höchste Niederlage seit 2009

Als der Kroate nach der Rückkehr in München am Samstagabend mit dem vor der Presse ebenfalls schweigenden Sportdirektor Hasan Salihamidzic angeregt diskutierte, war seine Zukunft ungewiss wie nie, denn schlechter als in dieser Saison stand Bayern München nach zehn Bundesliga-Spieltagen letztmals in der Saison 2010/11 als Siebenter da.

Nach dem von einem frühen Platzverweis von Jerome Boateng beschleunigten sportlichen Zerfall wirkte Kovac beim deutschen Meister wie ein Einzelkämpfer. Der Double-Gewinner verteidigte sich nach der höchsten Liganiederlage seit April 2009 (1:5 in Wolfsburg, Anm.) vor allen Mikrofonen und im Kreuzverhör der Pressekonferenz.

„Wenn du über 80 Minuten in Unterzahl spielst, dann ist das hier in Frankfurt schwierig. Ich finde, dass wir es trotz des 0:2-Rückstands gut in die Halbzeit gebracht haben. Dann kommen wir raus und es klingelt nach vier Minuten zum 1:3. Natürlich darf es trotzdem nicht passieren, dass wir das Spiel hier 1:5 verlieren“, analysierte Kovac am Samstag.

„Es hat sich angebahnt“

Drei knappe und hart erkämpfte Siege über Union Berlin, Olympiakos und den VfL Bochum hatten ohne Glanz und Souveränität schon immer lautere Zweifel an Kovac geweckt. Das überdeutliche 1:5, nach dem sich die Bayern-Profis mit David Alaba kollektiv in der eigenen Kurve entschuldigten, kam zur absoluten Unzeit. „Es ist kein riesiges Wunder, was passiert ist. Es hat sich ein bisschen angebahnt. Die kommenden Tage dürften sehr unruhig werden“, sagte Kapitän Manuel Neuer.

Enttäuschte Bayern-Spieler
APA/AFP/Daniel Roland
Die Bayern gerieten am Samstag in Frankfurt kräftig unter die Räder

Die Bayern haben zwischen dem 7:2 bei Tottenham und dem 1:5 in Frankfurt turbulente Wochen hinter sich. Vieles spricht aber dafür, dass es die bevorstehende Phase mit dem Abgang von Hoeneß als Präsident in knapp zwei Wochen sowie einer möglichen Trainertrennung noch mehr in sich hat. „Es war eine deftige Niederlage, die wir erst einmal verarbeiten. Alles andere kann ich Ihnen sowieso nicht sagen, da würden wir hier noch Minuten oder Stunden sitzen“, erklärte Kovac.

Die Tore von Filip Kostic, Djibril Sow, David Abraham, Martin Hinteregger und Goncalo Paciencia hatten das bayerische Selbstverständnis zuvor regelrecht erschüttert. „Du darfst hier keine fünf Dinger bekommen“, sagte Neuer, der vor allem in Hälfte zwei eine Mannschaft vor sich sah, die sich gegen den Club von Trainer Adi Hütter komplett ergeben hatte.

Wieder unter Druck

Für Kovac ist die angespannte Situation nicht gänzlich neu. Schon in seinem Debütjahr beim FC Bayern geriet er im Herbst mächtig unter Druck, damals wurde es nach einem 3:3 gegen Düsseldorf richtig ungemütlich. „Ich bin nicht blauäugig. Ich habe im letzten Jahr nicht aufgegeben und werde auch jetzt nicht aufgeben“, sagte der Trainer, dessen Kampfgeist sich diesmal mehr in seinen Worten als in seiner Körpersprache widerspiegelte. Die vergangene Spielzeit endete trotz Krise mit dem Double, doch selbst die beiden nationalen Titelgewinne räumten die grundsätzlichen Zweifel an Kovac nicht aus.

Zuletzt war es nicht nur die fehlende sportliche Konstanz, die dem Trainer vermehrt Kritik einbrachte. Mit dem überflüssigen „Not am Mann“-Kommentar zum häufig als Reservisten eingesetzten Thomas Müller machte sich Kovac keine Freunde, nach schwachen Spielen nahm er stärker die Profis in die Kritik und sich selbst davon aus.

Auch dass Kovac seine Stärken als Trainer in den Punkten Kompaktheit und Defensivverhalten hat, war zuletzt überhaupt nicht mehr zu sehen. 16 Gegentore sprechen eine klare Sprache: Das sind mehr als bei Aufsteiger Union Berlin und so viele wie zu diesem Saisonzeitpunkt zuletzt unter Jürgen Klinsmann im Jahr 2008.

Deutsche Bundesliga, zehnte Runde

Samstag:

Frankfurt – Bayern 5:1 (2:1)

Tore: Kostic (25.), Sow (33.), Abraham (49.), Hinteregger (61.), Pacienca (85.) bzw. Lewandowski (37.)

Rote Karte: Boateng (9./Bayern)

Frankfurt: Hinteregger spielte durch
Bayern: Alaba spielte durch

Dortmund – Wolfsburg 3:0 (0:0)

Tore: Hazard (52.), Guerreiro (58.), Götze (88./Elfmeter)

Wolfsburg: Pervan spielte durch

Leipzig – Mainz 8:0 (5:0)

Tore: Sabitzer (5.), Werner (30., 48., 87.), Nkunku (35.), Halstenberg (38.), Poulsen (44.), Mukiele (50.)

Leipzig: Sabitzer bis 63. Minute, Laimer bis 45. Minute, Ilsanker auf der Bank
Mainz: Onisiwo ab 75. Minute

Leverkusen – Mönchengladbach 1:2 (1:2)

Tore: Volland (25.) bzw. Wendt (18.), Thuram (42.)

Rote Karte: Bailey (90.+7/Leverkusen)

Leverkusen: Baumgartlinger bis zur 45. Minute, Dragovic und Özcan auf der Bank
Mönchengladbach: Lainer spielte durch

Bremen – Freiburg 2:2 (1:1)

Tore: Rashica (9.), Gebre Selassie (59.) bzw. Petersen (28., 90.+3)

Bremen: Friedl spielte durch
Freiburg: Lienhart spielte durch

Union Berlin – Hertha 1:0 (0:0)

Tor: Polter (87./Elfmeter)

Union: Trimmel spielte durch

Freitag:

Hoffenheim – Paderborn 3:0 (3:0)

Tore: Skov (2.), Kaderabek (15.), Locadia (25.)

Hoffenheim: Grillitsch spielte durch, Baumgartner ab der 81. Minute, Posch auf der Bank

Sonntag:

Düsseldorf – Köln 2:0 (1:0)

Tore: Hennings (38./Elfmeter), Thommy (61.)

Köln: Schaub spielte durch

Augsburg – Schalke 2:3 (1:1)

Tore: Baier (38.), Finnbogason (60./Elfmeter) bzw. Lichtsteiner (45.+1/Eigentor), Kabak (71.), Harit (82.)

Augsburg: Gregoritsch ab der 85. Minute
Schalke: Schöpf ab 75. Minute, Burgstaller ab 85. Minute

Tabelle: